Lieber A.,
Deine Einlassungen
hier beantworte ich, da ich sie im Sinne des dortigen Themas für o.t. halte, statt dessen an dieser Stelle.
Wolfgang58 ist m.E. symptomatisch und beispielhaft für einen bestimmten Typ Hellinger-Anhänger und für mich deshalb interessant, weil ich am meisten ich über Hellinger erfahre , wenn ich seine Fans lese. Als Leiterin von Familien- und Systemaufstellungen beschäftige ich mich immer wieder mit Hellinger's Gedanken und Postulaten, denn sein Einfluss auf die Aufstellungsarbeit ist Fakt. Mir scheint eine inhaltlich kontroverse Auseinandersetzung mit der Person Hellinger durchaus sinnvoll und ich vermisse sie bei vielen seiner Befürwortern ebenso wie bei vielen seiner Gegner. Über die Person geraten Inhalte leicht zu kurz. Und doch muss man meiner Meinung nach die Dinge, die er sagt und tut vor dem Hintergrund seiner Person bedenken. Bert Hellinger ist ein Mensch, geprägt von einschneidenden Lebenserfahrungen, eine Persönlichkeit mit erkennbaren Merkmalen - weder erleuchtet noch teuflisch.
Es gibt für mich die Henne-Ei-Frage:
Fliegen unkritische Menschen auf Hellinger? Menschen, die einen Erleuchteten suchen, dem sie folgen können, statt selbst zu denken, selbst zu entscheiden und mithin erwachsen zu handeln und zu leben? Kreieren sie sich dann einen solchen, erklären ihn zum Erleuchteten um zu rechtfertigen, dass sie ihm folgen?
Fliegen Untertanen auf Hellinger? Menschen, die an Flüche, schlimmes Karma, Drohungen glauben? Brauchen sie einen, der ihnen Lebensregeln gibt, die zu befolgen ihnen dann Sicherheit vermittelt?
Fliegen die misshandelten Kinder auf ihn? Brauchen sie einen, der noch mächtiger ist als ihre Eltern. Einen, zu dem die Götter sprechen - denn nur Götter stehen über den Eltern? Können sie sich nur mit einer umgedeuteten Vergangenheit ihrem Leben und der Welt zuversichtlich zuwenden - nachdem sie ihr System geheilt haben und weil es "anmaßend" wäre, ihr "Geschenk des Lebens" anders als glücklich und erfüllt anzunehmen?
Suchen Weltflüchtige seine Führung? Menschen, denen der Mut für den eigenen Weg fehlt, denen die Kraft zum Zweifeln fehlt und die Gurus brauchen, weil diese nicht zweifeln? Menschen, die ihren irdischen Aufgaben zugunsten "höherer" Inhalte entfleuchen?
Oder ist Hellinger süchtig nach Beachtung?
Hat es ihn korrumpiert, dass er plötzlich, nach Erscheinen des Buches "Zweierlei Glück",
hunderte von Seminarteilnehmern pro Termin hatte und langfristig ausgebucht war?
Ist er der Faszination erlegen, dass nun auf einmal an seinen Lippen Gläubige hingen, dass er sich so ziemlich alles mit ihnen erlauben konnte?
Hat er da eine Energiequelle entdeckt und musste immer wieder daraus trinken?
Ob Hellinger nun angeschwärmt oder verteufelt wird - beides wird weder der Person noch der Sache gerecht. Doch haben anscheinend beide Parteien zu viel Spaß an ihrem Heiligen bzw. an ihrem Teufel, als dass sie sich das Vergnügen von Information und Bildung kaputt machen ließen
Und Hellinger bekommt seine Beachtung von beiden Seiten, bleibt im Gespräch
Mich wundert nicht, dass sich Wolfgang hier nicht mehr äußert und ihm deswegen gleich zu unterstellen, dass er "offensichtlich" missionieren habe wollen, finde ich unstatthaft.
Was Wolfgang58 betrifft, ist das Missionieren recht offensichtlich. Auf Wunsch stelle ich dir gerne ein paar Zitate zusammen, die das sehr eindeutig belegen.
Bert Hellinger braucht keine Missionare..
Ja sag das mal den Missionaren bitte! Ich finde ja sogar, dass ihm solche Missionare eher schaden, weil zusammen mit den grob unrichtigen Behauptungen, vielleicht auch etwas in die Tonne getreten wird, das durchaus be-denkens-wert, aber leider zwischen geistigem Müll nicht mehr erkennbar ist.
Anscheinend brauchen die Missionare das Missionieren. Sieht sehr nach Handeln aus, das von einem Gruppengewissen gespeist wird. Demzufolge wäre eine Bindung entstanden, ein Zugehörigkeitsgefühl. Gerade beim Thema "Unterbrochene Hinbewegung" sehe ich darin ein Indiz dafür, dass nicht das innere Bild der ursprünglichen Mutterbindung verändert wurde, sondern dass der Klient seine Bindungssehnsucht erfolgreich auf den Seminarleiter übertragen hat.
Sag das auch mal den Hellinger-Freundeskreisen, die sich, ausgehend von den Eheleuten Hellinger in einigen Städten gebildet haben. oooops! Da scheint dann doch ein Interesse von Hellingerseite vorhanden zu sein....
Und was ist mit dem treuen Thomas Gehrmann und seinem letztes Jahr vom Hellinger-Verlag herausgegebenen Buch "Über Psychotherapie hinaus"
(link zu amazon) ?
Hier wird die Hellinger-Kontroverse, die inzwischen kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervor lockt, noch einmal, und zwar von Hellingerseite, reanimiert.
Allerdings ohne nennenswerte Resonanz in der Fachwelt.
