Meine Schwester ist obdachlos

liebe milky,

silesia hat aber SCHON recht. ich verstand damals aber deine generelle empörung, dass es zugelassen wird, jemanden innerhalb der familie als obdachlos zu haben. du schriebst:

ich verstand deine empörung, dass so etwas überhaupt möglich sein kann - ja.
aber ich muss mich dennoch nicht verantwortlich fühlen. so wie silesia schreibt: man hat das eigene leben gerade aufgebaut, schulden, eigene kinder, keinen platz, etc. . bzw. das eigene leben scheint sogar irgendwie völlig aus den fugen geraten zu sein, im umbruch zu sein..... .

dennoch hab ich mich zwischendurch vielleicht schon gefragt, ob ich nicht etwas tun sollte. obwohl eigentlich nichts in meiner macht steht. und meine schwester das mit sicherheit auch nicht wollte.

ich denke, es war in erster linie anlass meines threads, zu schauen, warum von seiten meiner eltern soetwas überhaupt zugelassen wird.
das ist etwas, was mich noch immer verwundert.
selbst wenn die eltern vielleicht sagen, ihr kind ist erwachsen und trägt verantwortung für ihr eigenes leben, ist es doch trotzdem deren KIND, das da vor die hunde zu gehen scheint.

sie schauen tatenlos zu, nein, besser, sie schauen tatenlos weg. das widerspricht der aufopferungshaltung, die meine mutter immer an den tag legt. wie gesagt: mit stillen erwartungsansprüchen uns verbleibenden kindern gegenüber steht sie da und möchte ihre erziehungsarbeit gewürdigt bekommen.
was aber nicht geschieht.
das ist unsere problematik.

ich kann meiner mutter nicht die entsprechende würdigung entgegenbringen, weil sie die schwester einfach so "verhungern" lässt.... .
und mein vater gibt ja wenigstens zu, nichts mit familie im sinn zu haben. seine ehrlichkeit rühmt ihn, dennoch, warum hat er sich für kinder entschieden?????

ich kann mir das bei meinen eigenen kindern nicht vorstellen. gott behüte davor, dass ich darauf jemals getestet werde (kann ja jedem passieren!!!), aber ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dann so (nämlich mit tatenlosigkeit) zu reagieren.

lg abendsonne


So
Entschuldige, ich bin nach wie vor geschockt.
Ich bin Schülerin (bzw. auch Studentin) und lebe bei meinen Eltern, aber dennoch macht jeder Erfahrungen im Leben und hat das Recht, sich hier zu äußern.
Ich jedenfalls bin es auch im wahren Leben gewohnt, ernst genommen zu werden, und ich denke, das darf ich hier auch verlangen.
Und das meint die Milkakuh jetzt sehr ernst!

Weisst du, ich will nicht helfenhaft spielen oder mich wie ein moralischer Genussmensch wie Robespierre auftun, aber ich selber habe auch einen Bruder, einen sieben Jahre jüngeren.
Ich kann es nicht anders ausdrücken, entschuldige: Ich finde diese ganzen möglichen Gründe wie kein Platz, viele Probleme, ... - ich finde das so ekelhaft, dass ich mich übergeben könnte.
Ich finde es von deinen Eltern ekelhaft, aber auch von dir.

Mir wäre das so verdammt egal, ob ich Platz hab oder eigene Probleme. Da ist ein Mensch, den ich liebe und der frieren muss und allein ist.
Ich möchte da eigentlich gar nicht weiter zu schreiben, ich finde das einfach heftig (ein anderer Ausdruck fällt mir nicht ein), dass da jetzt ernsthaft drüber diskutiert wird.

Ich werde dieses Thema hier deshalb gar nicht weiterlesen oder antworten, und ich weiss, ich werde jetzt gemein, aus ganz viel Wut. Du kannst dich nicht um deine erwachsene Schwester kümmern, bist selber mit dir überfordert und hast Kinder???

So, ich höre jetzt auf zu schreiben, ich werde sonst sehr unfair gleich.
Ich schüttel nur noch den Kopf. Meine Mutter übrigens auch. Falls das jetzt Silesia überzeugen sollte.
 
