ChaliceQueen schrieb:
hi, ich habe hier jetzt mit "Empathie" mehr ein Sich-unbewusst-Verbinden im negativen Sinne gemeint.
das wär dann eine form von abhängigkeit - oft auch die besonders stabile gegenabhängigkeit - mit allen destruktiven formen der bindungsliebe, die ja oft ihre systemischen paradigmen hat. empathie ist ein klar umrissener begriff, der eine methodische einstellung im kommunikativen verhalten beschreibt ... ich denke, es verwirrt nur, wenn wir solchen begriffen aus unserem meinen heraus inhalte geben, die sie dem allgemeinen verständnis nach nicht haben. aber es ist natürlich möglich, ich kann auch zu einem stuhl tisch sagen und meinen gesprächspartnern erklären, was ich damit meine, wenn ich tisch sage...
ChaliceQueen schrieb:
Meinst du damit, dass eine Sache auf dem Papier ganz anders klingen kann, als sie gemeint ist oder dass sie subjektiv-einseitig beschrieben wird? Ich versteh das noch nicht (Beispiel..?)
ich meine damit, dass es zwischen idealtypischen soll-zuständen und realistischen ist-zuständen eine spannung gibt und geben darf. wenn wir einen prozess beschreiben, wie er im idealfall verläuft, so braucht niemand deswegen schuldgefühle zu bekommen, weil er diesem ideal nicht entspricht.
es ist - ein anderes bild - die spannung zwischen weg und ziel. das ziel motiviert uns, unterwegs zu sein ... kann aber auch gut sein, dass unterwegs ein anderes ziel erkannt wird. solche spannungen können fruchtbar sein oder unfruchtbar ... wenn ich eher dem frust anhänge, dass ich das ziel noch nicht erreicht habe, tuts weh. wenn ich gern unterwegs bin, werde ich meine unvollkommenheit (sprich: entfernung vom ziel) als dynamik wahrnehmen und schätzen. das heißt nicht, dass eine sache anders beschrieben wird, als sie gemeint ist (das wäre schlicht unehrlich...).
das heißt, dass unsere beschreibungen wie landkarten sind, dass wir aber nicht in landkarten leben, sondern in landschaften.
"subjektiv-einseitig" wird immer beschrieben, zumindest aus der position des konstruktivismus heraus, der davon ausgeht, dass wir keinen objektiven, allgemein verbindlichen zugang zur welt haben können, sondern realität nur im rahmen unserer individuellen konstrukte erschließen können - das ist überhaupt keine aussage darüber, ob bzw. in welcher weise es realität gibt oder nicht. es ist nur eine aussage über unser beziehungsverhalten zur realität.
aus dem abstrakten wieder zurück ins handfeste:
es gibt keine anleitungen, wie man/frau sich in beziehungen richtig verhält. es gibt kommunikation über beziehungsmodelle und es gibt aussagen darüber, welche dieser modelle sich nach allgemeiner auffassung besser bewähren als andere, aber es bleibt niemand erspart, seine eigene position einzunehmen. und die kann ebensogut auch im aushalten einer unvollkommenen beziehung bestehen, ohne dass gleich der anspruch einer trennung daraus abgeleitet werden muss, um nach perfektion zu streben.
es kann ebensogut auch die position errungen werden, dass eine beziehung, die sich in einer bestimmten weise entwickelt hat, keine weiteren entwicklungschancen mehr hat und die eigene entwicklung vorrang bekommt - das läuft dann auf trennung hinaus.
aber wie auch immer ich mich entscheide: ich habe nicht die ausrede, dass ich es tue, weil es objektiv so in ordnung ist. ich entscheide mich für etwas (wie ich es ja täglich und stündlich in vielen kleinen dingen tue) und lebe mit den folgen solcher entscheidungen - und wenn mir die nicht passen, treffe ich neue entscheidungen. und von denen ist jede in ordnung. es wär nur naiv anzunehmen, ich könnte entscheidungen treffen, die keine folgen hätten oder nur "positive" (was ja eh eine unsinnige wertung ist).
uff.
alles liebe,
jake