Hallo kamillo
kamillo schrieb:
hallo lotusz...
glaubst du nicht, dass man erst durch seine sexualität hindurchgehen muss, um dann enthaltsam sein zu können, denn enthaltsamkeit stellt sich ja nach dem transzendieren von selbst ein.
bei mir wird dieser drang zum glück immer weniger, da ich ihn ja gelebt habe, doch glaube ich nicht, dass man einfach so, obwohl man diese erfahrung nicht ausgelebt hat, enthaltsam sein kann...
das wäre doch nicht natürlich und auch nicht im sinne der existenz,
da könnte man doch gleich pfarrer werden, und du weisst wie diese menschen leiden...
zur inneren stimme, wollte ich dich noch was fragen.
wie nimmst du sie eigentlich auf?
ist es ein gefühl, denn bei mir ist es so...
doch für die grundlegenden fragen habe ich bis jetzt noch keine antwort bekommen...
wünsch viel licht und liebe kamil
Du siehst das ganz recht. Die Enthaltsamkeit richtet sich an Menschen, die das höchste aller menschlichen Ziele erreichen wollen, die nämlich ihre eigene Göttlichkeit verwirklichen wollen, die Mönch oder meinetwegen auch Priester werden wollen. Damit meine ich jetzt nicht nur die Mönche oder Priester, die in einer Kirche oder in einem Kloster leben wollen. Ich selber sehe mich zum Beispiel als Yogi.
Im Hinduismus unterschied man normalerweise
4 Lebensphasen. Diese sahen wie folgt aus:
1. Phase: Schüler; vom jungen Menschen wird Enthaltsamkeit erwartet (Brahmacharya)
2. Phase: verheiratet; Sexualität und Treue empfohlen, keine ungezügelte Sexualität (Grihastya)
3. Phase: Die Kinder sind erwachsen; nun wird wieder Enthaltsamkeit empfohlen (Vanaprastha)
4. Phase: Das Leben wird vollkommen Gott geweiht; Mönch und Enthaltsamkeit (Sannyas)
Normalerweise entschloss man sich also erst zur Enthaltsamkeit, wenn die Kinder erwachsen waren und eine eigene Familie gegründet hatten. Es gab natürlich auch viele junge Mönche, die auf die Ehe verzichteten und enthaltsam lebten.
Dass die Enthaltsamkeit sich von allein einstellt, wage ich zu bezweifeln. Normalerweise laufen die Menschen bis an ihr Lebensende der Sexualität hinterher und hoffen dort so etwas wie tiefe Befriedigung zu finden. Das aber passiert in der Regel nicht. Es liegt daran, dass durch die sexuelle Aktivität Botenstoffe im Körper produziert werden, die das sexuelle Begehren erst entfachen. Es ist genau so wie beim Junkie. Erst durch die Einnahme von Drogen produziert der Körper Botenstoffe, die nach neuen Drogen verlangen. Der Junkie kann sich nur von seiner Sucht befreien, wenn er vollkommen auf Drogen verzichtet. Genau so sehe ich das bei der Sexualität.
Noch einmal zurück auf dein Argument, dass Pfarrer leiden. Sie leiden nur dann, wenn sie den Weg der Enthaltsamkeit nur halbherzig beschreiten, wenn sie also zwischendurch immer mal wieder "sündigen". Hat man das erotische Begehren einmal vollkommen transzendiert, dann besteht kein Verlangen mehr nach Sexualität. Und das empfinde zumindest ich als sehr angenehm.
Wieso ist die Enthaltsamkeit nicht im Sinne der Existenz? Ich behaupte, sie ist im Sinne der Existenz. Man kann ja Kinder zeugen, wenn man welche haben möchte. Man muss aber nicht sein ganzes Leben von der Sexualität abhängig machen. Das aber machen die meisten.
Ich würde die Entscheidung, enthaltsam zu leben, nicht unbedingt von einer inneren Stimme abhängig machen. Ich habe die Entscheidung, enthaltsam zu leben getroffen, weil ich erkannte, dass mich die Sexualität eigentlich nur unglücklich macht, dass sie ein suchtorientiertes Verhalten ist. Und hat man einmal erlebt, zu welcher Glückseligkeit einen die Enthaltsamkeit tragen kann, dann bereut man den Schritt, enthaltsam zu leben, überhaupt nicht.
Alles Liebe. Gerrit