Seal144
Sehr aktives Mitglied
34.
„Oh Allah!“, bekundete Kapitän Allmalah hocherfreut. „Heute hat unser begnadeter Küchenchef Mustafa erneut Musakka für uns zubereitet.“
Ali und der Shrenk nickten dem Kapitän wohlwollend zu und begannen sich an dem Gericht zu laben.
„Ich war heute unten in der Küche, nach Mustafa schauen, aber er machte gar keinen guten Eindruck. Er beklagte sich über starke Kopfschmerzen und auch Magenprobleme. Mustafa glaubt, dies könne an dem Tief über der Biskaya liegen. Aber der Magendruck?“, fragte der Kapitän besorgt. „Doch Allah unser Allmächtiger ist voller Barmherzigkeit und Güte. Mustafa hat nämlich trotz seiner Kopfschmerzen, darauf bestanden, für uns heute Abend zu kochen, und vor allem seine neueste Kreation: Musakka!“
Ja, überlegte Ali. Musakka gibt es seit der Kamelstampede im Kühlhaus fast jeden Tag, und das weil der Kapitän ganz versessen darauf ist.
„Auberginen sollen sehr gesund sein“, meinte der Shrenk zum Kapitän. „Aber ich wollte euch gerne eine ganz andere Frage stellen, wenn ihr erlaubt.“
„Nur zu, fragt ruhig.“
„Ich wollte gerne wissen, was so ein Schiff kostet.“
„Oh, das kann ich euch in etwa sagen: unsere gute Ramlah würde auf dem heutigen Markt 130 Millionen Dollar erzielen, obwohl sie second hand Ware wäre.“
„Aha.“ Der Shrenk verstand das nicht so richtig und dachte nach.
„Es war in den letzten Jahren ein rapider Preisanstieg in der VLCC Klasse zu verzeichnen“, fuhr der Kapitän fort. „Da die Nachfrage auf dem Markt nach Supertankern sehr hoch ist. Ein fünf Jahre alter VLCC kostet so viel wie ein neuer. Die Preise für second hand Supertanker befinden sich immer noch auf einem hohen Niveau.“
„Aber woran liegt das?“, wollte der Doktor nun doch wissen.
„Unsere Ramlah besitzt wie alle VLCC Tanker, eine Doppelhülle, und ab 2010 darf es keine Einhüllentanker mehr geben.“
Der Kellner räumte die Teller ab und erhielt ein freundliches Nicken des Kapitäns. So ein Musakka ist etwas ganz besonderes dachte der Kapitän zufrieden. Da kann kein Scheikh Al-Mahschid mehr mithalten.
„Doppelhülle?“, fragte der Shrenk misstrauisch. „Eine Doppelhülle habe ich bisher nicht gesehen. Wo genau ist sie, diese Doppelhülle?“
„An den Schiffseiten ist zum Schutz der Ladetanks eine Doppelhülle mit einer Breite von 3,50 Metern und ein durchgehender Doppelboden von 3 Metern, der die Ladetanks schützt und sich vom Vorpiek bis zum Maschinenraum erstreckt.“
„Damit das Öl nicht ausläuft.“
„Genau.“
„Und was sind Sloptanks?“
„Sloptanks dienen der Aufnahme von Schmutzwasser und Rückständen vom Tankwaschen.“
„Waschen der Tanks?“
„Das nennt man Crude Oil Washing. Mittels Düsen wird während des Entladevorganges Öl mit hohem Druck auf die Tankwände gespritzt, um so den Ölschlamm und feste Bestandteile des Öles zu lösen. Die Sloptanks werden im Hafen gelöscht.“
Ja, dachte der Shrenk. In den Sloptanks hätten wir unsere Kamele nie und nimmer gefunden. Ali schwieg und konzentrierte sich auf die Nachspeise, die gerade serviert wurde.
„Gazellenknöchelchen“, sagte der Kellner und stellte jedem seiner Gäste einen Teller des wohlriechenden Gebäcks hin. Es waren kleine Halbmonde aus Mandelteig, gefüllt mit Datteln und gemahlenen Mandeln, mit Puderzucker bestäubt und nach Rosenwasser duftend.
Ali nahm sich eines dieser knusprigen, noch leicht warmen Gebäckstückchen und schob es sich in den Mund.
Mustafa braucht halt seinen Fernet Branca. Die erlesenen Kräuter müssen es sein, die ihn täglich zu diesen Höchstleistungen kulinarischen Genusses anfeuern.
„Ali, wo sind wir eigentlich?“, erkundigte sich der Shrenk.
Drauβen an Deck war es recht ungemütlich geworden, aber nach den Mahlzeiten, zog es Ali und den Shrenk hinaus an die frische Luft. Sie hatten sich in eine windstille Nische geflüchtet und beobachteten die Wellen, mit denen die Ramlah zu kämpfen hatte.