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So
Entschuldige, ich bin nach wie vor geschockt.
Ich bin Schülerin (bzw. auch Studentin) und lebe bei meinen Eltern, aber dennoch macht jeder Erfahrungen im Leben und hat das Recht, sich hier zu äußern.
Ich jedenfalls bin es auch im wahren Leben gewohnt, ernst genommen zu werden, und ich denke, das darf ich hier auch verlangen.
Und das meint die Milkakuh jetzt sehr ernst!

Weisst du, ich will nicht helfenhaft spielen oder mich wie ein moralischer Genussmensch wie Robespierre auftun, aber ich selber habe auch einen Bruder, einen sieben Jahre jüngeren.
Ich kann es nicht anders ausdrücken, entschuldige: Ich finde diese ganzen möglichen Gründe wie kein Platz, viele Probleme, ... - ich finde das so ekelhaft, dass ich mich übergeben könnte.
Ich finde es von deinen Eltern ekelhaft, aber auch von dir.

Mir wäre das so verdammt egal, ob ich Platz hab oder eigene Probleme. Da ist ein Mensch, den ich liebe und der frieren muss und allein ist.
Ich möchte da eigentlich gar nicht weiter zu schreiben, ich finde das einfach heftig (ein anderer Ausdruck fällt mir nicht ein), dass da jetzt ernsthaft drüber diskutiert wird.

Ich werde dieses Thema hier deshalb gar nicht weiterlesen oder antworten, und ich weiss, ich werde jetzt gemein, aus ganz viel Wut. Du kannst dich nicht um deine erwachsene Schwester kümmern, bist selber mit dir überfordert und hast Kinder???

So, ich höre jetzt auf zu schreiben, ich werde sonst sehr unfair gleich.
Ich schüttel nur noch den Kopf. Meine Mutter übrigens auch. Falls das jetzt Silesia überzeugen sollte.


Ähm- ich habe keinen sieben Jahre jüngeren Robespierre zu Hause, sondern einen sieben Jahre jüngeren Bruder :weihna1 Muss in meinem Zorn vorhin zu ungeduldig geschrieben haben.
Na ja, halte mich hier jetzt eh raus, sonst krieg ich Probleme mit meinem Blutdruck...in so jungen Jahren schon, ja :schnl:
Milky
 
Liebe MilkyKuh,

Ich sehe das wie Du. Eine Familie hält in der Not zusammen und unterstützt einander - auch wenn man sich vielleicht nicht besonders mag. Für mich wäre es unerträglich, in der warmen Wohnung zu sitzen - und ein Verwandter (oder auch Freund) schläft unter der Brücke (ausser er nimmt unter keinen Umständen Hilfe an.) In armen Kulturen ist das Zusammenhalten in der Not selbstverständlich - in unserer Wohlstandsgesellschaft leider nicht. Die (seelisch) verarmten Reichen ...

Gawyrd

PS.: Das ist KEIN Kommentar zu Abendsonne.
 
Hallo Milky! Muss schon sagen, was du da geschrieben hast, hut ab. Ich bin zwar schon um das fast dreifache älter als du, aber es beweist, das ist kein thema von generationen, sondern von charakteren. auch mein sohn wäre ohne dach über dem kopf, meine kusine nach ihrer scheidung ohne hilfe und manch freund oder freundin ohne hoffnung. ich helfe allen gerne, finanziell und emotionell. manchmal bleibt dann für einen selber wenig übrig, aber das macht nichts. bin weder reich, noch gutmensch, leide an keinem helfersyndrom, sondern habe einfach gefühle, die ich mir von keinem falschreden lasse. du hast diese auch, gottseidank. bleib auf diesem weg, er hat ein erfüllendes zie. liebe grüße und alles gute! skardi
 
Hallo Ihr, liebe Abendsonne, :)

Abendsonne schrieb:
aber ich weiß auch, - nochmal erwähnt - dass ich nach wie vor sehr, sehr behutsam sein muss im umgang DAMIT, wann darf ich rein auf meine eigenen gefühle schauen und wann nicht. das hat angelika-marie denke ichauch gemeint.

Ja, das habe ich gemeint, und Du setzt sehr sensibel wunderbar um, was ich gemeint habe, wie aus Deinen Worte über das Pendeln der Gefühle klar wird!

