Ich habe das so noch nie gehört, vielleicht missverstehe ich Dich aber auch einfach. Ich selbst bin Synästhetikerin, also sozusagen das (etwas krasse) Gegenteil zu Dir. Daher bin ich nicht sicher, ob es sein kann, dass Dir aufgrund fehlender Übung momentan die Fähigkeit zur Synästhesie fehlt, oder ob bei Dir sowieso alles wie bei den meisten Anderen läuft. Vielleicht helfen Dir folgende Tipps so oder so dennoch ein bisschen.
Zunächst würd ich Dir raten, Dich nicht unter Druck zu setzen, egal was Du Dir vorstellen kannst oder nicht - funktioniert bei Gedanken nie gut. Lass sie einfach kommen und gehen.
Ich weiß nicht, ob es in Deinem Fall hilft, aber in der Psychotherapie gibt es - eigentlich, um Emotionen zu beruhigen - folgende Übungen.
1. Übung
Man nimmt die Umgebung wahr und formuliert das soeben Erfahrene mehrmals hintereinander gleichzeitig gedanklich, zB:
"Ich sehe einen kleinen Kratzer auf der weißen Wand. Ich höre draußen ein Auto vorbeifahren. Ich rieche Kaffeegeruch. Ich fühle das Sofakissen an meinem Rücken. Ich schmecke einen bitteren Geschmack."
Vielleicht könnte man die Übung fortsetzen, indem man die Augen danach schließt, vielleicht in ein anderes Zimmer geht oder sich die Nase zuhält usw. (die Sinneswahrnehmung also entzieht) und sich das unmittelbar Erfahrene gleich noch einmal ins Gedächtnis ruft. Gerüche bleiben normalerweise am stärksten im Gedächtnis verankert, womöglich klappt es damit als Erstes.
2. Übung
Man erinnert sich an ein positives Erlebnis und sucht sich dann eine ganz konkrete Situation heraus. Beispiel (nur ein Beispiel, Deine
realen Erinnerungen an Positives werden natürlich abweichen!): Vielleicht der letzte Strand-Urlaub, wo Du Dich an einem sonnigen Tag besonders wohl gefühlt und einen leckeren Kokos-Cocktail im Liegestuhl geschlürft hast. Je nachdem, was für Dich das Gemütliche, Schöne am ehesten ausgemacht hat, stellst Du Dir nun sozusagen gezoomt und in Großaufnahme entweder den Sand, den Liegestuhl, der Deinen Körper angenehm getragen hat, den lecker aussehenden weißen Cocktail mit der Ananasscheiben oben drauf oder einfach dessen Geschmack vor. Du verharrst ein bisschen in dieser Erinnerung und ordnest dieser Erinnerung dann eine Farbe zu. -- Sand, Strand, Mehr, Cocktail wäre für mich zB vielleicht "türkis", weil ich das als eine helle, freundliche Farbe empfinde. Oder aber gelb, wenn in meiner Erinnerung die warme Sonne dominieren würde.
Der Trick ist dann, sich dieses Bild vorzustellen als eine Art "Entspannungsort" und die jeweilige "Entspannungsfarbe" durch seinen Körper fließen zu lassen.
(Bitte nicht in Angstzuständen versuchen, ich bin mir nicht mehr hundertpro sicher, ob ich die Übung korrekt wiedergebe, ist schon lange her, dass ich davon gehört habe).
-------
Eine weitere Anregung - die ist aber mWn nicht therapeutisch fundiert, das fiel mir jetzt gerade nur so ein: Hast Du schöne Orte (wenn möglich momentan außerhalb von Menschenmassen
), die Du mit schönen Erinnerungen verbindest? Oder hast Du Gegenstände, die Du mit positiven Erinnerungen verbindest? (Zum Beispiel ein Plüschtier, das Dich als Kind mal zum Lachen brachte oder Kekse, die Dich an den Geruch von Keksen Deiner Oma erinnern, usw. - was es bei Dir eben ist). Diese Reize könnten als Trigger für Erinnerungen agieren. Meine Mutter hat mir gestern zB einen Kuchen gebracht, und als ich den gekostet habe, wurden sofort Gefühle von Geborgenheit und Assoziationen mit Backen mit Oma wach, weil Geschmack und Geruch diese Erinnerungen hochkommen ließen.
Aber Achtung, Trigger können auch sehr negative Empfindungen auslösen! (Daher auch meine Idee - was bei traumatisierten Menschen in negativer Form Erinnerungen lostreten kann, könnte bei gesunden Menschen womöglich das Gegenteil bewirken).
Emotionen und Geruch wirken wie gesagt mWn besonders stark gekoppelt.
Hier wurde auch schon mal die Zitrone genannt. Wie ist es denn, wenn Du Dir sehr detailliert vorstellst, eine gelbe, saftige Zitronenscheibe in der Hand zu halten, in die Du hineinbeißt - merkst Du da eine körperliche Reaktion im Mund? (Wenn nein: Wie ist es, wenn Du zB auf Youtube jemanden dabei beobachtest?) - Musst Du nicht beantworten, wäre bloß vielleicht spannend für Dich selbst.
Und noch mal: Egal was bei den ganzen Übungen rauskommt, bitte setz Dich nicht unter Druck!!!
Ich komm aus dem künstlerischen Bereich und dachte umgekehrt immer, bildhaftes Vorstellen hätte eh jeder Mensch. Bis ich bei Diskussionen mit Kollegen dann realisierte, dass es offenbar viele Menschen gibt, die sich in ihrer Fantasie tatsächlich immer nur das Wort vorstellen. Sogar beim künstlerischen Schaffen. Wenn es also Künstler gibt, die ohne bildhaftes Vorstellen zurechtkommen, dann kann man definitiv auch ohne bildhaftes Vorstellen Großes schaffen - vor allem, wenn man es ohnehin nicht anders kennt.
Liebe Grüße
Mina