Apokryphen/Nag-Hammadi:
Der Input ist wirklich enorm,beschränke mich deswegen erst einmal auf einen Text. Habe bisher ca. sieben Seiten an Stichpunkten, miteinbezogen die Auseinandersetzung mit Sekundärliteratur. Finde das Thema superspannend und gebe hier mal wieder was ich durch die Auseinandersetzung mit der Schrift ohne Titel bisher in Erfahrung bringen konnte, oder was mir selektiv relevant erscheint.
Zu den Nag-Hammadi Schriften: Die Experten gehen davon aus das die Texte weitestgehend aus dem griechischen übersetzt wurden, die hier verwendete Sprache ist sahidisch(ein koptischer Dialekt. Wie die Experten zu der Annahme gelangen bleibt mir erst mal schleierhaft(Übersetzung aus dem Griechischen) und wurde auch nicht näher erläutert. Ideen? Die Datierung der Texte fällt in die erste Hälfte des 4.Jhd., diese können durchaus auch älter sein, wegen der Übersetzung. Die meisten gnostischen Texte entstanden vor dem entgültigem Siegeszug des Christentums, durchaus auch schon zw.1.Jhd-2.Jhd. Die synkretische Welt der Spätantike spiegelt sich im Charakter des o.g. Textes, also die verschiedenen Einflüsse, diese weisen Elemente aus ägyptischen, griechischen, jüdischen und christlichen Mythen auf. Am allerwenigsten aus dem christlichen.Jesus wird nur zwar erwähnt, über das historische Wirken Jesus wird nicht berichtet. Jesus ist in seinem kosmischen Bereich tätig und wirkt in der Sphäre Sabathots. Die Bezüge zum AT sind deutlich prägnanter, wobei das Christentum natürlich auch darauf aufbaut. Es gab verschiedene gnostische Gruppierungen, diese standen im Austausch miteinander-deswegen sind die Schriften auch nicht alle aus einem Guß. Besonders interessant und erwähnenswert finde ich in dem Zusammenhang die Ophiten, diese schreiben der Schlange im Paradies eine göttliche Natur zu, was auch in der Schrift ohne Titel zum Ausdruck kommt. Also eine gänzlich andere Interpretation und Auslegung im Vergleich zur alttestamentarischen Auffassung die sich im Allgemeinen durchgesetzt hat, wobei die Schlange dämonisiert und mit dem „Bösen“ per se gleichsetzt wird, genauso wie das Weibliche(Eva). In einem anderen Nag Hammadi-Text las ich sogar noch deutlichere Kritik am Gottesbild, in Bezug auf die Paradiesgeschichte(kann ich leider nicht mehr finden in der umfangreichen Sammlung, sorry). „Kein Wunder“ jedenfalls das die Gnostiker verfolgt und iwann ausgerottet wurden, das waren wohl zu brisante und kritische Gedankengänge. Diese frühen religionskritischen Ansätze, finde ich sehr interessant.Umso größer das Wunder, das diese Texte bis in die heutige Zeit überlebt haben. Prägnant ist auch das Ägypten als Symbol des Paradieses gesehen wird, hier gibt es noch eine Querverbindung zu einem anderen Nag Hammadi Text, siehe Asklepius/Über das Ende Ägyptens und der Welt:“ Oder bist du (etwa) unwissend, oh Asklepius, (darüber, daß) Ägypten (das) Abbild (5) des Himmels ist? (…) Oh Ägypten! Ägypten aber wird werden wie die Fabeln.(...)“
Die mythologischen Bilder und theologischen Bezüge stammen aus unterschiedliche Weltanschauungen, die zur Zeit der Entstehung des Textes in Ägypten präsent waren. Eine Mischung aus griechischer und ägyptischer Mythologie und Bezüge zum AT(Judentum und Christentum). Es werden Tiere genannt , die aus Kulten der hellenistisch-ägyptischen Zeit bekannt sind: Phönix und heilige Stiere. Parallelen sehe ich zu den Archonten und Erzengeln und dem Fall des Archonten und derm Fall Luzifers.Einige Motive finden sich im AT. Bezüge kann ich auch zur Kabbalah ausmachen, die stufenweise Entstehung/Schöpfung verschiedener Sphären/Himmel, hier Äonen gennant. Die Trennung zwischen oberer und unterer Weltdurch, welcher als Vorhang bezeichnet wird, findet sich auch in kabbalistischen Anschauungen.Die Deutung und Sichtweise(Bezüge zum AT) ist eine völlig andere. Die Großkirche hat diese als „ketzerisch“ oder häretisch angesehen. Die Archonten könnten evt. auch mit Planetenmächten in Zusammenhang gebracht werden, wobei sie zwar eigenständig sind, dennoch eingebunden in den Kosmos/Einheit als Ganzes. Es gilt dieses zu erkennen. Ein typisch gnostisches Motiv der Errettung(den die Schöpfung ist nach gnostischer Auffassung gefallen)ist die Erinnerung an den Ursprung.