Ja, ich finde auch, dass wir unseren Kindern gegenüber verantwortlich sind, und es deshalb unangebracht ist, die eigenen Gefühle und Stimmungen -koste es was es wolle - auszuleben!

Grenz dich ab, wo Du glaubst, es ist Ballast für Dich, aber opfere keine Freundschaften oder andere Menschen aus einer unreflektierten Launenhaftigkeit.

Wie ich Dich lese, bist Du auf einem super Weg! Behalte ihn in dieser Spürsamkeit bei!

******
Jetzt zu den anderen:

Liebe Triximaus,

ich glaube, Du hast da vielleicht nicht genau gelesen?
Natürlich hilft Abendsonne auch ihren Kindern, wenn sie nicht ständig, aus einem ungeklärten Gefühl heraus das Kind mit dem Bade ausschüttet, sondern sich auch ein Stück verantwortungsvoll zurück nimmt.
Das ist doch geradezu Bestandteil eines ausgereiften Mutterwillens, die eigenen, manchmal pendelnden, vielleicht noch launenhaft ungeklärten Gefühle zurückzuhalten, um die Kinder zu schützen?


Liebe Milka Kuh (und an die anderen, die ähnlich denken),

ich lese Du bist jung, und Du hast die - sicherlich auch gute - Vorstellung, mit genügend Liebe und Hilfe könnte man einen anderen Menschen, der die Obdachlosigkeit für sich gewählt hat, auf einen für ihn besseren Weg zurückbringen. Wo er nicht mehr hungern und frieren muss.

Von daher läuft hier auch Abendsonne wieder in die Falle:
Da ihre Schwester obdachlos ist, müssen folglich ihre Eltern schlecht gewesen sein. Nicht liebevoll zur Klein- und Kinderzeit ( so haben sie dieses Menschenkind geprägt in der landläufigen Vorstellung, um sich später derartig zu verabschieden), sie sind erziehungs- und selbst bindungsunfähig, und zu guter Letzt auch noch so gemein, sich um das aus dem Nest gefallene, eigene Kind nicht zu kümmern!

Da stehen mir jetzt mal zur Abwechslung die Haare hoch. Denn diese Sicht, dass man sich bei bestimmten Menschen nur genügend kümmern müsste
- so gut sie gemeint ist! - ist eine Denkfalle.

Ich komme aus einer Drogenselbsthilfegruppe. Anlass der zahlreichen Besuche dort ist mein jüngster Sohn. Mit 15 hat der irgendwann angefangen heimlich zu kiffen, dass aber in so großem Ausmaß, dass er mit 20 zum ersten Mal mit einer dicken Psychose in der Klinik landete. Davon hatten wir inzwischen drei, er ist jetzt 23.
Natürlich habe ich irgendwann gemerkt, dass er kifft. Aber ich habe seinen Worten gelaubt, ach, das sei doch nur ein bisschen. Unterstützt wurde das auch von meinen älteren Söhnen, die tatsächlich nur "ein bisschen" gekifft haben. Beides studieren und gehen ihren Weg. Aber den Jüngsten hat es richtig erwischt. Der hat sich bis jetzt sein Leben wirklich grundlegend ruiniert.
Diese Selbsthilfegruppe hat mir mit meiner "Helfenwolleneinstellung" gründlich den Kopf gewaschen. Und langsam lerne ich es auch:


Schau, Milky: Menschen sind nur eine Zeitlang Kind. Irgendwann sind sie erwachsen. Und so schwer ihre Kindheit auch gewesen sein mag, irgendwann sind sie als erwachsener Mensch in der Lage, eine Entschiedung für - oder gegen sich zu treffen. Wenn sie sie gegen sich treffen, indem sie alkohol- oder drogenabhängig werden, die Straße als ihren Wohnraum vorziehen und von sich aus entscheiden, keinen Kontakt zur Familie mehr haben zu wollen, nutzt das Engagement der Eltern oder der Geschwister überhaupt nix.

