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Annäherungen an ein wegweisendes Thema
Was wir in der Quantenwelt zu tun haben
Von Amnon Reuveni
In den Medien wird immer öfter über die wundersame Welt der kleinen Teilchen "jenseits der Wirklichkeit" berichtet und in den USA zieht ein Film über Quantenphysik und Spiritualität große Aufmerksamkeit auf sich. Wird die wachsende Beschäftigung mit Teilchenphysik den herrschenden Materialismus schwächen? Ein erster Beitrag zur Diskussion eines umfassenden Themas.
Wer hat nicht schon einmal versucht, einen "Quantensprung" in seinem Beruf, in seinem Studium oder in einem anderen Bereich seines Lebens zu vollziehen? Wer hat nicht wenigstens das Wort Quantensprung schon einmal benutzt? Wissen wir aber auch, was damit gemeint ist? Was sind Quanten, wann und warum "springen sie" und warum gelten solche Sprünge eigentlich als etwas Besonderes?
Die neuen Modelle der Quantenlehre basieren auf einigen Eigenschaften, die der klassischen Physik widersprechen und lassen noch eine Menge Fragen offen. Solche ungewöhnliche Eigenschaften veranlassen Grundsatzdiskussionen auf vielen Gebieten, wie Religion, Biologie und Spiritualität.
Einer der ganz großen Quantenphysiker, P. A. M. Dirac, war eine ziemliche Ausnahme seiner Zunft, denn er war ein überzeugter Atheist. Auf die Frage nach seiner Meinung zu Diracs Ansichten bemerkte sein Freund Wolfgang Pauli, ebenfalls Nobelpreisträger, einmal: "Wenn ich Dirac richtig verstehe, meint er Folgendes: Es gibt keinen Gott und Dirac ist sein Prophet."
Ob Scherz oder nicht, die Anekdote sagt viel über die Tiefgründigkeit der Fragen, die die Teilchenphysik aufwirft. Das haben schon längst auch Vertreter der verschiedenen spirituellen Richtungen bemerkt und die scheinbare Schwäche der Quantenphysik für die Begründung ihrer eigenen Vorstellungen herangezogen. Kabalisten sprechen über Quantenphysik und Bewusstseinssprünge, während sich Buddhisten für Teleportation interessieren. In der reinen Sprache der mathematischen Gleichungen ist ja die Quantenphysik objektiv begründet. In den quantenphysikalischen Experimenten lassen sich die mathematischen Gleichungen bestätigen. Begriffe und nicht-mathematische Erklärungen für diese Resultate sind dagegen zum Teil umstritten. Einige Physiker vertreten Theorien über ein Multiversum (wir leben demnach gleichzeitig in vielen parallelen Welten). Andere neigen dazu, sich ein Universum mit unendlichen Wahrscheinlichkeiten vorzustellen, die sich erst dann auf eine Version "reduzieren", wenn sich ein bewusster "Beobachter" durch Wahrnehmung entscheidet. Besonders die Rolle des Beobachters in der neuen Physik spielt bei Vertretern von spirituellen Richtungen eine große Rolle. Denn, wie schon oben erwähnt, ändert eine Messung im Quantenexperiment den Zustand eines Teilchens!
