Serenade
Sehr aktives Mitglied
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Die Sorgenfalten auf der Stirn wurden tiefer und das Aussehen mit seinem Mastiff immer ähnlicher. Letztens war sie der Meinung, alle Haustiere würden verblödet sein, weil sie zu lange unter Menschen leben. Nur bei Wildtieren sieht man das Wahre in ihren Augen, diese unbändigende Freiheit und Echtheit. Und wieder las sie ihm die Textstelle aus ihrem Lieblingsbuch, Hesses Steppenwolf, vor, in der Hermine von der Echtheit der Tiere spricht. Tiere sind im Normalzustand authentisch. Falschheit lernen sie nur von den Menschen. Sein Hund würde ihm auch die Zehen lecken, wenn er ihn täglich schlagen und oftmals das Futter verweigern würde. Aber mach das mal mit einem Wolf. Ein Wolf käme mir doch niemals ins Haus, - schrie er genervt auf.
Er verstand sie nicht mehr und nebenbei hatte er Angst um sie. Aus der Redaktion hatte man ihn bereits angerufen und gefragt, was denn mit seiner Frau in letzter Zeit los sei. Ob sie Drogen nehme würde oder einer irren Sekte beigetreten wäre. Ihre Texte, die sie für die täglichen Zeitungsrubriken schreibt, seien die letzten Male sehr eigen ausgefallen. Man drückte es doch noch sehr nobel aus. Ihre neue Abneigung gegen die Menschen und ihre Welt machte ihm auch deshalb zu schaffen, weil er für die Regierung arbeitet und sich einen Skandal nicht leisten könnte. Es sah aber doch so aus, als würde sich so etwas wie ein Skandal anbahnen.
Die Menschheit nimmt sich zu viel heraus. Jedes andere Lebewesen passt sich der Natur und ihren Lauf an, nur der Mensch steuert dagegen. Dabei ist er ein Nichts, ein zufälliges Produkt der Evolution. Er meint, die Weltformel gefunden zu haben, obwohl die Weltformel nur in seiner eigenen Welt gilt. Es war schon richtig von der Kirche, die Wissenschaften zu stoppen, obwohl die Kirche selbst nichts als Lügen verbreitet.
Aussagen dieser Art standen in den neuen Artikeln, die sie verfasste und damit eine baldige Unterredung mit dem Chef der Tageszeitung heraus forderte. Klar waren ihre Worte etwas übertrieben. Aber um erhört zu werden, muss man heutzutage übertreiben. Es hört einem doch niemand mehr zu. Und es ist bereits mehr als fünf Minuten vor zwölf. Nach ihren Berechnungen ist es gar nur mehr eine Minute vor zwölf. Und was kommt dann? Der Countdown. Und der wird erbarmungslos sein. Ich weiß es.
Haben es die Stimmen dir gesagt?
Er wusste, jetzt war er zu weit gegangen. Er wusste es, als er ihren Blick sah. Rede doch mit mir. Sag, was dich bedrückt. Es ist die Menschheit, die mich bedrückt. Und der Irrsinn, den sie ständig tun. All das wird sich furchtbar rächen, wenn sie nicht umkehren, sich bekehren. Was wird denn geschehen? Kommt ein Komet wie einst bei den Dinosauriern? Und sie lacht hell auf. Lacht, wie eine Verrückte. Woher willst du wissen, dass es damals ein Komet war? Es könnte doch auch etwas anderes gewesen sein. Meine Frau, eine Verschwörungstheoretikerin! Und wieder war er zu weit gegangen. Wieder dieser Blick, nach dem sie ihm den Rücken kehrte und das Haus verließ.
Das Haus, auf das er so stolz war. Eine alte viktorianische Villa, die sie renoviert haben lassen. Herausgeputzt wie ein riesiges Schmuckkästchen und vor dem Portal der herrliche Park, mit schattenspendenden, riesigen, alten Bäumen, kunstvoll angelegte Blumenbeete, die ständig von Gärtnern gepflegt wurden und hinter dem Haus die Terrasse, davor der Pool und über der Terrasse ein Balkon, auf dem sie früher oft gefrühstückt hatten. Sie hatten Luxus pur. Wieder hörte er in der Erinnerung ihre Worte über die falsche Umverteilung. Wir leben im Überfluss, während andere verhungern. Gib doch endlich zu, dass da etwas ziemlich falsch läuft!