Im Gegenteil. Indem sich die Eltern um den jugendlichen Junkie oder Alki noch bemühen ( was oft lange Jahre der Fall ist) , wird eine Scheinlösung geschaffen, in der letzlich die Helfer zum Co-Alki, oder zum Co-Drogenabhängigen werden. Denn sie wollen ihrem Sohn, ihrer Tochter ja so gerne die Besserungsbemühungen glauben, z.B. dass er/sie jetzt Geld braucht für eine neue Kleidung, um sich Morgen da und da um eine Stelle zu bewerben, geben es - und er setzt es in Alk oder Drogen um. Sie sind mal wieder beschissen worden. Ihr Helfenwollen wird über lange Strecken ausgenutzt, ihr Herz wird schwer und schwerer, ihr eigenes Leben immer belasteter.

Ich meine, wenn ich einen 14, 15, 16 jährigen vor mir habe, das ist die Zeit, in der sich Eltern gefährdeter Kinder noch ungeheuer bemühen sollten und müssen, denn die Chance, den mit genügend Druck und einhergehender eigener schlechter Erfahrung ( klaue ich, erwarten mich Sanktionen, werde ich mit Dope erwischt, erwarten mich Sozialstunden) wieder hinzukriegen.
Dazu muss man das Kind diese Erfahrungen aber auch machen lassen.
Und nicht auf dem Revier stehen ( wie ich es tat) und den Polizisten erzählen: "Ach mein Kind kifft doch nicht! - Das war nur Zufall, die Freunde..."

Das Kind, was Scheiße baut, muss fallen. Sonst ist kein Ansporn gegeben, daraus zu lernen. Aber alle denkbare - und dabei sich konsequent abgrenzende- Hilfe der Eltern sollte da sein, solange es noch ein Heranwachsender ist.

Nur, wenn jemand erwachsen ist und schon lange den eigenen, schrägen Weg gewählt hat, wie Abendsonnes Schwester, geht es eben nicht mehr!
Hier können Eltern und Angehörige nur noch eins tun: Weggucken, um ihr eigenes Leben dabei zu retten.
Denn es nutzt auch nix hinzugehen, und dem Familienmitglied, was ja in der Familie so tief fiel, die alten Strukturen wieder aufzudrücken. Entweder mit Hilfe- wie das bei mir vielleicht wäre- oder mit Tadel und Abschreckung, wie das bei Abendsonnes Eltern vielleicht ist.

Diese alten Strukturen habe ja mit dazu geführt, das das Kind verloren ging. Diese Strukturen können nicht heilen. Das ehemalige Kind braucht jetzt andere Heiler, andere Gedanken, vor allem braucht es sich selbst! Seine Entscheidung, die Sache seines Lebens in die Hand zu nehmen.

Denn auch ein geschädigtes Kind kann als Erwachsener die Entscheidung treffen: Will ich leben, oder will ich vegetieren?

Einem erwachsenen Junkie oder Alki muss es persönlich ( leider) so schlecht gehen, er sollte bei Delikten behördlich so eingekesselt sein, von den Eltern so im Stich gelassen werden, dass er von sich aus daran denkt, sich aus seiner Karriere außerhalb der Gesellschaft zu verabschieden.
Der Druck muss einfach groß genug sein!

Gleichzeitig muss es Hilfsangebote geben: Eine Entgiftung, eine Langzeittherapie...

Aber erst wenn dieser Umkehrpunkt erreicht ist, der Betroffene selbst Anstalten macht, sein altes Leben mit aller Kraft zu verlassen, erst dann kann eine vorsichtige Annährung zur Familie wieder stattfinden.

Das ist nicht hartherzig, das ist nur richtig.
Anders geht es nicht.


Einen lieben Gruß Euch allen!

Geli :flower2:
 
Hier fehlen Worte, und ich kann's nicht mehr editieren:

Ich meine, wenn ich einen 14, 15, 16 jährigen vor mir habe, das ist die Zeit, in der sich Eltern gefährdeter Kinder noch ungeheuer bemühen sollten und müssen, denn die Chance, den Jungen mit genügend Druck und einhergehender eigener schlechter Erfahrung ( klaue ich, erwarten mich Sanktionen, werde ich mit Dope erwischt, erwarten mich Sozialstunden) wieder hinzukriegen ist groß.
 
