Bibo
Sehr aktives Mitglied
Der Unterschied zwischen einer Psychose und der Norm ist die Wirkung auf die Wahrnehmung des Kollektivs.
Wir empfinden Dinge als wahr, die alle wahrnehmen und als wahr akzeptieren können, die also der Norm entsprechen.
Bei der Psychose ist das nicht gegeben. Der Psychotiker lebt eine Wahrheit, die nicht vom Kollektiv wahrgenommen wird.
Was kollektiv geglaubt wird, überwiegt an Wirkung auf alle.
Der individuelle Glaube, der was bewirken will, muss sich erst einmal vom Glauben des Kollektivs abseilen und anschliessend dem Kollektiv seine eigene Wahrheit als wahr aufdrängen, um überhaupt eine Wirkung zu erzielen, die selbst dem Kollektiv bewusst wird.
Das bedeutet wiederum, dass so ein Glaube gegen die Strömung schwimmen muss und daher entsprechend stark sein muss, um sich nicht vom Strom des Kollektivs mitreissen zu lassen.
Wie viele Menschen sind dazu in der Lage?
Leben wir nicht meist nach aussen gerichtet und werden ständig manipuliert?
Manipulation trägt dazu bei, dass überhaupt eine kollektive Wahrnehmung entsteht, untergräbt jedoch gleichzeitig den Willen und Glauben des Individuums.
Menschen, die unter Psychosen leiden, kommen nicht gegen die Kraft des Kollektivs an, obwohl sie das Bewusstsein haben, individuelle Wege zu beschreiten. Daher ja die Psychose, was auch "der Norm nicht angepasste Wahrnehmung" bedeutet.
Bei Jesus war das anders. Er hatte die Kraft, gegen die Norm seinen eigenen Willen durchzusetzen, so dass selbst das Kollektiv seinen Willen als wahr akzeptieren musste.
Das Kollektiv denkt nicht umsonst seit ca. 2000 Jahren an einen Menschen, der sich gegen es behaupten konnte.
Ja, das stimmt sicher, dennoch ist eine solch drastische Wahrnehmungsmanipulation wie das Wasser-Laufen Jesu doch eine lokal begrenzte Wirkung auf einige wenige, die damals direkt vor Ort waren und das wirklich auch wahrgenommen haben, im Gegensatz zum Kollektiv, dass später vom Hören-Sagen die Geschichte nur gehört hat und sie glaubt oder auch nicht glaubt. Das ist, finde ich, nochmal ein Unterschied. Jesus ist ja nicht vor einer Ansammlung von Wissenschaftlern über das Wasser gelaufen, sondern diejenigen, die ihn begleitet haben, waren ihm zugeneigt und seinem Einfluss schon länger ausgesetzt, wollten ihn vielleicht auch als Heiland sehen, hatten die innere Bereitschaft, waren also bereits von ihm beeinflusst oder vielleicht "hypnotisiert", so dass in ihnen die notwendigen Bedingungen vorhanden waren, für solch eine Wahrnehmung. Ganz sicher hätte Jesus sein Zauber-Kunststück nicht vor einer neutralen, sozusagen "unschuldigen", vielleicht völlig unreligiösen und rein "rational" denkenden Zuschauerschaft demonstrieren können.-Es hat schon die Bereitschaft und innere Einstellung gebraucht, die die Jünger damals hatten. Es kann m.M. eher nicht sein, dass eine Willenskraft es aus sich selbst heraus schaffen kann, ein Kollektiv nach Lust und Laune zu manipulieren, sondern das Kollektiv selber muss innerlich schon darauf gepolt sein, diese Manipulation zu erleben, und zum anderen muss es eine kommunikative Verbindung zwischen beiden geben, d.h. beide Seiten, sowohl der "Zauberer" als auch sein "Publikum" sind notwendig, damit das "Zauber-Kunststück" einer kollektiven Übereinkunft über die Wirklichkeit funktionieren kann. Der Unterschied zum Psychotiker ist hier vielleicht auch gar nicht der, dass das Kollektiv seine Wahrnehmung nicht teilt, sondern, dass er gar nicht erst in Beziehung zu einem Außen getreten ist, nicht kommunikativ eingebunden sondern mit seinem inneren Erleben immer nur in sich selbst geblieben ist, eben sich vom Außen isoliert hat.