Er gibt ja zu, dass sie zu wenig Zeit miteinander verbracht haben. Aber das war nur letztes Jahr so. Nächstes Jahr wird es ruhiger. Dann wird der neue Präsident gewählt sein und die Arbeitszeiten werden sich normalisieren.
Ihr Weg führte in den Park zur alten Eiche, zu der kleinen Holzbank, die davor stand. Dort saß sie immer gerne und lauschte dem Gesang der Vögel, der immer weniger und immer stiller wurde. Die Stadt verschluckte alles. Sie verschluckte die Natur und die Stille. Aber das werden sie nicht zulassen. Das ließen sie damals auch nicht zu. Es lag nicht an den Dinos. Nicht an ihrer Größe und ihrer Fresslust. Es lag an ganz etwas anderem und sie wusste das.
Natürlich wollte sie mit ihm reden, ihn vorwarnen, obwohl es hoffnungslos war. Ja, es war hoffnungslos, denn wenn nicht alle Menschen – wirklich alle – mitmachen, wird es das Ende der Menschenzeit sein. Dennoch musste sie alles versuchen, was ihr möglich war und das war durch ihre Arbeit bei der Zeitung. Aber sie musste vorsichtig sein, um nicht entlassen zu werden, wenn sie zu verrückte Sachen schrieb.
Gestern lautete ihre Rubrik: Definiere das Ich. Unter anderem schrieb sie: Menschliche Identität ist multidimensional und kann nicht wirklich bestimmt werden. Weiters: Durch Schubladenspiele wurde uns die Freiheit genommen.
Sie ging schon weiter darauf ein, aber was half es? Wer lässt schon alles hinter sich? Wer kann sich schon freiwillig und für immer selbst vergessen und dadurch Glückseligkeit erlangen? Wer steigt als erster aus dem Auto, bis es ihm alle gleich tun wie in einem Video „Everybody hurts“von REM? Aber genau das wäre die Rettung. Andererseits, verdienen die Menschen überhaupt Rettung? Vielleicht ein paar wenige. Zahlt sich das aus?
Der kleine Elf war nicht dieser Ansicht. Er verabscheute die Menschen schon immer. Auch als sie noch in Höhlen lebten, erkannte er ihre Habgier und ihren Egoismus. Es wäre egal gewesen,welche Richtung sie eingeschlagen hätten. Die anderen Elfen, die sich ihr vorgestellt haben, waren freundlicher gestimmt. Aber er war ihr Anführer, was nicht heißt, dass nur er das Sagen hatte. Sie vertrauten ihm. Das war alles. Und genau deshalb hatte er das Sagen. Kann man das von unseren Politikern sagen? Haben sie unser Vertrauen? Vor allem, kann man ihnen vertrauen?
Er verstand sie nicht mehr und nebenbei hatte er Angst um sie. Aus der Redaktion hatte man ihn bereits angerufen und gefragt, was denn mit seiner Frau in letzter Zeit los sei. Ob sie Drogen nehme würde oder einer irren Sekte beigetreten wäre. Ihre Texte, die sie für die täglichen Zeitungsrubriken schreibt, seien die letzten Male sehr eigen ausgefallen. Man drückte es doch noch sehr nobel aus. Ihre neue Abneigung gegen die Menschen und ihre Welt machte ihm auch deshalb zu schaffen, weil er für die Regierung arbeitet und sich einen Skandal nicht leisten könnte. Es sah aber doch so aus, als würde sich so etwas wie ein Skandal anbahnen.
Die Menschheit nimmt sich zu viel heraus. Jedes andere Lebewesen passt sich der Natur und ihren Lauf an, nur der Mensch steuert dagegen. Dabei ist er ein Nichts, ein zufälliges Produkt der Evolution. Er meint, die Weltformel gefunden zu haben, obwohl die Weltformel nur in seiner eigenen Welt gilt. Es war schon richtig von der Kirche, die Wissenschaften zu stoppen, obwohl die Kirche selbst nichts als Lügen verbreitet.
Aussagen dieser Art standen in den neuen Artikeln, die sie verfasste und damit eine baldige Unterredung mit dem Chef der Tageszeitung heraus forderte. Klar waren ihre Worte etwas übertrieben. Aber um erhört zu werden, muss man heutzutage übertreiben. Es hört einem doch niemand mehr zu. Und es ist bereits mehr als fünf Minuten vor zwölf. Nach ihren Berechnungen ist es gar nur mehr eine Minute vor zwölf. Und was kommt dann? Der Countdown. Und der wird erbarmungslos sein. Ich weiß es.