„So wie ich es sehe, müssten wir uns auf der Höhe von Le Havre befinden.“
„Was ist mit Le Havre und warum diese sorgenvolle Miene?“
„Ach Doktor, weil wir bald in Rotterdam sind und unsere Reise sich dem Ende nähert.“
„Dem Ende? Unsere Reise ist in Rotterdam noch nicht zu Ende, werter Ali.“
„Darum geht es ja. Wie wird es weitergehen, frage ich mich.“
„Karim hat für uns den Frachter reserviert.“
„Nein, eben nicht. So wie der Kapitän mir vorhin sagte, geht unsere Reise von Rotterdam mit einem Luxus Cruiser von der Holland-Amerika Linie, nach Lissabon.“
„Luxus Cruiser?“
„Das Schiff heiβt Westerdam.“
„Westerdam? Hm. Und unsere Kamele?“
„Karim sendet herzliche Grüβe und schenkt uns drei Tage auf einem Luxusliner. So lieβ es Kapitän Allmalah ausrichten. Mit Kamelen natürlich, und gerade das macht mir Sorgen.“
„Oh, werter Ali. Ich mache mir da vielmehr Sorgen, ob ich euch werter Ali, oder werte Ali an Bord dieser, wie heiβt das Schiff?“
„Westerdam.“
„Also wie soll ich euch dort nennen, werter Ali? Wir fallen in unseren arabischen Thoben, verkleidet als Wüstenscheiche und mit falschem Prophetenbart, so auf, wie Auβerirdische auf dem Marktplatz von Antwerpen.“
„Wie kommt ihr auf Antwerpen?“
„Hm.“
In diesem Augenblick legte sich die Ramlah in eine besonders hohe Welle und musste dabei über den Shrenk lachen. Der Shrenk dagegen klammerte sich an der Reling fest und wurde blass.
„Was heiβt hier hm?“, fragte Ali und hielt sich auch an der Reling fest. „Wer von uns macht sich denn mehr Sorgen?“
„Ich muss in mein Bett“, meinte der Shrenk matt. Ali nickte. Sorgen mache ich mir inzwischen schon zur Genüge, da kommt es auf einen seekranken Shrenk auch nicht mehr darauf an. Und die Kamele? Allah wird es hoffentlich gut mit uns und den Kamelen meinen, wenn ich das nicht wüsste, würde ich glatt durchdrehen.
„Oh Allah!“, bekundete Kapitän Allmalah hocherfreut. „Heute hat unser begnadeter Küchenchef Mustafa erneut Musakka für uns zubereitet.“
Ali und der Shrenk nickten dem Kapitän wohlwollend zu und begannen sich an dem Gericht zu laben.
„Ich war heute unten in der Küche, nach Mustafa schauen, aber er machte gar keinen guten Eindruck. Er beklagte sich über starke Kopfschmerzen und auch Magenprobleme. Mustafa glaubt, dies könne an dem Tief über der Biskaya liegen. Aber der Magendruck?“, fragte der Kapitän besorgt. „Doch Allah unser Allmächtiger ist voller Barmherzigkeit und Güte. Mustafa hat nämlich trotz seiner Kopfschmerzen, darauf bestanden, für uns heute Abend zu kochen, und vor allem seine neueste Kreation: Musakka!“
Ja, überlegte Ali. Musakka gibt es seit der Kamelstampede im Kühlhaus fast jeden Tag, und das weil der Kapitän ganz versessen darauf ist.
„Auberginen sollen sehr gesund sein“, meinte der Shrenk zum Kapitän. „Aber ich wollte euch gerne eine ganz andere Frage stellen, wenn ihr erlaubt.“
„Nur zu, fragt ruhig.“
„Ich wollte gerne wissen, was so ein Schiff kostet.“
„Oh, das kann ich euch in etwa sagen: unsere gute Ramlah würde auf dem heutigen Markt 130 Millionen Dollar erzielen, obwohl sie second hand Ware wäre.“
„Aha.“ Der Shrenk verstand das nicht so richtig und dachte nach.
„Es war in den letzten Jahren ein rapider Preisanstieg in der VLCC Klasse zu verzeichnen“, fuhr der Kapitän fort. „Da die Nachfrage auf dem Markt nach Supertankern sehr hoch ist. Ein fünf Jahre alter VLCC kostet so viel wie ein neuer. Die Preise für second hand Supertanker befinden sich immer noch auf einem hohen Niveau.“
„Aber woran liegt das?“, wollte der Doktor nun doch wissen.
„Unsere Ramlah besitzt wie alle VLCC Tanker, eine Doppelhülle, und ab 2010 darf es keine Einhüllentanker mehr geben.“
Der Kellner räumte die Teller ab und erhielt ein freundliches Nicken des Kapitäns. So ein Musakka ist etwas ganz besonderes dachte der Kapitän zufrieden. Da kann kein Scheikh Al-Mahschid mehr mithalten.
