Hast du was gegen Bioenergetiker? Wenn ja, warum?
Ich habe überhaupt nichts gegen Bioenergetiker... die Vorstellung, dass sie als Tiger auftreten, war allerdings unwiderstehlich ;-)
Was allerdings dieser konkrete Bioenergetiker da abgelassen hat, ist nicht so ganz zu unterschreiben - abends Duschen und sorgfältiges Entrollen sind unterschiedliche Formen von Hygiene. Freilich kann eine bewusste Dusche als besonders kräftiges Entrollungs-Ritual in besonders hartnäckigen Fällen angeraten sein. Meistens genügt es jedoch, einfach bewusst und aktiv wieder aus der Rolle auszusteigen - und es gibt ein großes Repertoire an Ritualen in unterschiedlichen Abstufungen, die gleich nach der Aufstellung das Entrollen unterstützen. Zeitliche Nähe zur Aufstellung ist beim Entrollen hilfreich, um sich tatsächlich von dieser konkreten Rollenübernahme und allfälligen Resteffekten frei zu machen - auch insofern ist abendliches Duschen hinterfragenswert (vielleicht haben das die experimentierenden Ladies ja auch vorausgesetzt, dass die Leute vorm Schlafengehen duschen... aus gegebenem Anlass:
).
Ein halbwegs versierter Aufstellungsleiter wird auch bemerken, wenn RepräsentantInnen die Stellvertretung mit eigenen Inhalten und Projektionen vermischen - denn vor allem das führt in der Regel dazu, dass dieses Eigene dann weiterbohrt, weil in der Aufstellung ja nicht das gelöst wird, sondern das Anliegen des Aufstellenden. Wenn da gleich interveniert wird, tut das der Aufstellung gut und dem Repräsentanten. Ist allerdings oft nicht leicht zu unterscheiden, ob da jemand wirklich repräsentierende Wahrnehmung kundtut oder eher sein eigenes Drama aufführt. Manche neigen auch von vornherein dazu, eher alles gleich einmal auf sich zu beziehen. Darauf würde ein guter Aufstellungsleiter wohl vorher schon hinweisen, wenn Leute dabei sind, die noch keine Erfahrungen mit Aufstellungen haben.
Die andere Seite ist: Wenn in einer Aufstellung etwas ganz besonders berührt und weiter beschäftigt, ist das mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit etwas, das im Leben des so Berührten eine Rolle spielt. Eine Chance also, in Richtung Eigenwahrnehmung, Selbsterkenntnis und Lösung anstehender Fragen weiterzukommen. Da ist es freilich meistens hilfreich, weiterführende Begleitung zu suchen und/oder sich auf einen Bewusstwerdungsprozess einzulassen. Oder es sich einfach auch "bioenergetisch wegmachen" zu lassen. Es gibt ja keinen Zwang zu Entwicklung und Selbsterkenntnis. Und manch ein eher eng umgrenzter Vertreter einer bestimmten therapeutischen Richtung neigt wohl dazu, das zu relativieren, was einer aus einer anderen Richtung gemacht hat, und zu betonen, dass er selbst mit seiner Methode viel besser das behandeln könne, was ein anderer ausgelöst hätte...
Grundsätzlich gilt schon - für jede Aufstellung, auch dann, wenn sie von ausgefuchsten und bestgeschulten Profis geleitet wird: Es gibt immer das Risiko, sich selbst auf Ebenen zu begegnen, die man noch nicht gekannt hat. Wer das sicher ausschließen möchte, sollte wohl eher wirklich an keinen Aufstellungen teilnehmen, auch nicht als StellvertreterIn oder ZuschauerIn.
Alles Liebe,
Jake