Jetzt verstehe ich was du meinst. Für mich ist das ganze eher als hintereinander aufgebaute Reihe zu verstehen. Zumindest bei uns bekommt der Novize im ersten und zweiten Kreis erst einmal eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung in den Bereichen Philosophie, Gesellschaftswissenschaften, Geschichte und Politik. Ich bitte darum mich hier nicht falsch zu verstehen, es geht nicht darum ihm eine Programmierung zu verpassen. Lediglich werden verschiedene Modelle abgearbeitet um später Begebenheiten (egal welcher Art) von verschiedenen Seiten beleuchten zu können. Im Gegensatz zu vielen, von mir persönlich als unseriös eingestuften, Gruppen wird bei uns auch nicht die Persönlichkeit gespalten, oder Ängste geschürt sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Plump formuliert ist es das Ziel dem Novizen eine möglichst offene Wahrnehmung zu ermöglichen. Dabei geht es u.a. darum, welche Ängste oder Blockaden jeder einzelne Novize mitbringt und um deren Überwindung. Hier passiert an magischer Arbeit noch so gut wie überhaupt nix. Naja, das ist sicher auch nicht ganz richtig, aber zumindest wird mit Magie zu diesem Zeitpunkt noch eher sporadisch gearbeitet und nur auf der allerrudimentärsten Ebene. Nach unserer Überzeugung muss der Novize erst einmal verschiedene gesellschaftlich aufgezwungene Prägungen und Ängste überwinden, ehe er überhaupt die Möglichkeit bekommt im dritten Kreis an die magische Arbeit als solche herangeführt zu werden. Ich nenne einmal zwei Beispiele um es zu verdeutlichen.
1.) Novize XY hat schwere finanzielle Probleme und möchte sich deshalb der Magie zuwenden. So etwas wäre unserer Ansicht nach absurd. Man kann nicht ernsthaft magisch arbeiten, wärend man existenzielle Probleme hat (Stichwort Erfolgsdruck). In diesem Fall würde Novize XY (so er wirklich ernsthaft bei uns arbeiten möchte) erst einmal dahin gehend betreut, seine Finanzprobleme in den Griff zu bekommen. Dazu kann ein Bewerbungstraining ganau so gehören wie die Begleitung durch ein Privatinsolvenzverfahren.
2.) Novize xy ist übergewichtig und sein Selbstbewusstsein leidet darunter, evtl. hat er als Kind deshalb regelmäßig unter den Misshandlungen seiner Mitschüler gelitten. Nun will es sich an der Magie versuchen um es denen zurück zu zahlen. Auch hier wird erst einmal mit völlig unmagischen Mitteln gearbeitet. Novize xy bekäme in diesem Fall begleitende Hilfe bei der Durchführung einer Ernährungsumstellung, bei der Erarbeitung eines Sportprogramms und evtl. ein Kampfsporttraining. Sollte das Selbstwertgefühl zu stark angegriffen sein wird ihm notfalls eine ambulante Psychotherapie ans Herz gelegt.
Das hat natürlich mit Magie erst einmal garnix zu tun. Dennoch sind wir der festen Überzeugung, dass nur der gefestigte, weitestgehend von Ängsten und Konsumzwängen befreite Novize überhaupt in der Lage ist ernsthaft magisch zu arbeiten. Ich bin kein Thelemit, dennoch ist "Tu was du willst" hier der Schlüssel zu allem. Wille kommt in diesem Fall nicht von beliebigem Wollen sondern ist ein Erkenntnisprodukt. Während der Novizenschaft wird der Wille erst einmal grob vom Balast der persönlichen Ängste und gesellschaftlichen Zwänge befreit. Ein Novize, der dahingehend für hinreichend "gereinigt" angesehen wird hat dann die Möglichkeit in den Adeptenstatus des 3ten Kreises aufgenommen zu werden und erst dann beginnt die ernsthafte Arbeit mit der Magie. Ich möchte an dieser Stelle noch anmerken, dass ich der festen Überzeugung bin, dass unsere Novizen kurz vor dem Übergang in den Adeptenstatus oftmals in iher persönlichen Entwicklung weiter sind als viele "vollwertige" Magier es in ihrem ganzen Leben werden. Du wärst erstaunt wie viele Novizen nach Überwindung ihrer Blockaden zwar weiterhin nach unseren "Geboten" leben und auch den Kontakt zu uns halten, aber an einer Aufnahme in den Adeptenstatus garkein Interesse mehr zeigen. Dies rührt daher, dass ihr "Interesse" eigentlich nicht aus Erkenntnisdurst sondern aus Verweiflung geboren war. Ich freue mich für jeden dieser ehemaligen Novizen genau so sehr wie für jeden, der den Weg des Adepten weiter beschreitet. Wie du siehst verwenden wir die Bezeichnung Adept etwas anders, als es in den meisten Organisationen üblich ist. Magie ist ja weder Ziel noch Selbstzweck, sondern lediglich das finale Mittel zur Befreiung der Persönlichkeit.