vielleicht ist es ja "zu viel des guten"
ich lass Dich jetzt einmal einen Auszug aus meinem Buch darüber lesen:
Ich mache hier eine kurze Pause und fahre in den Reitstall.
Das erwähne ich hier nur, weil es zu einem Gespräch gekommen ist, das ich in das Buch aufnehmen will.
Ich habe ein Vollblut, das nicht unbedingt leicht zu reiten ist.
Und so werden viele Luststunden zu Fruststunden, weil ich bei Ihm immer wieder
mit meinem Latein am Ende bin.
Der Griff zu Sporen oder Gerte ist dann schneller getan, als ich eigentlich will.
So auch dieses Mal.
Ich hatte Gewalt ausgeübt und wußte es!
Dementsprechend niedergedrückt war meine Stimmung, während ich die Box meines Pferdes säuberte.
Ich sollte das Reiten aufgeben! stellte ich mißmutig in den Raum.
Damit wäre Dir nicht gedient.
Du würdest dem Problem nur ausweichen, anstatt Dich damit auseinander zu setzen.
So weit so gut. Das war mir ohnehin klar.
Trotzdem oder gerade deshalb hob sich meine Stimmung nicht.
Warum? Warum passierte mir das immer wieder?
Ich begann mit meinem Pferd zu streiten, obwohl ich es gar nicht wollte.
Weil Du herrschen möchtest, ohne zu begreifen was herrschen ist!
Ich wurde hellhörig.
Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
Ich hatte nicht das Gefühl, das ich in den Sattel stieg, um herrschen zu können.
Ich liebte mein Pferd.
Es geht dabei um das Ausüben von Macht.
Es ist Dein Bestreben Macht auszuüben.
Ich habe das Reiten noch nie als das Ausüben von Macht angesehen oder verstanden!
Und doch geht es genau darum!
Und deshalb ist es pädagogisch so wertvoll reiten zu lernen.
(Ich konnte Gott schmunzeln fühlen).
Moment! Ich verstehe Dich nicht!
Was soll pädagogisch wertvoll daran sein, Macht auszuüben?
Kennst Du den Spruch?
Wer immer in den Sattel steigt, er wird erzogen werden, zum Leben und zum Menschen?
Und was hat das alles mit Macht ausüben zu tun?
Es gibt keine direktere Reflexion Deiner Taten, als beim Reiten.
Du strebst die Einheit mit einem Dir fremden Wesen an UND Du bist in der Position des Mächtigeren.
Du hast die Macht dem Tier Schmerz zuzufügen.
Es ist nun nicht so, daß das Tier Dir nicht an Körperkraft überlegen wäre,
aber sagte ich nicht:
Es gibt nichts geduldigeres als die Natur und niemand der dies mehr zu mißbrauchen weiß als der Mensch?
Ist das jetzt eine Anklage?
Nein. Eine Feststellung.
Das Tier duldet Dich also auf seinem Rücken und mehr noch.....
Es duldet sogar bis zu einem gewissen Grad, dass Du Ihm Schmerzen zufügst.
Nun bist Du aber bestrebt mit diesen Tier in Einklang zu kommen,
Dich harmonisch mit Ihm fortzubewegen.
Als Pferd und Reiter seid Ihr / wärt Ihr dann ein Wesen.
Eine direkte Erfahrung von: wir sind eins.
Aber Du lernst wieder und wieder, daß Gewalt Dich nicht ans Ziel führt.
Du erfährst so, daß Du lernen mußt, Dich in dieses Wesen, das Dich trägt, einzufühlen.
Du mußt Dich also nicht nur körperlich auf seinen Rhythmus einstimmen,
sondern dafür bereit sein, es wahr zu nehmen; im optimalsten Sinne, es zu sein.
Das kannst Du nicht erzwingen und solange Du es erzwingen willst,
wirst Du stets nur ein Reiter auf einem Pferd sein.
Ihr würdet niemals EINS werden.
Gute Reiter können das und jeder kann es sehen, wenn es geschieht.
Das Pferd lacht, denn es ist zu mehr geworden, als es zuvor war.
Es tanzt und der Mensch sitzt und scheint gar nichts zu tun.
Er spielt das Instrument Pferd beinahe lautlos.
Ist das nicht eine Idealisierung?
Es ist das Ziel!
Die höchste Vorstellung von dem, was Reiten sein kann.
Aber nicht ist.
Die wenigsten reichen an dieses Ideal heran.
Warum ist das so?
Ist Dir noch nie aufgefallen, daß Reiter, deren Pferde glücklich sind, wenn sie geritten werden,
Menschen mit einer sehr angenehmen Ausstrahlung sind?
Ja.
Das ist so, weil sie zu herrschen verstehen.
Ich verstehe noch immer nicht, was Du damit meinst!
Weil Du nicht verstanden hast, was herrschen ist.
Wir drehen uns hier im Kreis.
Was ist herrschen?
Denk nach!
Wird das jetzt ein multiple choice Test?
Ich war noch immer mißgelaunt und jetzt sollte ich auch noch nachdenken.
Laß sehen, ob wir das ganze zu einem Aha-Erlebnis werden lassen können.
Was ist ein Herrscher?
Was heißt, was ist ein Herrscher?
Ich weiß nicht.
(Ich war wegen meiner Fehler beim Reiten noch immer zornig auf mich selbst und daher trotzig.
Doch Gott kann man dadurch nicht beeindrucken.)
Was tut ein Herrscher?
Herrschen.
Ja! Aber was macht Ihn aus?
Denke an Ptahhotep!
Er ist ein Herrscher, ganz in Eurem klassischen Sinn.
Er herrscht über ein großes Land und teilt seine Macht mit dem Pharao.
Also: was macht Ihn aus?
Ich versuchte nachzudenken.
Ich weiß nicht. Er übt Macht aus.
Du bist nahe daran.
Erinnere Dich, wie es ist, wenn Ihr zusammen seid.
Was tut er?
Äh. Nichts.
Ist er kein Herrscher?
Hat er keine Macht?
Er ist ein Herrscher!
Natürlich hat er Macht!
Bin ich ein Herrscher?
Habe ich Macht?
Was für eine Frage!
Natürlich bist Du ein Herrscher, natürlich hast Du Macht!
Du bist DER HERRSCHER und du hast ALLE MACHT!
Und was tue ich?
Äh, nichts. Ich weiß nicht. Erschaffen. Du erschaffst alles.
Ja. Das IST meine Macht, aber setze ich sie für oder gegen Dich ein?
Äh. Soweit ich das beurteilen kann: nein.
Setzt Ptahhotep seine Macht für oder gegen Dich ein?
Nein.
Woher weißt Du dann, daß er mächtig ist?
Man fühlt es.
Er ist die Macht.
Hat er seine Macht Dir gegenüber benützt?
Hast Du sie schon einmal zu spühren bekommen?
Nein. Er benützt seine Macht nicht.
Ist es das? Ein Herrscher benützt seine Macht nicht?
Das erschien mir irgendwie seltsam und ich versuchte es auf die Reihe zu bringen.
Benütze ich meine Macht?
Habe ich Dich meine Macht schon einmal fühlen lassen?
Äh, nein.
Habe ich keine Macht?
Natürlich hast Du Macht, aber Du benützt sie nicht.
Siehst Du, Du hast Deinen ersten Einblick davon bekommen, was es heißt zu herrschen.
Viel Spass damit!
Regina