Liebe Milka Kuh (und an die anderen, die ähnlich denken), ich lese Du bist jung, und Du hast die - sicherlich auch gute - Vorstellung, mit genügend Liebe und Hilfe könnte man einen anderen Menschen, der die Obdachlosigkeit für sich gewählt hat, auf einen für ihn besseren Weg zurückbringen. Wo er nicht mehr hungern und frieren muss.

Von daher läuft hier auch Abendsonne wieder in die Falle: Da ihre Schwester obdachlos ist, müssen folglich ihre Eltern schlecht gewesen sein. Nicht liebevoll zur Klein- und Kinderzeit ( so haben sie dieses Menschenkind geprägt in der landläufigen Vorstellung, um sich später derartig zu verabschieden), sie sind erziehungs- und selbst bindungsunfähig, und zu guter Letzt auch noch so gemein, sich um das aus dem Nest gefallene, eigene Kind nicht zu kümmern!

Da stehen mir jetzt mal zur Abwechslung die Haare hoch. Denn diese Sicht, dass man sich bei bestimmten Menschen nur genügend kümmern müsste
- so gut sie gemeint ist! - ist eine Denkfalle. ...
Liebe Angelika-Marie,

Das geschieht leicht, dass man einen Vorwurf / eine Forderung aus einem Beitrag herausliest, der nicht gemeint war - wenn ein eigener wunder Punkt berührt wird (wie bei Dir mit Deinem Sohn).

Die Vereinzelung in unserer grundsätzlich reichen Gesellschaft ist leider Faktum - materiellen Wohlstand für sich zu suchen ohne auf den anderen zu achten. Obwohl genug für alle da wäre. Das gilt auch für Familien - dass sie manchmal füreinander kein soziales Fangnetz mehr bilden.

Wenn jemand die Obdachlosigkeit freiwillig gewählt hat, ist das natürlich zu respektieren - aber auf wieviele Obdachlose trifft das wohl zu ? Es geht auch nicht darum, einen Menschen zu bevormunden und zu "bessern" - sondern schlicht und einfach zu verhindern, dass jemand völlig abstürzt.

Da dieser Thread im Teilforum Familienstellen beheimatet ist :

Du hast anfangs (vor vielen Beiträgen) in etwa geschreiben : mir geht es genauso, ich habe dasselbe erlebt. Das liest man im Forum oft. Und genau das ist der Irrtum. Es mag ähnliche Konstellationen geben, ähnliche Aspekte in Ereignissen. Aber im Konkreten geht es um völlig verschiedene Menschen. In scheinbar ähnlichen Situationen können völlig verschiedene Verhaltensweisen zu einer Lösung führen.

Das ist der Vorteil einer guten Familienaufstellung : da kann ich konkret erleben, welche Verhaltensweise von mir zu einer Lösung beiträgt und welche das Problem verschlimmert (auch wenn sie gut gemeint ist). Auch : kann ich ein Familienmitglied, um das ich mir Sorgen mache, durch eine Lösung einer Familiendynamik entlasten, in deren Verlauf er die Rolle des "Symptomträgers" übernommen hat (zB. um die anderen zu entlasten.)

In Aufstellungen, die maximal wenige Stunden dauern, können oft destruktive Lebens- und Beziehungsverläufe geklärt und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden, über die man wochen-, monate- und jahrelang nachgrübeln und reden kann, ohne dass sich etwas ändert.

Voraussetzung ist allerdings, dass man eine Lösung will und bereit ist, bisherige Sichtweisen einer Problematik völlig über den Haufen schmeißen zu lassen.

LG, Gawyrd
 
Hallo Gwayrd, :)

ich stimme Deinem Beitrag 99% zu.

Ja, es gibt diese Vereinzelung in der Gesellschaft, ja, es gibt Familien, in denen es keinen familiären Halt mehr gibt, ja, es ist absolut sinnvoll, so lange zu versuchen, ob man für ein Familienmitglied noch etwas positiv ändern kann , solange es geht. Und zwar nicht im Sinne ihn zu "bessern" , sondern um zu verhindern , dass er völlig abstürzt.
Und ja: Eine Aufstellung ist sicher absolut gut und hilfreich!
Ich persönlich würde wirklich gerne interessehalber mal eine machen. Wenn ich nur wüsste wie ich da drankäme?

