Es gibt zwei Varianten der Opfer-Entstehung, die mir spontan einfallen, kann sein, dass es noch mehr gibt.
Einmal die vorglebte Haltung innerhalb der Familie. Wenn es für z.B. Frauen in einer Familie üblich ist zu leiden und sich zu beklagen, dann wird das als so-macht-man-das unbewusst übernommen, es fühlt sich für weibliche Mitglieder der Familie normal und vor allem RICHTIG an so zu sein. Das gleiche gilt auch umgekehrt. Wenn Männer die Beklager und Leider sind, dann wird das von den männlichen Mitgliedern der nächsten Generationen automatisch übernommen. Ganz schlimm sind die Familien, in denen alle sich beklagen und leiden.
Die GEWOHNHEIT ist sehr viel mächtiger, als es generell wahrgenommen wird. Opferhaltung kann erlernt sein und braucht entsprechend lange, bis es wieder VERlernt werden kann. Das erfordert Übung, Achtsamkeit und hartnäckiges Dranbleiben.
Die zweite Variante ist, wenn mir etwas schreckliches passiert und ich danach eine defensive Haltung entwickele.
Es gibt natürlich auch die Kombination aus beidem.
Das ist wahrscheinlich der große Knackpunkt. Meine Antwort ist heute: ich will lieber lieben. Früher, als ich noch in der Opferhaltung gefangen war, wollte ich auch lieber geliebt werden. Inzwischen liebe ICH mich - seitdem brauche ich niemanden mehr, der mich liebt. Natürlich wünsche ich mir Menschen um mich rum, die mich lieben, und die sind zum Glück auch da, aber ich bin nicht mehr von Liebe oder Liebesentzug abhängig, ich kann unabhängiger von anderen handeln.
Ich muss Leistung bringen, um geliebt zu werden, um wahrgenommen zu werden.
Wobei, bei einer Niederlage werde ich bestraft- mit Liebesentzug.
Und mir ist bewusst, dass ich auch auf diese Weise mit Menschen verfahre.
Bei mir war dieses Leistungs-Dings auch ganz tief verankert. Durch mein Burn Out und die folgende Verrentung inkl. der nicht vorhandenen Belastbarkeit, musste ich mich damit abfinden, dass ich wegen meiner Leistungen schon mal nicht geliebt werden kann.
Es ist sehr befreiend zu merken: ich muss nichts tun. War aber ein verdammt harter Weg dahin.