@terrorelf
Wenn ich da mal kurz einwerfen darf: Schamanismus ist ein Begriff, der von den Ethnologen/Anthropologen verwendet wurde, um bestimmte ekstatische Praktiken zu benennen. Der Begriff ist ursprünglich tungusisch (glaube ich), und als die Forscher bemerkten, daß auch andere Stämme im Groben (!) dasselbe praktizierten, verwendeten sie "Schamanismus" als Oberbegriff für alle Praktiken, dieden Seelenflug, die "Schichtung" derWelten und das Arbeiten mit Geistern beinhalten. Und diese Kernelemente kann man in praktisch allen Ausformungen des Schamanismus erkennen - die hat ja eben Harner herausgeschält.
Wenn es die Kernelemente betrifft, dann verstehe ich Deinen Einwand bzw. Erklärung.
Du hast 3 Kernelemente herauskristallisiert:
Seelenflug
Schichtung der Welten ( Obere-, mittel- und unterwelt )
"Arbeit" mit Geistern
Wenn jemand schon mal "geflogen" ist, dann wird sich dieser jemand auch an ähnliche Erlebnisse anderer annähern bzw. Teilweise vollziehen und Parallelen bei sich selbst finden können.
Denke ich zumindestens.
Die "Schichtung" der Welten ist jetzt simpel auf 3-Ebenen dargestellt.
Das ist eigentlich das, was ich auch als normaler Mensch sehen und erkennen kann.
Doch, beinhaltet jede Schicht wiederum sehr differenzierte Erklärungs und Handlungs-Modelle die von Kultur zu Kultur anderes dargestellt und interpretiert werden.
Als Beispiel: Schwarze-SchamanIn und weisse SchamanIn und "gelber" SchamanIn.
Schwarz wird zumeist automatisch als "Böse" gedacht und dargestellt.
Weil diese Kräfte von "Yer-Su" also, Boden-Wasser kommen.
Das ist aber ein "hineininterpretieren" von Religiösen Gedanken in das Symbol "Schwarz".
Tatsächlich bezeichnet "Schwarz" die Herkunft der Kraft. Und hat keinerlei Bezug auf "Böse".
( Ausser man sieht so etwas durch die gefärbte Brille, welches die von der jeweiligen Kultur vorgesetzten Dogmen und Meinungen darstellt) ...
Die schwarze Kraft kann man nutzen.
Die "weisse" kann man nur mit "bitten" und "Gebeten" erhalten ...
Wird bei uns so gesagt.
Und in der Mittelwelt, wo wir ja sind, kann man auch deren Kräfte nutzen.
Wer schon mal mit Geistern zusammengekommen ist, vielleicht kommuniziert aber keine Heilungs-"Arbeiten" unternimmt, könnte nachvollziehen, was unter "Geistern" gedacht ist.
Für mich ist das Wort "Geist" selbst ein Problem.
Ist die Seele ein Geist? Ruh?
Ist der Geist Leben? Can?
Ist es Formlos-Fliessend oder hat es Konturen?
Es ist für mich so, als ob unter Geist viel mehr assoziiert wird als das, was ich selbst empfinde.
Ich spreche lieber von "Wesenheiten".
"Wesenheiten" sind lebendig, selbständig und sind Individuen.
Geister sind für mich "Bilder". So etwas wie die Hautschuppen einer verwesenden Leiche. Das Lebendige ist ihnen abhanden gekommen.
Man kann darüber steiten. Dagegen oder dafür sein.
Doch all das kann "irgendwie" noch nachvollzogen werden.
Kommen wir aber zu den angewandten Mitteln.
Wie und mit welchen Mitteln wird der ekstatische Zustand erreicht.
Drogen? (Psychedelica, psychedelische)
Entzug? (Fasten, Schlaf, Kraft )
Klang? ( Trommel, Musik, Gesang)
Bewegung? ( Tanz )
und anderen "Mitteln"
Und kombinationen davon.
Was mir gerade einfällt ist sogar die "Ayahuasca"-Religion.
siehe Dean Jeffery: Shamans of the Amazon, Australien 2001
Drogengenuss und Alkolismus?
Brauche ich diese "Hilfmittel"?
Wenn Harner es mit Trommeln und auf saubere Art erreicht, wozu brauche ich Drogen?
Ausser vielleicht, dass es eine Lokal-Kulturelle-Eigenheit, die über seine Grenzen gebracht, auch "Schaden" anrichten könnte.
Ich denke, der springende Punk liegt in der Anwendung selbst.
Jede Kraft kann für destruktive oder konstruktive Zwecke verwendet werden.
Kräfte, welche zu destruktiven Zielen eingesetzt werden, sind zumeist "manipulierte" Kräfte.
Sind also
zweckentfremdet im Einsatz.
Zweckentfremdet, weil destruktiv und Disharmonie erzeugend.
Leider hat Harner die Anwendung selbst nicht klassifiziert.
Wegen der Verpflichtung zu "Objektivität" der Wissenschaft.
Ich aber als Wesenheit bin nie objektiv. Ich bin ein Subjekt.
Und als Subjekt habe ich andere Anforderungen an meine Umwelt.
Deckt sie sich mit den Anforderungen anderer, dann ist Harmonie im Kommen.
Deckt sie sich nicht, dann kann dennoch Harmonie gesucht und gefunden werden.
Und als letzten von mir nicht erwüschten und gesuchten Zustand ist der Zustand der unvereinbaren Gegensätzlichkeit.
Dann entsteht Teilung.
Teilung selbst ist eine Trennung der Ganzheit und somit ein Fehlen der Harmonie.
Für mich bedeutet Schamanismus die Bekenntnis zur Harmonie alles Lebendigen.
Mit dieser Bekenntnis wird ein abstrakter Begriff mit Inhalten gefüllt.
Mit meinen eigenen lebendigen Inhalten.
Diese ist individuell ( unTeilbar ) und dennoch als "Subjekt in der Welt", ein Teil ( unter vielen anderen ) des Ganzen ...
Gruss