So erlebt man immer wieder seine ÜberraschungenDass dieser harmlose Tipp so missverstanden werden kann, hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen.
Steve de Shazer, ein Mitbegründer der Lösungsorientierten Kurzzeit-Therapie, eröffnete mal ein Seminar in Graz mit den Worten "I hope, our misunderstandings will be useful". Der nimmt gar nicht erst an, dass etwas so ankommt, wie's vom Formulierenden gemeint ist.
Halten wir also auseinander: Die von Dir geschilderte Begrüßungsszene ist durchaus nachvollziehbar ... mit ein paar Anmerkungen, die ich immer noch hätte, aber dazu hab ich gesagt, was ich dazu sagen wollte. Ich hoffe, unsere Missverständnisse können nützlich sein.
Ich stimme auch (weitgehend) zu, dass liebevolle Spontaneität und Authentizität von Eltern, die ihre Kinder lieb haben, gegenüber dem buchstabengetreuen Vollzug irgendeiner Pädagogik Vorrang hat. Die Einschränkung rührt daher, dass für mein Gefühl erschreckend viele Eltern ihre Verhalten als Eltern einfach als gottgegeben (oder woher auch immer) hinnehmen und vehement von sich weisen, dass sie da womöglich auch etwas zu lernen hätten. Und da wird dann Liebe gelegentlich zu einem sehr vielschichtigen Gebilde.
Nun gibt es keine Situation, im Guten nicht und im Schlechten nicht, die man nicht betrachten und überprüfen könnte ... ich meine, Erfahrungen werden dann besonders fruchtbar, wenn man sie im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten auch auswertet. Das hast Du getan, indem Du aus Deiner subjektiven Erfahrung heraus einen allgemeinen Tipp zu einem Thema abgegeben hast, wie Du es verstanden hast und wie es Dich in besonderer Weise angesprochen hat. Das haben ich und andere getan, indem sie auf Formulierungen von Dir eingegangen sind, die sprachlich schon so verstanden werden konnten, wie wir sie verstanden haben. Und auch da waren, meine ich, die Missverständnisse nützlich, weil sich daraus ein allgemeinerer Dialog über den Umgang mit Kindern und mit dem Respekt vor den inneren Bewegungen von Kindern entwickelt hat, den ich für aufschlussreich gehalten habe.
Wenn Du Dich angegriffen fühlst: schade. Wenn Dich so ein Dialog verunsichert wunderbar. Mich verunsichert er, es werden Dinge aufgeworfen, die ich für geklärt und abgehakt gehalten hatte, und es ergibt sich für mich die wundervolle Chance, die Vergangenheit zu ändern (was die meisten für unmöglich halten ich kann das): indem ich Erlebtes unter neuen Aspekten betrachte. Da sind aus Deinen Beiträgen heraus wertvolle Impulse entstanden, für die ich dankbar bin. Wenn Du das alles einfach so nehmen möchtest, wie Du's tust ... na klar, warum nicht? Das, was für Dich aus dieser Kommunikation entstehen konnte, ist entstanden.
Ich meine nicht, dass am Ende stehen müsste, wer nun Recht hat oder wem man auf die Schultern klopfen sollte. Es ist Vieles aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Einstellungen gesagt worden, und den Rest überlasse ich gern denen, die Sinn erfassend lesen und wieder ihre ganz eigenen Schlüsse daraus ziehen. Mögen diese Missverständnisse nützlich sein.
Jake