Ganz besonders auf diesem Phänomen, der überraschenden Rolle des Beobachters in quantenphysikalischen Experimenten, basiert der Erfolg eines kürzlich erschienenen Kinofilms zum Thema Quantenphysik und Spiritualität. Der Film mit dem Titel What the Bleep Do We Know!? (zu deutsch etwa: "Was wissen wir eigentlich?") hat in den USA alle Rekorde privat gedrehter Filme gebrochen. Nachdem er monatelang in den Kinos viele hochbudgetierte Filme überdauerte, führt er seit einigen Wochen die Vorbestellungsliste der DVD-Versionen bei amazon.com an. Der Film besteht aus einer Rahmenhandlung, in der eine taube Photographin (Marlee Matlin) während einiger Tage mit ungewöhnlichen Wahrnehmungen konfrontiert wird, die ihr Konzept von der Welt auf den Kopf stellen und in der Folge ihr Leben völlig ändern. Eine Ehekrise wird entkrampft und sogar ein neues Hörvermögen scheint plötzlich realisierbar zu sein. Dazwischen dozieren elf bekannte Wissenschaftler und Mediziner über neue wissenschaftliche Modelle, die Welt zu erfassen. Auch das umstrittene Ramtha-Medium JZ Knight, die überraschenderweise recht vernünftig über Wissenschaft und Lebensfragen spricht, kommt zu Wort und erklärt Grundfragen unseres Daseins. Animierte Grafiken des Gehirns, der Gefühle und der Teilchenwelt, helfen dem Zuschauer, sich selbst und die Welt mit neuen Begriffen anzuschauen. Trotz kritischer Reaktionen in der Wissenschaftscommunity und teilweise auch in der spirituellen Szene (Filmproduzenten und Autoren wurden als Schüler des Ramtha-Mediums JZ Knight identifiziert) hat der Film auch Anerkennung erlangt. Auf dem Gipfel seines Erfolges spielte er in 200 Städten zwischen 500,000 und 600.000 Dollar pro Woche ein. Alle Argumente und Erklärungen der Experten versuchen, den Menschen als mitbeteiligten Gestalter seines Lebens darzustellen. Die Freiheit, aus vielen Möglichkeiten eine Realität durch Beobachtung zu verwirklichen, ergibt sich aus dem Begriff des Kollapses in der Quantentheorie, so die Botschaft im Film. Unsere Wirklichkeit wird als eine Sammlung von Teilchen dargestellt, die alle den Welle-Teilchen-Dualismus sowie weitere, in ihrer Logik ähnlich wirkende Gesetze der Quantenphysik in sich tragen. Der Beobachter im Quantenlabor spielt eine große, entscheidende Rolle, die sogar zu einem "Kollaps" des Systemszustandes führt. Im Film werden daher diese Gesetzmäßigkeiten auf unseren Alltag projiziert.
Einer der wichtigsten Wissenschaftler im Film ist der indisch-amerikanische Physikprofessor Amit Goswami. In seinem bekannten Buch Das bewusste Universum entwickelt Goswami einen von ihm so genannten monistischen Idealismus (das Bewusstsein als Urgrund des Seins erzeugt die Materie) und formuliert die gewagte Theorie: "In Potentia muss außerhalb der Raumzeit ein transzendenter Wirklichkeitsbereich sein. Wie ein Platonischer Archetypus existiert das Elektron zwischen den Beobachtungen als eine Form der Möglichkeit in Potentia', im transzendenten Wirklichkeitsbereich der Möglichkeit." Er geht davon aus, dass Objekte bereits im Bewusstsein als transzendente, archetypische Möglichkeiten ausgeformt sind. Der Kollaps hat dem Professor von der University of Oregon zufolge nichts damit zu tun, dass mit den Objekten etwas passiert, weil wir sie beobachten, sondern weil wir uns für etwas entscheiden und in der Folge dann auch erkennen. Die Quantenwelle spaltet sich immer auf, wenn zwei Wege vorhanden sind, aber diese Aufspaltung existiert nur als Potenzial, so Goswami.
Mit der Vorstellung einer transzendenten Welt, die die Quelle für alle physischen Erscheinungen ist, nähern sich Amit Goswami und viele andere Forscher schon sehr Vorstellungen spiritueller Traditionen. Nun kommt es allerdings darauf an, wie man sich den Menschen als verantwortlichen Mitbeteiligten vorstellt. Die Botschaft des Filmes What the Bleep Do We Know!? ist die einer Befreiung von alten Dogmen, denn der Mensch erreicht hier seine tatsächliche Stelle in der heutigen Welt. Laut dem Determinismus der klassischen Physik waren ja alle Ereignisse im Alltag wie in der Weltgeschichte von Anfang an vorprogrammiert und das Wort Freiheit besaß keine echte Bedeutung. Die Quantentheorie beweist dagegen, dass der Mensch sehr wohl eine entscheidende Rolle als bewusster Beobachter hat. Mit Hilfe der Teilchentechnologie kann der Mensch heute sogar die Erde ganz vernichten. Moralisch und praktisch gesehen ist er also voll mitverantwortlich für das Sein oder Nichtsein der ganzen Erde. Über die Möglichkeiten in der geistigen Welt und deren Auswirkungen auf die Erde sind sich die Physiker allerdings noch nicht im Klaren und eine Schilderung der Diskussion zu diesem Thema würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. 50 Jahre nach Einsteins Tod vermehren sich jedoch die Fragen in dieser Richtung und das ist gut so. Denn je mehr solche Fragen gestellt werden, desto weniger hat die veraltete Denkweise des starren Materialismus eine Chance.
aus Info 3
Liebe Grüsse Karuna