Es gibt einige native Traumkulturen, bei denen dem Traumerlebnis mit großem Respekt begegnet wird.
Da gibt es auch eine Ausnahme, bei der dem Traum mehr Bedeutung begemessen wird als Erfahrungen im Wachzustand.
Hierzulande wird bei schönen Träumen oft gesagt: "Schade, daß das nur ein Traum war" oder bei unangenehmen Träumen heißt es: "Es war ja nur ein Traum"
Das ist die Traumkultur hierzulande xD
Eine professionelle Traumdeutung muß sehr viele Dinge berücksichtigen...Gesundheitszustand, Nahrungsaufnahme vor dem Schlafengehen, möglicher Einfluß von Substanzen, Schlafqualität als auch Quantität sowie der strukturelle Aufbau des Traumes. Hinzu kommen noch bewusste Ängste, Sorgen, Dinge die uns beschäftigen.
Native Kulturen sind da nicht so analytisch. Hier gibt es Uhrzeiten...von bis...kommen die Ahnen in den Traum, prophetische Träume von bis...werden prophetische Träume erfahren - dann gibt es noch bestimmte Traumgeister, die über die Träume wachen, Schutzgeister, die zur Vorsicht mahnen oder Geister, die etwas zeigen wollen, gleich einem Wegweiser und tritt das Totem in Erscheinung, so ist besondere Vorsicht geboten.
Mit so einer Traumkultur von kleinauf aufzuwachsen prägt selbstverständlich die gesamte Traumerfahrung auf andere Art und Weise.
Sowas lässt sich allerdings nicht einfach so übernehmen, so als ob das für uns jetzt auch gilt.
Das Traumleben zu kultivieren hat einen größeren Umfang als sich bloß mit "Wahrträumen" zu befassen.
Wer dies tun möchte, dem empfehle ich, ein Traumtagebuch zu führen und hierbei auch zu unterscheiden...wars ein Tagesresttraum, eine verarbeitete Angst/Sorge, war es ein quersitzender Pups, weil vor dem Schlafengehen zu viel gegessen, war es ein prophetischer Traum etc.
Dinge, die im Traum in Erscheinung treten, sind ein Wegweiser, auf den man sich zubewegen kann oder davon entfernen kann.
Es besteht auch die Möglichkeit, in vermeintlichen "Wahrtraum" luzid einzusteigen und das Traumerlebnis zu verändern. So läßt sich die Wirklichkeit auch im Schlaf (ver)wandeln.
Zeit hat im Traum eine völlig andere Dimension, das muß vor allem klar sein.
Ich hatte zb. einmal einen Traum, während ich im Gehen geschlafen habe. (Meine damalige Freundin führte mich an der Hand und merkte nicht, daß ich im Gehen eingeschlafen bin) So bin ich gegen einen Hydrant gelaufen.
Geträumt habe ich, daß ich auf einer Waldlichtung stehe und ein Hirsch auf mich zugelaufen kommt, nachdem er mich ca. eine Minute lang angestarrt hat. Er senkte sein Geweih und rammte mich...das war der Moment, in dem ich in den Hydrant gelaufen bin...die Zeitspanne meines Traumes erfasste diesen Moment weit früher...gefühlte 3 Minuten mit dem Hirsch spielten sich in Wahrheit in einem Bruchteil einer Sekunde ab.
Es gibt kein Patentrezept, aber durch die Kultivierung entsteht ein Gefühl für das eigene Traumerleben und Träume die wichtiger oder weniger wichtig sind, lassen sich recht bald voneinander unterscheiden.
Die Sensation, daß Träume wahr werden rückt durch die Traumarbeit in den Hintergrund. In den Vordergrund tritt die Möglichkeit, viele Dinge zu verändern, allein durch die Tatsache, daß sie erkannt werden, auf bestimmte Art und Weise.
Etwas ähnliches macht sich auch beim Orakeln bemerkbar...durch das Erkennen des Zustandes bietet sich die Möglichkeit, die Dinge zu verändern oder so anzunehmen, wie sie kommen.
