@TrixiMaus. Genau das ist ja aber der Kniff am Ganzen. So lange ich im Tod etwas Gutes sehe, habe ich den Sinn des Lebens nicht richtig begriffen...sei mal ehrlich. Braucht jemand den Tod? Wäre Unsterblichkeit nicht 100mal besser?
Ich muß dazu sagen, daß ich in mir nicht wirklich den Anlaß fühle, das zu bewerten. Warum sollte Unsterblichkeit besser sein als Sterblichkeit? Woran will man das objektiverweise als Mensch messen?
Was ist so toll daran, sich vorzustellen, wie man im Grab von Schimmel und Würmern zerfreßen wird?...ich persönlich denke natürlich auch über den Tod nach. Aber sagt uns die Logik nicht, daß es gegen alle Freude ist den Tod zu verschönigen?
Kennst Du die Yoga-Übung mit dem Namen "Shavasana"? Das ist die Übung im Yoga, die dem Sterben und dem Tod gewidmet ist. Da liegst Du im fortgeschrittenen Stadium auf dem Rücken und tust den letzten Atemzug. Das ist wirklich etwas Wunderschönes, eine große Befreiung. Ich muß selber überlegen, warum es so erstrebenswert ist - aber es ist wirklich so. hm, es liegt ganz einfach sehr viel Wandelpotential in dieser Übung, Thema "Loslassen".
"Crazy Monk", das andere Äffchen hier, derdie hat doch gerade einen Thread über "Müdigkeit". Hast Du den gelesen? Ist empfehlenswert, es geht um Todeswunsch und -nähe im weiteren Sinne.
Es geht ja nicht darum, den Tod zu verschönen oder ihn zu beschönigen. Ich kann nur von mir berichten: ich habe ganz früh meinen Vater verloren. Und eigentlich konnte ich mich dann lange Zeit dem Thread-Thema hier innerlich anschließen: ein Teil von mir wartete auf den Tod, damit ich den Papa wiedersehen kann. So denkt und versteht man das ja als Kind.
Als Erwachsener habe ich mich dann auf die Suche gemacht: wo ist der Papa hingegangen? Was hat er erlebt in seinen letzten Stunden, wo ich nicht da war? Ich habe mir das alles sehr genau angeschaut, habe auf der Station im Krankenhaus gearbeitet, auf der er gestorben ist und habe ähnliche Patienten gepflegt, bis ich es wußte. Ich hatte dann ein Bild vom Tod meines Vaters und konnte über die Jahre lernen, mich damit anzufreunden, was mir natürlich schwerfällt aufgrund der Sterberei da im Krankenhaus, die ich prinzipiell mal nicht gutheiße. Ich habe andere Patienten zuhause beim Sterben begleitet - das hat mir viel besser gefallen.
Und in der Meditation ist der Tod für mich ein Ereignis, das ich in vielen Momenten erkennen kann. Zum Beispiel gestern Abend im Bett: ich lag da, denkend. Bzw. produzierte mein Geist Reflektionen über das Erlebte und projizierte in der Zukunft das Erwartete oder Vermutete. Ich "arbeitete" - das ist mein Problem, das ich vor ein paar Jahren ausgezogen bin zu lösen. (Konnte nicht abschalten, dachte nur noch über die Arbeit nach.)
Und da war dann wieder dieser Moment, wo ich mich besonnen habe, daß ich da gerne liegen und es ohne Gedanken genießen möchte. Ich empfinde es dann als einen "kleinen Tod", wenn ich die Gedankenenergien loslasse, sie beende. Ich verlasse dann mein altes Leben für den Moment, in dem ich hadere und zaudere mit meiner Arbeit und mir alles Mögliche nicht zutrau(t)e. Und dann bin ich auf einmal voll da, völlig wach, und bin wieder ich selber, so wie ich mich tatsächlich fühle und spüre. Der Andere, der mit der Gedankenenergie, ist nur der, der die Tätigkeit seines Gehirns beobachtet in dem Moment, in dem er da liegt. Läßt er die Gedanken dann fahren, dann bekommt alles eine "andere Farbe" - so könnte man sagen.
Dieses "Umschalten" in die Ruhe muß/kann man ja üben und es ist mit Angst verbunden, es letztendlich dann zu tun. Man denkt ja: was passiert, wenn ich alle Zügel loslasse und mal jegliche Verantwortung, die ich trage, im Moment ablege? Alle Gedanken beiseite lasse und einfach nur bin? In der Meditation, beim Sport, im Bett oder bei sonstwas. Es macht Angst, diesen Sprung in die Präsenz zu machen und nur die Atmung ist da das akkurate Mittel. Es fühlt sich an wie ein kleiner Tod, aber das Gegenteil ist der Fall, denn Präsenz bringt in einem Menschen natürlich eher Leben und Gesundheit als Krankheit und Tod.
.... es ist halt ein gedanklicher Transfer des Begriffs des Todes auf geistige Prozesse. So wird es z.B. in Tibet verstanden, ich empfehle sehr das tibetische Buch vom Leben und Sterben von Sogyal Rinpoche zu diesem Thema. Ein Weltklassiker.