liebe petra!
Zauberin schrieb:
Ich muss zugeben, dass ich immer mehr verwirrt bin.
matthias varga von kibed schätzt die verwirrung als element der lösung fixierter vorstellungen ... oft bringt verwirrung etwas in bewegung.
Zauberin schrieb:
Ich wollte wirklich schon immer wissen, welche "Kräfte" beim Aufstellen wirken, wie es funktioniert. Bezweifelt habe ich sie nie.
ich glaube nicht (aber das ist ausschließlich meine persönliche überzeugung), dass da irgendwelche mysteriösen kräfte am wirken sind. ich glaube, dass die systemischen kontexte dessen, der sein anliegen einbringt, durch die ordnenden bzw. einsichten vermittelnden prozesse sich ändern. die werden nicht manipuliert, das ist eine art tanz von dem, was sich zeigt, mit der reaktion auf das, was sich zeigt, ein fließendes geben und nehmen, an dem herz, hirn, seele und geist beteiligt sind. ein sein im gemeinsamen, verbundenen sein, in dem die formen des miteinander (als möglichkeiten von struktur, siehe meine signatur) im besten sinn auf dem spiel stehen und sich in neuer weise arrangieren können. im mittelpunkt steht dabei der fokus des aufstellenden (nicht des aufstellungs(beg)leiters), und es stimmt schon, je nach fokus würde das "gleiche" system sich wohl unterschiedlich zeigen.
so, das war nun mein 237. versuch (oder so ca.) in den letzten beiden threads hier, eine beschreibende annäherung an das zu finden, was bei einer aufstellung aus meiner sicht geschieht. eine klärung im sinn eines kausalzusammenhangs biete ich nicht an, nicht nur, weil ich keine habe, sondern weil ich es für einen groben rückschritt hielte, ganz im sinn wittgensteins: "der glauben an den kausalnexus ist DER aberglaube" sagt er im tractatus logico-philosophicus.
Zauberin schrieb:
Du hast über das verstorbene Baby erzählt. Vielleicht war das Bild dieses Kindes in dem (Unter)bewusstsein des Aufstellers eingeprägt und Du konntest es "anzapfen", als Du Dich auf die Rolle des Kindes konzentriert hast. Wie erklärst Du Dir das selbst, dass es möglich war?
nix unbewusstes - es ging ja unter anderem um das scheitern einer beziehung bald nach dem tod dieses babies. die empfindung der verletzten handgelenke war für die aufstellung völlig egal, es war aber auch zuvor nie die rede davon gewesen. die aufstellende mutter wusste selbstverständlich davon. da war aber nichts anzuzapfen, empfindungen wie diese empfindest du im feld einer aufstellung ganz selbstverständlich, wenn du es erst einmal selbst erlebt hast. wie ich mir das erkläre? siehe oben ... in der transpersonalen, offenen verbundenheit, gesammelt auch durch den fokus des aufstellenden, ist das die repräsentierende wahrnehmung ... wenn du es so nennen willst, ein "anzapfen" dessen, was da ist. nur zapft niemand bewusst ... da bist du in diesem moment einfach die/der, für die du da stehst, bist die "verkörperung" im eigentlichen sinn, nämlich der körperwahrnehmung. um die geht es, keinesfalls um meine interpretationen, die ich damit verbinde. ein guter aufstellungs(beg)leiter erkennt sofort, wo ein repräsentant zu schwafeln beginnt und seine eigenen sichtweisen einbringt, statt einfach das weiterzugeben, was er unmittelbar wahrnimmt.
Zauberin schrieb:
War es für das FA wichtig, dass Du die verletzten Handgelenke gespürt hast oder gab es etwas Wichtigeres, was Du gespürt hast? Was konntest Du durch die Rolle des Kindes für den Aufsteller bewirken? Konntest Du irgendwelche Gefühle von dem Aufsteller zu Dir (= zu dem verstorbenen Kind) oder umgekehrt spüren? Wo war die "Funktion" des verstorbenen Babys im Jetzt? Glaubst Du, dass es von diesem Baby nichts mehr als Erinnerungen in den Lebenden gibt? Also keine Seele?
Die verletzten Handgelenke waren völlig unwichtig. Die Aufstellende bekam durch die Aufstellung die Möglichkeit, sich von ihrem verstorbenen Kind noch einmal und in einer anderen Form von Bewegtheit als damals im Sog des unmittelbaren Geschehens zu verabschieden. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch das Abgeben von Lasten wie empfundene Schuld an jene, die es (mit-)zutragen haben ... das vollzieht sich in einer Aufstellung in symbolischen Ritualen und kann große Wirkung zeigen. Als Repräsentant des Kindes war ich sehr real im Jetzt und für die Aufstellende ein reales Gegenüber im Jetzt. Indizien wie der Schmerz im Handgelenk haben keine Bedeutung außer der Repräsentanz Authentizität zu verleihen. Ich konnte der Aufstellenden auch sagen, dass ich sie frei von Vorwurf anblickte... das war meine Empfindung, und ich gebe zu, dass solche Aussagen grenzwertig klingen mögen, es könnte auch meine schönfärberische Interpretation sein. Im Laufe der Jahre meine ich, dass ich zu unterscheiden gelernt habe, was meine repräsentierende Wahrnehmung ist und was meine eigene Zutat, die ich, wenn ich sie als solche erkenne, für mich behalte.
Es ist mir keine Frage, was es von dem verstorbenen Kind noch gibt. In der Aufstellung war ich der Repräsentant des Kindes. Ich spekuliere nicht über das Mysterium, das für mich mit dem Tod verbunden ist - da halte ich es mit Hellinger, der da auch einfach in Demut schweigt. Ich sehe in Aufstellungen, dass Tote ihre Spuren im Leben hinterlassen, und wenn sich das zeigt, dann nehme ich das, was sich zeigt. Nicht mehr und nicht weniger.
Alles Liebe,
Jake