Traumleben ist alles andere als starr...so wurde es geträumt, so muß es geschehen...sicher nicht
Träume bieten sehr viele Möglichkeiten, wenn sie erst einmal kultiviert werden...lerne, sie zu nutzen! xD
Und letztendlich stellt sich die Frage: Bin ich wach, während ich träume oder träume ich, wenn ich wach bin, was ist wahr, was ist Wirklichkeit? Hierzu eine kleine Anregung:
Einst träumte Zhuang Zhou, daß er ein Schmetterling wurde, der beschwingt umherflatterte. Er hatte Freude an sich und folgte allen seinen Regungen. Dabei wußte er nicht, daß er Zhuang Zhou war. Plötzlich wurde er wach; da war er Zhuang Zhou – ganz eindeutig nur dieser. Nun weiß man nicht, ob es Zhuang Zhou war, der geträumt hat, er sei ein Schmetterling geworden, oder ob es ein Schmetterling war, der geträumt hat, er sei Zhuang geworden. Es gibt aber gewiß zwischen Zhuang Zhou und einem Schmetterling einen Unterschied. Dies ist damit gemeint, wenn gesagt wird: „Die Wesen unterliegen dem Wandel"
Wer ist denn nun wer? Und wer ist wirklich?
Wenn hier angedeutet wird, daß wir letztlich nicht wissen, ob Zhuangzi vielleicht doch ein Schmetterling ist, dann ist das nicht nur einfach eine groteske, phantastische und unrealistische Aussage, im Gegenteil: Es entsteht nebenbei die Frage, wann überhaupt eine Aussage Wirklichkeit adäquat beschreiben kann. Diese Frage durchzieht das Zhuangzi in tausend Variationen und stellt dem Leser die Frage: Weißt du, wer du wirklich bist? Und hilft dir da dein Wissen? Kann es nicht sein, daß das, was dir als wirklich erscheint, geträumt ist und das, wovon du träumst, wirklich ist? An dieser Geschichte verunsichert zutiefst, daß wir nicht entscheiden können, wer der Träumende und wer der Erwachende ist. Für Zhuangzi folgt auf jedes Erwachen ein neuer Traum und auf jeden Traum ein neues Erwachen.
Wirklich nennen wir zumeist das, was uns im Tagesbewußtsein begegnet, was wir kontrollieren, bemessen, planen und in „Bewältigungsstrategien“ einordnen können. Daher unsere große Angst vor Schicksalsschlägen, Verlusten, Krisen, die wir mit diesen Strategien nicht mehr bewältigen können. Doch das Leben hält nicht still, immer wieder erfahren wir unsere Ohnmacht, immer wieder stellt sich uns die Frage, ob wir trotz allen Wandels darauf vertrauen können, daß unser Schicksal in ein größeres Leben eingebettet ist, dem wir rückhaltlos vertrauen können. Erst ein solches Vertrauen ermöglicht es, „freudig den eigenen Regungen zu folgen“. Es ermöglicht eine Freiheit, die nicht durch Kontrolle und künstliche Definitionen der Realität behindert wird.
Das größere Leben vollzieht sich in einer unüberschaubaren, von keinem Menschen zu errechnenden oder zu beherrschenden Fülle von Wandlungen. Sobald man diese Fülle beherrschen, durch Wissen sich und die Welt in eine übersichtliche Ordnung zwingen will, droht die Gefahr der Erstarrung: Immer schon zu wissen, „wer man ist“, was Wirklichkeit und was Traum ist, ist sehr praktisch, weil man damit bestimmte eingeübte Handlungsweisen beliebig reproduzieren kann – aber ist das das Leben, nach dem wir uns in der Tiefe sehnen?
Erst wenn man aufhört, an den eigenen Unterscheidungen zu hängen und das Leben auf diese Weise unter Kontrolle halten zu wollen, kann sich etwas wandeln. Erst wenn die trennenden Wände der festen Zuordnungen zwischen mir und den anderen durchbrochen werden, kann ich offen werden für Möglichkeiten, die ich vorher nicht sehen konnte. Das heißt nicht, daß die Unterschiede verwischt werden; es heißt, daß die Grenzen zwischen mir und der Welt, zwischen Traum und Wirklichkeit fließend werden. Erst wenn ich selbst auch im Fließen bin, kann ich sie so wahrnehmen, wie sie jeweils sind.
Es geht also darum, immer neu ganz da zu sein, wo ich bin, ob krank oder gesund, lebendig oder tot, reich oder arm. Jeder Zustand wird erst dann unerträglich, wenn ich ihn mit anderen vergleiche, wenn ich mit Vorstellungen von gestern die Realität von morgen sichern will und meinen Frieden nicht finden kann mit dem, was heute ist.
(Interpretation nach Henrik Jäger)
Amituofo, Tiger