So ergeht es allen bisher erdachten überlichtschnellen Fantasien. Jedesmal gibt es irgendeinen entscheidenden Haken. So auch 1992, als der Kölner Physiker Günter Nimtz die Fachwelt aufrüttelte mit überlichtschnellen Laborexperimenten. Er hatte Mikrowellen durch eine eigentlich zu dünne Röhre geschickt, durch die die Wellen genaugenommen gar nicht mehr hindurch passen sollten. Die Gesetze der Quantenmechanik gewähren ihnen aber dennoch eine kleine Chance, unter hohen Intensitätsverlusten jede Barriere, jeden scheinbar unüberwindlich hohen Energiewall zu durchtunneln. In dieser vermeintlich verbotenen Tunnelstrecke gelten nicht mehr die Gesetze der Relativitätstheorie. Es ist ein Raum ohne Zeit.
Nimtz: Also das war ganz lustig, das ist jetzt schon gut 10 Jahre her. Da habe ich eine Arbeit gefunden von Italienern, ... die haben festgestellt, dass der Tunnel mit kleinerer Geschwindigkeit als die Lichtgeschwindigkeit durchkreuzt wird. ... Und dann habe ich das Buch gelesen und da denke ich, das kann nicht stimmen.
Günter Nimtz hatte eigentlich anderes zu tun, aber dieser Artikel provozierte ihn. Gleich am nächsten Wochenende baute er zusammen mit einem Kollegen in seinem High-Tech Labor ein kleines Experiment auf, was tatsächlich das Gegenteil zu beweisen schien.
Nimtz: Der Tunnel, das ist ein rein quantenmechanisches Problem. Sie haben ... Zeitlosigkeit im Tunnelberg, das Teilchen hält sich dort eigentlich gar nicht auf. Die Zeit, die es dort verbringt, ist Null. Und wir haben das mit Mikrowellen, da können Sie wirklich einen Meter Räume herstellen, die durcheilt werden vom Signal, und sie halten sich darin nicht auf. Das ist köstlich. Aber wie gesagt, das ist vorausgesagt von der Quantenmechanik.
Ungläubiges Staunen bei der Forschergemeinde. Zwei Jahre später demonstrierte er in Amerika vor großem Fachpublikum seinen Versuch, indem er Mozarts 40ste g-Moll Symphonie mit fast fünffacher Lichtgeschwindigkeit übertrug. Später schrieb er über die Vorführung:
"Professor Francis Low, der das Seminar veranstaltete, lief ein paar Minuten stumm auf und ab, dann war sein einziger Kommentar: "That is not g-minor!" Das Musikband war tatsächlich ein wenig zu schnell abgelaufen und hatte die Tonlage verschoben. Ansonsten waren er und die anderen Gäste für etliche Sekunden sprachlos, sie hatten superluminal übertragene Musik gehört, und wollten es eigentlich nicht wahr haben."
Ganz so eindeutig lassen sich die Ergebnisse dann aber doch nicht interpretieren, weder in die eine, noch in die andere Richtung. Die Natur gibt sich einmal mehr salomonisch. Tatsächlich verbringt das Signal im Tunnel keine Zeit. Wenn es jedoch den Tunnel verlässt, treten Verzögerungen oder Verzerrungen auf, die jeden wirklichen Zeitgewinn bei genauerer Analyse wieder wettmachen.
Fleischhauer: Das ist tatsächlich ein bisschen ein Streitpunkt in der Physik, dass man für Tunnelprozesse nicht gut definieren kann, was eine Zeit ist, die ein Tunnelprozess braucht. Man kann also maximal folgendes machen. ... Man schickt ein stufenförmiges Signal, was eine tatsächliche Überraschung bedeutet, eine tatsächliche Information, ... auf einen Tunnelkontakt drauf und schaut sich an, wann das Signal auf der anderen Seite zunächst einmal von Null verschieden ist. Und dann wird sich immer eine endliche Zeit ergeben. Aber die Form dieser Stufe ist nach dem Tunnelkontakt komplett zerstört, und das macht es so schwierig, eine Zeit damit zu assoziieren.