Mit auch nur ganz wenig Psychologischer Vorkenntniss, oder auch nur gewöhnlicher Menschenkenntniss muss doch jedem Menschen bewusst sein, dass man einem Menschen zuerst zuhören muss um ihm zu helfen, man muss seine Geschichte, oder zumindest die Geschichte der Gegenwärtigen Situation kennen, man muss sich auf diese Geschichte einlassen und, wieder mit Jung, den Knoten finden um das ganze zu lösen...
Hallo Fist!
Zunächst mal eine Anmerkung zur Sprache: "Mit gewöhnlicher Menschenkenntnis muss doch jedem Menschen bewusst sein..." ist eine ganz schön totalitäre Formulierung, oder?
Zum Inhalt: Es ist ein Glaubenssatz (den freilich viele teilen), dass man biographische und psychologische Archäologie betreiben muss, um den Knoten zu finden. Zahlreiche jüngere psychologische Richtungen / Schulen gehen andere Wege, und viele davon im Kontext begleitender Studien und Evaluierungen. Beispiel das Brief Family Therapy Center von Steve de Shazer (vor kurzem verstorben) und Kim Insoo Berg, die überhaupt keine Aufstellungsarbeit machen, sondern eine lösungsfokussierte Interviewtechnik entwickelt haben, die bestens dokumentiert ist und bei der auch Nachverfolgung der betreuten "Fälle" betrieben wird. Die Ergebnisse sind besser als jene klassischer Psychotherapie - mit dem großen Unterschied, dass SFT (Solution Focussed Therapy) im Schnitt mit vier bis zehn Sitzungen beendigt ist. Eine der Grundannahmen ist: Man muss nicht das Problem untersuchen, um eine Lösung zu finden. Oder umgekehrt: Wenn ich enorme Energien darauf verwende, Ursachen von Problemen zu erkunden, dann habe ich nach einer Weile womöglich ein Verständnis für die Ursachen oder wenigstens eine Hypothese dazu, aber ich habe überhaupt noch keinen Schritt in Richtung Lösung getan.
Außer Hellinger (und nicht "nach Hellinger") stellen auch Vertreter anderer Denkrichtungen auf - etwa die systemischen Strukuraufstellungen, wie sie Varga von Kibed/Sparrer in München entwickelt haben oder die Konstruktivisten der Heidelberger oder Mailänder Schule, denen allen man weder eine Neigung zu "Ersatzreligion" noch unwissenschaftliches Salbadern unterstellen kann, und politisch sind das größtenteils stramme Linke. Und auch da hat sich gezeigt, dass das Bild dessen, was sich in einer Aufstellung zeigt, und der lösende Umgang mit dem, was sich da zeigt, sehr wohl in der Lage sind, in sehr kurzer Zeit auf den Punkt zu kommen und Lösungsschritte einzuleiten. Wobei in der Regel auch Vor- und Nacharbeit geboten und geleistet wird. Das wird dann allerdings auch insgesamt als therapeutischer Prozess verstanden und unterscheidet sich auch dadurch von Hellinger, der sich ja wie Du, Fist, nicht als Therapeut versteht, sondern als eine Art Seelsorger.
also...unabhängig vom Rassismusforwurf hat man das recht und als psychologisch vorgebildetet warscheinlich auch die Pflicht Hellingers Methode zu kritisieren, ebenso wie man den Freudlosen Freudianern ziemlich auf die Pfoten gucken muss, dass sie ihren Ödipuskomplex nicht auf ihre Patienten übertragen
Hat "man" die Pflicht? Das gebietet einem das Gruppengewissen, nicht wahr? Das schafft auch das Wohlgefühl einer moralisch fundierten Identität, wenn "man" seiner Pflicht genügt und weiß, wer die Guten und wer die Bösen sind. Und wenn man sich dann noch die Mühe macht, Hellingers Methode zu kritisieren (wobei ich mich frage, welche substanziell gehaltvolle Kritik auf der Basis einer Methodenkenntnis möglich ist, die auf dem Studium des "Spiegel" beruht), statt die Person zu diffamieren, könnt sogar das konstruktive Wirkungen haben.
Alles Liebe,
Jake