- wie dies beim Archonten Sabaoth geschieht und dieser dadurch erhöht wird. Griechische Bezüge sind ganz am Anfang vorhanden, als von der Entstehung des Kosmos die Rede ist, im speziellen vom Chaos. Nach Hesidot entspring alles dem Chaos, die gnostische Sichtweise ist auch hier abweichend(siehe Theogonie Hesidot) des weiteren wenn von Eros die Rede ist oder vom Tartaros. All diese Bezüge
werden aufgegriffen und in das gnostische Weltbild einbezogen. Die Paradiesgeschichte ist besonders interessant, da wir diese aus dem AT kennen, die Deutung aber völlig anders ist. Wie gesagt spielt die Schlange eine besondere Rolle als Unterweiserin, was eventuell auf Schlangenkulte der Antike zurückzuführen ist. Die Schlange ist in der ägyptischen Religion Herr des Lebens und „Dämon“ der Zeit, wobei es auch Darstellungen der Isis gibt, die manchmal als Schlange dargestellt wird. Bezug/Schlange: Bei Philon von Byblos wird die Schlange als pneumatisches Tier bezeichnet, also vom Geist Gottes erfüllt. Die selbe Sichtweise findet sich auch hier wieder. Jedenfalls , durch den Fluch der Mächte wurde die Schlange aus dem Paradies vertrieben und ist nun Teil der gefallenen Schöpfung. Zu Eva: Eva ist hier nicht die Frau des Adams , sondern eine höhere Eva und entstammt nicht der Rippe Adams.Hier sehe ich auch ganz klare Bezüge zum Lilith-Mythos. Im Textabschnitt:“Der Plan der Archonten gegen Eva“ kommt eine deutliche Polemik gegen die Geschichte mit der Rippe zum Ausdruck:“Und laßt uns ihn in seinem Schlaf unterweisen, als ob sie aus seiner Rippe entstanden sei, damit die Frau ihm gehorchen werde (25) und er Herr über sie sei!Da lachte Eva, die eine Gewalt war, über ihren Beschluß. Sie blendete ihre Augen, und im Geheimen ließ sie ihr Abbild bei Adam. Sie ging in den Baum der Erkenntnis hinein und blieb dort.“ Was mir noch einfällt in Bezug auf die Archonten ist im griechischen Mythos das Göttergeschlecht der Titanen, die Olympier haben ja auch gegen diese gekämpft. Es ist jedenfalls ein Ringen zwischen Licht- und Finstermächten, wobei das Ende vom Lied, die Vertreibung aus dem Paradies ist. Das gnostische Motiv ist die Rückkehr des Lichtes zu seinem Ursprung . Das Ziel der Geschichte ist, die Wiederherstellung des Urzustandes. Auch interessant ist die Geschichte über die Entstehung des Menschen durch Sophia Zoe, der zuerst mannweiblich ist. Diese hermaphroditischen Bezüge kommen sehr oft vor und verweisen als Analogie auf höhere Welten, oder auch ägyptische Theologie. Die Selbstaussage der Sophia Zoe, erinnert doch stark an den Text der Bronte, sehe auch hier einen Querverweis. Deswegen relativiere ich meine Aussage und danke dir für deine Sichtweise. Habe das eher ausschließlich mit Ägypten in Verbindung gebracht, zu ähnlichen Ich-bin Ausagen der Isis. Wobei es natürlich Quatsch wäre, das dieser Text Teil der Sammlung ist, ohne Bezüge zu Gnosis. Die synkretische Vorgehensweise der Gnosis verbindet sich hier zu einem umfassenderen Gesammtbild.
Siehe hierzu folgende Quellen:
Nag Hammadi Deutsch: Studienausgabe.NHC I-XIII, Codex Berolineusis 1 und 4/ Hrg.: Hans Martin Schenke, Ursula Ulrike Kaiser, Hans-Gebhard Bethge
Mysterion und Wahrheit: Gesammelte Beiträge zur spätantiken Religionsgeschichte/ Alexander Böhling