Aber nun: Bei Abendsonnes Schwester ist der Zug schon lange Zeit abgefahren. Sie hat vor langen Jahren die Obdachlosigkeit selbst gewählt, und ist, nachdem sie die Eltern einmal aus irgendeiner rechtlichen Zwickmühle nach Hause " gerettet " haben, am nächsten Tag wieder fortgegangen. ( abgehaun?)
Von daher gibt es für mich keinen Grund , dass sich nun noch lange Jahre später die Eltern, oder gar Abendsonne Vorwürfe machen.
Oder, dass die Schlud am Leben der Schwester da interfamiliär wie ein Spielball hin und her geschoben wird. Taugt nix! Macht nur Belastung.

Irgendwann ist es gut. Es ist Zeit, wieder nach sich selbst zu schauen, statt mit "hätte" und "könnte" und "könnte gehabt haben", eine Vergangenheit zurechtzubiegen, die schlichtweg anders war.
Das taugt für Romane, in denen der Konjunktiv eine ungeheure Möglichkeit bietet, Geschichten noch mal ganz anders zu stricken...

Ein Aufstellung wäre hier sicher sinvoll! Und würde vermutlich auch stark entlastend wirken. Aber das ist Abendsonnes Entscheidung.

Zu guter Letzt:

Gwayrd schrieb:
Das geschieht leicht, dass man einen Vorwurf / eine Forderung aus einem Beitrag herausliest, der nicht gemeint war - wenn ein eigener wunder Punkt berührt wird (wie bei Dir mit Deinem Sohn).

Ja, das geschieht leicht!
In diesem Fall ist es so, dass ich da inzwischen völlig mit mir im Reinen bin. Ich finde es nur einfach griffiger, persönliche Beispiele zu erzählen.
Ich hatte überhaupt nicht das Gefühl, mit irgendeinem Vorwurf/ einer Forderung in meine Richtung konfrontiert zu sein.

Meine Lektion, das was ich über den Haufen schmeissen musste, war das Gefühl für alles Verhalten meines Sohnes verantwortlich zu sein. Ich musste lernen, explizit nicht mehr zu helfen, sondern ihm seine eigene Verantwortlichkeit für sich selbst zuzugestehen. Meine Grenzen zu setzen. Sein selbstschädigendes Verhalten änderte sich erst, als ich innerlich so klar war, dass ich sagte: "Noch einen Krümel Dope in Deiner Nähe- und Du fliegst raus. Dann stehen Deine Sachen auf der Straße.- Entweder, du machst eine Langzeittherapie, oder du beweist hier, dass du in der Lage bist, einen regelmäßigen Tagesablauf beizubehalten. Regelmäßig aufstehen, regelmäßig zur Arbeit gehen, nicht schwänzen. Falls Du das für dich anders siehst: Da ist die Tür."
Er hat dann auch ein halbes Jahr Therapie gemacht, drei Monate in einer Malerfirma gearbeitet, die ihm eine Lehrstelle anbot, hat jetzt aber doch noch mal einen Schlenker gemacht, indem er entschied, das sei nix für ihn, und sich nun bei verschiedenen Schulen beworben, um Krankenpfleger zu werden. - Also, wenn das klappt - ich mach nen Luftsprung!
Ich habe das Gefühl, er tranzendiert mit diesem Berufswunsch auch seine eigene Erkrankung. Also, irgendwas ist da gewaltig innerlich los, und ich hoffe, was Gutes.

Um nochmal auf Dein Posting zurückzukommen: Ja, es ist so, dass auch bei ähnlich gelagerten Situationen, jeder seinen individuellen Weg finden muss, der möglicherweise ganz anders aussieht, als bei einem selbst oder anderen.

Jeder der hier schreibt, beschreibt ja die Situation aus seiner Sicht.
Und so tue ich es auch, genauso wie Du oder Milky Kuh.

Ich bin nur sehr dagegen, hier mit dem eigenen Entsetzen über etwas, ein schlechtes Gewissen bei dem anderen hervorzurufen, eben weil möglicherweise dessen Situation gar nicht vollumfänglich erfasst wurde.
Möglicherweise ist für den anderen die eigene Abrenzung tatsächlich besser, als hinterherrennen und helfen.
Von daher soll auch diese Möglichkeit wertfrei gesehen werden.