„Doppelhülle?“, fragte der Shrenk misstrauisch. „Eine Doppelhülle habe ich bisher nicht gesehen. Wo genau ist sie, diese Doppelhülle?“
„An den Schiffseiten ist zum Schutz der Ladetanks eine Doppelhülle mit einer Breite von 3,50 Metern und ein durchgehender Doppelboden von 3 Metern, der die Ladetanks schützt und sich vom Vorpiek bis zum Maschinenraum erstreckt.“
„Damit das Öl nicht ausläuft.“
„Genau.“
„Und was sind Sloptanks?“
„Sloptanks dienen der Aufnahme von Schmutzwasser und Rückständen vom Tankwaschen.“
„Waschen der Tanks?“
„Das nennt man Crude Oil Washing. Mittels Düsen wird während des Entladevorganges Öl mit hohem Druck auf die Tankwände gespritzt, um so den Ölschlamm und feste Bestandteile des Öles zu lösen. Die Sloptanks werden im Hafen gelöscht.“
Ja, dachte der Shrenk. In den Sloptanks hätten wir unsere Kamele nie und nimmer gefunden. Ali schwieg und konzentrierte sich auf die Nachspeise, die gerade serviert wurde.
„Gazellenknöchelchen“, sagte der Kellner und stellte jedem seiner Gäste einen Teller des wohlriechenden Gebäcks hin. Es waren kleine Halbmonde aus Mandelteig, gefüllt mit Datteln und gemahlenen Mandeln, mit Puderzucker bestäubt und nach Rosenwasser duftend.
Ali nahm sich eines dieser knusprigen, noch leicht warmen Gebäckstückchen und schob es sich in den Mund.
Mustafa braucht halt seinen Fernet Branca. Die erlesenen Kräuter müssen es sein, die ihn täglich zu diesen Höchstleistungen kulinarischen Genusses anfeuern.
„Ali, wo sind wir eigentlich?“, erkundigte sich der Shrenk.
Drauβen an Deck war es recht ungemütlich geworden, aber nach den Mahlzeiten, zog es Ali und den Shrenk hinaus an die frische Luft. Sie hatten sich in eine windstille Nische geflüchtet und beobachteten die Wellen, mit denen die Ramlah zu kämpfen hatte.
„So wie ich es sehe, müssten wir uns auf der Höhe von Le Havre befinden.“
„Was ist mit Le Havre und warum diese sorgenvolle Miene?“
„Ach Doktor, weil wir bald in Rotterdam sind und unsere Reise sich dem Ende nähert.“
„Dem Ende? Unsere Reise ist in Rotterdam noch nicht zu Ende, werter Ali.“
„Darum geht es ja. Wie wird es weitergehen, frage ich mich.“
„Karim hat für uns den Frachter reserviert.“
„Nein, eben nicht. So wie der Kapitän mir vorhin sagte, geht unsere Reise von Rotterdam mit einem Luxus Cruiser von der Holland-Amerika Linie, nach Lissabon.“
„Luxus Cruiser?“
„Das Schiff heiβt Westerdam.“
„Westerdam? Hm. Und unsere Kamele?“
„Karim sendet herzliche Grüβe und schenkt uns drei Tage auf einem Luxusliner. So lieβ es Kapitän Allmalah ausrichten. Mit Kamelen natürlich, und gerade das macht mir Sorgen.“
„Oh, werter Ali. Ich mache mir da vielmehr Sorgen, ob ich euch werter Ali, oder werte Ali an Bord dieser, wie heiβt das Schiff?“
„Westerdam.“
„Also wie soll ich euch dort nennen, werter Ali? Wir fallen in unseren arabischen Thoben, verkleidet als Wüstenscheiche und mit falschem Prophetenbart, so auf, wie Auβerirdische auf dem Marktplatz von Antwerpen.“
„Wie kommt ihr auf Antwerpen?“
„Hm.“
In diesem Augenblick legte sich die Ramlah in eine besonders hohe Welle und musste dabei über den Shrenk lachen. Der Shrenk dagegen klammerte sich an der Reling fest und wurde blass.
„Was heiβt hier hm?“, fragte Ali und hielt sich auch an der Reling fest. „Wer von uns macht sich denn mehr Sorgen?“
„Ich muss in mein Bett“, meinte der Shrenk matt. Ali nickte. Sorgen mache ich mir inzwischen schon zur Genüge, da kommt es auf einen seekranken Shrenk auch nicht mehr darauf an. Und die Kamele? Allah wird es hoffentlich gut mit uns und den Kamelen meinen, wenn ich das nicht wüsste, würde ich glatt durchdrehen.