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Bei allem Überlegenswerten der Kritik der von mir (auch wenn wir nicht immer eine Meinung sind) sehr geschätzten Melodie komme ich mir hier langsam vor wie in einer "Anti-Hellinger-Sekte". Es gehört nicht nur zum guten Ton sondern scheint mir absolute Voraussetzung zum Mitschreiben in diesem Forum zu sein, dass man sich abwertend oder gar verteufelnd gegen Bert Hellinger und jeden, der etwas Positives über seine Arbeit schreibt, äußert. Tut man dies nicht, wird man gleich in Grund und Boden gestampft und der übelsten und bösesten Absichten geziehen..
Hättest du diese (falsche) Vorstellung nicht, wäre der Weg frei für äußerst interessante und fruchtbare Erörterungen. Könnte man Hellinger ein paar Schatten und Irrtümer zugestehen, würden auch seine klugen Erkenntnisse besser darstellbar sein.
Nehmen wir an, du glaubst selbst, was du hier ausführst. Dann hättest du selektiv nur das wahrgenommen, was für deine Fantasie spricht und den Rest nicht zur Kenntnis genommen.
Und wenn du nicht glaubst, was du hier schreibst, ist der Text manipulativ und könnte durchaus dazu führen, dass jemand sich dir gegenüber ablehnend und verärgert verhält.
Zudem, aber das ist dir als intelligentem Menschen ohnehin klar, kann eine solch pauschale, einseitige und verallgemeinernde Behauptung gar nicht wahr sein.
Dies ist mit ein Grund, wieso ich mich hier nur noch sehr sporadisch äußere.
Aber auch das ist ja scheinbar gewollt.
Du, dass du das wirklich meinst, das kauf ich dir nicht ab! In den besten Zeiten hast du dich mit Vehemenz und am liebsten mit vielen gleichzeitig gefetzt. Es scheint mir eher andersrum zu sein: In letzter Zeit hat sich kaum noch jemand über deine Worte aufgeregt
Was ich besonders an Bert Hellinger schätze ist sein Beitrag dazu, dass zum System gehört, wer von den Empörten gern anmaßend ausgeschlossen wird und seine Erkenntnis, dass es hinter dem individuellen "moralischen" noch ein oft gegenläufiges Systemgewissen gibt, welches auf lange Sicht keinen Ausschluss duldet - aus welchem Grund auch immer der stattgefunden hat. Die Verteufelten gehören dazu und es ist gut für das Ganze, sie zu würdigen als jemanden wie du und ich. Aber Verteufeln aus dem individuellen Gewissen scheint oberflächlich leichter, das verstehe ich schon.
Es ist wichtig zu unterscheiden, wann ein solcher Ausschluß tatsächlich vorliegt! In einem Forum, in einer Firma, in jedem System außer einem Familiensystem, ist Ausschluß gar kein Problem. Aber nicht einmal ein solcher findet hier statt, insbesondere nicht dir oder Wolfgang gegenüber!
Lediglich in der eigenen Familie gehören wir dazu, egal wie und wer wir sind. Alle anderen Systemzugehörigkeiten sind Kontextabhängig und meist von vornherein auf Zeit angelegt.
Die Sache mit dem Verteufeln (die ich jetzt ohnehin nur am alleräußersten Rande des Themas sehe und als Gegenpol zur Verehrung) ist nochmal eine ganz andere. Tiefenpsychologisch betrachtet ist sie die Externalisierung des eigenen Bösen und Familiensystemisch gesehen weist sie auf religiösen Wahn, bzw. entsprechendes Familientrauma hin.
Hellinger wird leider sehr oft als Referenz angegeben, wenn ein subjektiver Standpunkt untermauert werden soll. Dazu muss man ihn bisweilen kreativ missverstehen, damit es passt.
Bezahlen müssen dann immer "Nachfahren".
A.
Dieser Spruch, lieber A., ist eine unverhohlene Drohung gegen das Leben, wie es nach uns weiter geht. Bitte überdenke solche Übergriffe auf unser aller Wunsch, das Leben unserer Kinder und Enkel möge ein gutes und gesegnetes sein.
Insbesondere in diesem subtil aufgebauten Zusammenhang zwischen Wolfgang58's angeblicher Vertreibung, einer unterstellten "sektenartigen" Verfolgung von Hellinger und seinen Befürwortern hier im Forum, dem fehlkonstruierten Zusammenhang mit Systemausschlüssen einerseits und einer geheimnisvoll angedeuteten Menge von Nachfahren (natürlich der Ausschließenden, also allen hier, die nicht
für Hellinger sind..) andererseits.
Keineswegs müssen, und ganz sicher nicht grundsätzlich, Nachfahren für die Sünden ihrer Ahnen büßen. Und ganz bestimmt kann hier und heute nicht festgelegt sein, was denn nun im systemischen Sinne eine Sünde ist, und ob,bzw. wie sie sich auf die nächsten Generationen auswirken werden.
Gerade weil die neuen Generationen Dinge aussprechen, auf den Tisch packen, anzweifeln und hinterfragen, wird sich nie mehr ein solcher Druck an Ungelöstem aus gleich mehreren Generationen aufbauen können, wie zu Zeiten der sakrosankten Eltern, deren Lügen, Verdrehungen und Verleugnungen noch nicht einmal als solche wahrgenommen werden durften.
Beste Grüße,
Eva
ps
Lieber A., das Thema und mein halbungarisches Temperament...
Sollte ich dich an irgendeiner Stelle miss-interpretiert, falsch verstanden oder ungenau gelesen haben, bitte ich dich, mich darauf hin zu weisen, denn das lag zu keiner Zeit in meiner Absicht. Im Gegenteil liebe ich die fruchtbare, Erkenntnistreibende Kraft im Dissens generell und in unser beider wertschätzender Dissensfähigkeit im Besonderen.