Liebe Grüße,
Geli

P.S. Ich habe auch das Gefühl, Abendsonnes Schwester würd ihr nen Vogel zeigen, wenn Abendsonne sie auftriebe und ihr anböte: " Komm doch zu uns! Wir ziehen dich auch noch durch! Du bekommst ein sauberes Zimmer..."
Und wenn die Schwester es doch täte, würde Abendsonne sich bald selber einen Vogel zeigen, wie blöd sie doch war. Spätestens dann, wenn die Schwester betrunken Nachts im Bett raucht und die Kippen ungenau entsorgt. Wenn die Alkflaschen im Zimmer umhertrudeln und den Boden nässen, wenn alles stinkt und gammelt und ihre Kinder fragen: " Warum ist die Tante immer so komisch?"

Diese Vorstellung, da jetzt noch zu retten- die geht meines Erachtens nicht. Und von daher darf es da auch kein schlechtes Gewissen geben.
Das ist eine Entscheidung, die von einem Familienmitglied getroffen wurde. Sie ist bitter. Aber ändern kann Abendsonne die nicht.
 
Hallo Angelika-Marie

Zunächst: Ich habe in meinem Beitrag nie gesagt, dass die Eltern obdachlosen Schwester irgendwie einen Fehler in der Erziehung gemacht hätten. Mein Beitrag impliziert lediglich einen Vorwurf gegenüber des gegenwärtigen Verhaltens der Familie. Also nichts mit Blick in die Vergangenheit. Ich bin beim Heute geblieben.

Ja, kann gut möglich sein, dass dieser Vorwurf ein schlechtes Gewissen auslöst. Aber weisst du, wo man schon so fortschrittlich ist und die eigene Schwester über Obdachlosigkeit oder nicht entscheiden lässt, da wird einem so ein schlechtes Gewissen nicht wirklich nahe gehen!

Ja, man sollte erwachsene Menschen entscheiden lassen, aber selbst ein erwachsener Mensch braucht Rat und Hilfe, Anteilnahme und Richtungsanweisungen!
Oder warum sind wir hier im Forum angemeldet? Warum sind du und ich und alle anderen hier? Wir suchen!
Und das z.T. im hohen Alter hier!

LG!
 
Werbung:
Ist alles okay, Milky, :)

Du hast gesagt was Du denkst. Ich bin weit entfernt zu zürnen, oder eine Lanze über Dich zu brechen! Ich spür ja, Du meinst es idealistisch absolut gut!

Dennoch , auch dies schau Dir mal an:
Milky schrieb:
Aber weisst du, wo man schon so fortschrittlich ist und die eigene Schwester über Obdachlosigkeit oder nicht entscheiden lässt, da wird einem so ein schlechtes Gewissen nicht wirklich nahe gehen!

Es hat mit Fortschritt nix zu tun, wenn die ältere Schwester den Weg in die Obdachlosigkeit wählt.
Als jüngeres Kind kann man da gar nicht eingreifen/ entscheiden.

Eben weil Abendsonne ja massiv leidet und sich die Entscheidung der Schwester selber anzieht, bzw. sie den Eltern anlastet, schreibt sie ja hier. ( Siehe den Titel des Threads)
Ihr Gewissen - für sich selbst und für ihre Eltern- ist schon vor Deinen Postings massiv beunruhigt gewesen.
Überall bei ihr geht es um Schuld. Irgendwer muss ja Schuld sein, denkt sie.
Du haust mit Deiner ( gutgemeinten) Einschätzung in die absolut treffende Kerbe, wobei dadurch aber nichts beseitigt wird, nur das Schuldgefühl wird stärker.

Also mal ehrlich: Diese Formulierung oben von Dir, ist irgendwie eine Art Gerede. Aus-gerede. Du hast da was formuliert, dessen Sinn Du nicht wirklich untersucht hast. Und das spürst Du auch.
Aber es ist auch nicht schlimm. :liebe1:
Genau darum sind wir hier und genau darum dürfen auch andere ehrlich und annehmend etwas dazu sagen.


Liebe Grüße,
Geli
 
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