Haben es die Stimmen dir gesagt?
Er wusste, jetzt war er zu weit gegangen. Er wusste es, als er ihren Blick sah. Rede doch mit mir. Sag, was dich bedrückt. Es ist die Menschheit, die mich bedrückt. Und der Irrsinn, den sie ständig tun. All das wird sich furchtbar rächen, wenn sie nicht umkehren, sich bekehren. Was wird denn geschehen? Kommt ein Komet wie einst bei den Dinosauriern? Und sie lacht hell auf. Lacht, wie eine Verrückte. Woher willst du wissen, dass es damals ein Komet war? Es könnte doch auch etwas anderes gewesen sein. Meine Frau, eine Verschwörungstheoretikerin! Und wieder war er zu weit gegangen. Wieder dieser Blick, nach dem sie ihm den Rücken kehrte und das Haus verließ.
Das Haus, auf das er so stolz war. Eine alte viktorianische Villa, die sie renoviert haben lassen. Herausgeputzt wie ein riesiges Schmuckkästchen und vor dem Portal der herrliche Park, mit schattenspendenden, riesigen, alten Bäumen, kunstvoll angelegte Blumenbeete, die ständig von Gärtnern gepflegt wurden und hinter dem Haus die Terrasse, davor der Pool und über der Terrasse ein Balkon, auf dem sie früher oft gefrühstückt hatten. Sie hatten Luxus pur. Wieder hörte er in der Erinnerung ihre Worte über die falsche Umverteilung. Wir leben im Überfluss, während andere verhungern. Gib doch endlich zu, dass da etwas ziemlich falsch läuft!
Er gibt ja zu, dass sie zu wenig Zeit miteinander verbracht haben. Aber das war nur letztes Jahr so. Nächstes Jahr wird es ruhiger. Dann wird der neue Präsident gewählt sein und die Arbeitszeiten werden sich normalisieren.
Ihr Weg führte in den Park zur alten Eiche, zu der kleinen Holzbank, die davor stand. Dort saß sie immer gerne und lauschte dem Gesang der Vögel, der immer weniger und immer stiller wurde. Die Stadt verschluckte alles. Sie verschluckte die Natur und die Stille. Aber das werden sie nicht zulassen. Das ließen sie damals auch nicht zu. Es lag nicht an den Dinos. Nicht an ihrer Größe und ihrer Fresslust. Es lag an ganz etwas anderem und sie wusste das.
Natürlich wollte sie mit ihm reden, ihn vorwarnen, obwohl es hoffnungslos war. Ja, es war hoffnungslos, denn wenn nicht alle Menschen – wirklich alle – mitmachen, wird es das Ende der Menschenzeit sein. Dennoch musste sie alles versuchen, was ihr möglich war und das war durch ihre Arbeit bei der Zeitung. Aber sie musste vorsichtig sein, um nicht entlassen zu werden, wenn sie zu verrückte Sachen schrieb.
Gestern lautete ihre Rubrik: Definiere das Ich. Unter anderem schrieb sie: Menschliche Identität ist multidimensional und kann nicht wirklich bestimmt werden. Weiters: Durch Schubladenspiele wurde uns die Freiheit genommen.
Sie ging schon weiter darauf ein, aber was half es? Wer lässt schon alles hinter sich? Wer kann sich schon freiwillig und für immer selbst vergessen und dadurch Glückseligkeit erlangen? Wer steigt als erster aus dem Auto, bis es ihm alle gleich tun wie in einem Video „Everybody hurts“von REM? Aber genau das wäre die Rettung. Andererseits, verdienen die Menschen überhaupt Rettung? Vielleicht ein paar wenige. Zahlt sich das aus?
Der kleine Elf war nicht dieser Ansicht. Er verabscheute die Menschen schon immer. Auch als sie noch in Höhlen lebten, erkannte er ihre Habgier und ihren Egoismus. Es wäre egal gewesen,welche Richtung sie eingeschlagen hätten. Die anderen Elfen, die sich ihr vorgestellt haben, waren freundlicher gestimmt. Aber er war ihr Anführer, was nicht heißt, dass nur er das Sagen hatte. Sie vertrauten ihm. Das war alles. Und genau deshalb hatte er das Sagen. Kann man das von unseren Politikern sagen? Haben sie unser Vertrauen? Vor allem, kann man ihnen vertrauen?