Hallo Elli!
Ich versuch's mal mit ein paar Antworten aus einer Sicht von Astrologie, die eher systemische Zyklen der Evolution ins Auge fasst ... und in diesem Zusammenhang die Konstellationen der Gestirne als verlässlichsten "kosmischen" Maßstab der Evolution nutzt. Ohne da jetzt ins Detail zu gehen (mehr dazu gibt's eh auf meiner HP): Das Universum selbst kann als selbst-referenzielles, non-lineares System betrachtet werden (bitte genau lesen - ich schreibe "kann betrachtet werden". Ich schreibe nicht: "Es ist ein...". Es geht um Methoden, nicht um Religionen
Wenn ich also von einer solchen Grundannahme ausgehe, kann ich z.B. die Axiome der Chaostheorie anwenden, etwa jene der fraktalen Symmetrie. Und dann kann ich hergehen und schauen, ob zum Beispiel die Annahme "Meine individuelle Lebensspanne steht in fraktal-symmetrischer Beziehung zur Lebensspanne des Universums" sinnvolle Aussagen über meine Lebensspanne ermöglicht. Soweit es die Astrologie betrifft, würde ich eher von einer Betrachtung ausgehen, die meine Lebensspanne in Relation zur Lebensspanne des Sonnensystems setzt. Das macht Astrologie aus meiner Sicht zu einer Disziplin, die das halbwegs objektivierbare Bild der Konstellationen bestimmter Gestirne zum ausdeutbaren Modell meiner eigenen Lebenskonstellationen macht - die Deutung selbst ist Konstruktion, gestützt auf empirische Daten.
Mal zum einzelnen:
Elli schrieb:
Warum hat das, was man nachts am Himmel sieht, nichts mit Astrologie zu tun?
Das, was man am Tag am Himmel sieht, hat ebensowenig mit Astrologie zu tun, Hubschrauber, Lindenblüten und Wolken inbegriffen.
Elli schrieb:
Warum die Sterne als Ausgangspunkt nehmen, wenn man nicht vom Sichtbaren aus gehen kann?
Ich lasse "die Sterne" mal als Sammelbegriff stehen... und sehe sie nicht als Ausgangs-, sondern als Bezugspunkt. Und da geht es um die zweidimensionale Abbildung der berechneten astronomischen Gestirnspositionen auf den Messkreis des Horoskops und nicht um das real am Firmament Sichtbare.
Elli schrieb:
Warum funktioniert Astrologie trotz der Verschiebung der Sternzeichen durch die Jahrtausende?
Weil die realen Sternzeichen im Messkreis des Horoskops praktisch nicht vorkommen. Dieser Messkreis hat sich historisch entwickelt, seine Bezeichnungen beruhen auf den Benennungen der Sternbilder. Er ist aber schlicht ein Lineal, sozusagen ein willkürlich festgesetzter kosmologischer Urmeter, der gegenüber den chaotisch (und mit chaotisch meine ich immer die Ordnungen im Chaos) beweglichen Elementen wie Gestirne und Häuserachsen jenen Fixpunkt des Beobachters darstellt, der erst vergleichbare und empirisch auswertbare Aussagen ermöglicht. Das war vielleicht eine der größten Leistungen der frühen Astrologie überhaupt, dass von der Beobachtung des rein Sichtbaren abstrahiert und ein Bezugssystem geschaffen wurde. Die Präzession des Frühlingspunktes (ich nehme an, das meinst du mit "Verschiebung der Sternzeichen") wird ja im übrigen durchaus auch berücksichtigt ... etwa wenn nun so viele vom "Zeitalter des Wassermanns" reden.
elli schrieb:
Warum nur 12 Sternzeichen und nicht auch das Dreizehnte, das zwischen Skorpion und Schütze (der Schlangenträger) steht und dort eine sonst klaffende Lücke füllt? Hat das evtl. etwas mit dem Aberglauben um die böse 13 zu tun?
Wenn überhaupt, ist das wohl eher umgekehrt. Die 12 als "heilige Zahl", die auch in vielen anderen mythologischen Zusammenhängen vorkommt, hat ja auch metrische und Währungssysteme begründet - eines der letzten noch halbwegs gebräuchlichen, das dort wurzelt, ist das britische System. Und vor allem hat unser Jahr 12 Monate - naheliegend, bei der Beobachtung von Jahreszyklen also ein 12er-System einzuführen. Wie gesagt, die 12-Teilung des Tierkreises hat sich als Messkreis bewährt ... und warum, meinst du, wird auch in der Geometrie der Kreis noch in 360 Grade geteilt? Im PC macht das Dualsystem Sinn, in vielem das Dezimalsystem, in der Astrologie das Duodezimalsystem. Wiederholt gesagt: Der tropische Tierkreis ist nicht das Abbild der am Himmel sichtbaren Sternzeichen.
Im übrigen und nicht uninteressant: der Maya-Kalender auf Mondbasis kennt 13 Monate ... und es gibt auch Bestrebungen, einen Mondkalender wiederzubeleben mit 13 Monaten und einem "Day out of Time". Und zur "Maya-Astrologie" gibt es ja auch einiges Material im www zu finden.
elli schrieb:
Gabs von Anfang an 12 Sternzeichen zur Berechnung oder kamen die nach und nach dazu? Wann das letzte?
Ich weiß nicht, seit wann und wo überall das Jahr in 12 Sonnen-Monate geteilt wurde - seit damals und dort jedenfalls liegt die 12er-Teilung weiterer solarer Bezugssysteme auf der Hand.
elli schrieb:
Wenn noch weitere zum Sonnensystem gehörige Planeten ausserhalb von Pluto entdeckt werden, werden diese dann mit dazu gerechnet?
Zum Sonnensystem? Klar werden die dazugerechnet. Du meinst vermutlich, ob sie auch astrologisch gedeutet werden. Im Prinzip ja - das war ja auch in der Vergangenheit schon so, schließlich wurden Uranus, Neptun und Pluto auch erst relativ spät entdeckt, als es schon ausgefeilte astrologische Systeme gab. Verschiedene Astrologen halten es da verschieden - manche deuten auch Asteroiden, manche haben auch bei Pluto noch Bedenken.
elli schrieb:
Wer hat überhaupt die Bedeutung der Planeten festgelegt? Warum zB also Mars (der ja eigentlich kälter als die Erde ist) als Feuerplanet?
Niemand hat die Bedeutung der Planeten festgelegt. Bestimmte Deutungen haben sich über den immens langen Zeitraum der Kommunikation über Deutungen als mehr oder weniger verallgemeinerbar herauskristallisiert. Ich sehe es jedenfalls so, dass keineswegs ein Planet eine "Bedeutung hat", die ihm quasi anhaftet wie eine Charaktereigenschaft. Vielmehr halte ich Deutung für einen Vorgang, der Erfahrungen mit evolutionären Entwicklungszyklen in Beziehung zueinander setzt ... wenn z.B. Mars in sehr vielen Beobachtungsfällen in signifikant ähnlichen Konstellationen zu Geschehen stand, bei denen impulsive Kraftentfaltung eine Rolle gespielt hat, dann wird es nützlich sein, bei der Ausdeutung eines Raum-Zeitpunktes, für den Mars in einer vergleichbaren Konstellation steht, eine impulsive Kraftentfaltung in Betracht zu ziehen. Was das im Einzelfall "bedeuten" mag, entscheidet der Kontext.
elli schrieb:
Verändert sich das ganze System heute noch oder ist es dogmatisch und erstarrt?
Es verändert sich laufend, und ist wie in der akademischen Welt auch, wo es ja auch reichlich "Erstarrte" gibt, die vor dem Paradigmenwechsel eine Heidenangst haben. Und es gibt auch nicht "die Astrologie", sondern eine Vielzahl von Modellen, die durchaus auch in widersprüchlicher Konkurrenz zueinander stehen. Das lebt...
Alles Liebe,
Jake