the_pilgrim
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Hivvy, die Elementepfütze
Über einem kleinen Loch im Boden der Wildsau fing die Luft unmerklich an zu flimmern. Das fast unsichtbare Flimmern breitete sich aus, bis es etwa zwei Meter Durchmesser hatte, dann zog es in der Form eines Schwarms winziger, fliegender Ameisen los, um die Aufgaben zu erledigen, für die es angefordert worden war.
Das war Hivvy – und Hivvy war eine Elementepfütze. Ihre Komponenten zerlegten sich nach getaner Arbeit zu einer silbrig glänzenden, zähflüssigen Masse, die für das normale Auge nicht sichtbar war. Ihr Bewusstsein, wenn man es so nennen wollte, war dann auf standby. Hivvy war das, was die scheinbaren Wunder der Wildsau bewirkte. Sie war instant–Materie, die sich – für alle anderen – mit der Geschwindigkeit eines Gedankens zu dem materialisierte, was gerade gewünscht wurde. Was manche mit Begriffen wie „Wunder”, „Magie” oder „Dimensionsloch” erklärten, war also nur eine ganz profane, semi–bewusste Masse aus Atomen, die spontan die gewünschte Realität formten.
In der Wildsau war Hivvy die Pfütze für alles. Dreck, Müll, überflüssig oder unbrauchbar gewordene Dinge, kurz alles, woran niemand mehr einen Gedanken verschwendete, sammelte Hivvy ein und assimilierte es, indem sie alles in die jeweiligen Atome zerlegte und sich einverleibte. Die so gesammelten Atome bildeten Hivvy, und somit die Basis für das, was bei Bedarf erschaffen wurde.
Wesen wie Menschen, Dschinn oder Dämonen konnten Hivvy nicht wahrnehmen, daher sah es für sie so aus, als würden sich Dinge auf ein Fingerschnippsen hin materialisieren. Zeit ist relativ und wird von verschiedenen Spezies ganz unterschiedlich wahrgenommen. Hivvy konnte Zeit endlos dehnen und in dieser gedehnten Zeit verwandelte sie sich, flog los, erledigte den Job, flog zurück, verwandelte sich wieder in eine Pfütze, und erst dann floss die Zeit im üblichen Tempo weiter. Die Wildsau war sich bewusst, dass Hivvy existierte, und wusste auch, was Hivvy tat, aber auch sie konnte die Elementepfütze nicht sehen. Sie konnte zwar durch die Zeit reisen, ja, aber Zeit manipulieren – so wie Hivvy – konnte sie nicht.
Wenn es in der Wildsau nichts zu tun gab, wenn alles sauber und aufgeräumt war und niemand etwas haben wollte, nutzte Hivvy manchmal die Gelegenheit um zu wachsen. Sie dehnte dann wie gewohnt die Zeit und bewegte sich nach draußen. 'Draußen' war in der Wildsau relativ, aber für Hivvy spielte der Ort keine Rolle.
Der Zufall wollte es, dass sie auf der Erde landete, zur Regenzeit irgendwo in einem Dschungel. Am Himmel braute sich ein Gewitter zusammen. Ein starker Wind wirbelte Hivvy durcheinander, aber nur ein bisschen und nur, weil sie gerade ihre Lieblingsform angenommen hatte und – wie meistens – als geflügelter Ameisenschwarm durch die Gegend flog. An einer passenden Stelle ließ sie sich in ihre Atome zerfallen und sammelte sich als Pfütze in einem und um einen kleinen Müllberg herum. Hivvy dehnte die Zeit, zerlegte den Müll und wuchs vor sich hin, als das Gewitter im Zeitlupentempo über sie hinweg donnerte. Ein gewaltiger Blitz zuckte aus den schwarzen Wolken durch die dicken Regentropfen direkt auf Hivvy zu, die dieser Tatsache keine Beachtung schenkte, und so konnte der Blitz ungehindert ausgerechnet mitten in die anderweitig beschäftigte Elementepfütze fahren.
Hivvy blinzelte. Nein, eigentlich nicht, denn Hivvy hatte gerade weder Augen noch überhaupt eine feste Form, aber sie fühlte eine Art Blinzeln in sich. Sie war verwirrt. Dann war sie verwirrt darüber, dass sie verwirrt war. Was war das? Was war passiert? Der Assimilierungsprozess stoppte. Ganz still lag die Pfütze da und rührte sich nicht. Zeit verging für sie plötzlich im normalen Tempo und Hivvy konnte nichts dagegen tun! Völlig verschreckt (verschreckt?!) wurde sie wieder zu einem Ameisenschwarm, zerstob in alle Richtungen, zog sich wieder zusammen, platschte hysterisch (hysterisch?!) zurück in die Pfützenform und nahm dann in rasendem Tempo nacheinander alle möglichen Formen an, die sie jemals gehabt hatte. Das waren viele.
Nach und nach wurde das Formflackern langsamer, bis Hivvy schließlich wieder als Pfütze in dem und um den halb zerfallenen Müllberg herum zur Ruhe kam. Auch Ruhe ist relativ. Hivvy war emotional –emotional?!– außer sich, aber gleichzeitig wie erstarrt, sie konnte sich nicht mehr bewegen, sie konnte nur noch eine Pfütze sein, mehr ging nicht. Mit der aktuellen Situation völlig überfordert, war Hivvy in eine katatonische Starre gefallen. Regen fiel in dicken Tropfen prasselnd in die schockierte Elementepfütze.
Amanda, Nesodora und Gandrocks
Josh drehte sich sorgenvoll zu Renko um, der seufzend ins Leere starrte und nach wie vor ganz und gar in seiner eigenen Welt versunken war. Es war immer noch gruselig, auch wenn Renko inzwischen wenigstens seufzte. Was ging bloß in seinem Kopf vor? Oder nein, Josh wollte es lieber doch nicht wissen. Es sah ungesund aus, dieses blicklose Gestarre und das Seufzen. Gruselig. Einfach nur gruselig.
Josh sah wieder nach vorne und ergab sich dem Schaukeln des Gandrocks, auf dem er saß. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Er war dem Vorschlag der Wildsau–KI gefolgt und nun befand er sich zusammen mit Renko auf dem langen, langen Weg zu einer Oase auf dem Planeten Nesodora. Wie viele Tage waren sie jetzt schon unterwegs? Er wusste es nicht, hatte jedes Gefühl für die Zeit verloren. Schritt für Schritt schaukelten sie auf ihren Kamel–artigen, mechatronischen Gandrocks ihrem Ziel entgegen durch endlose Wüste. Abends wurde es dunkel, morgens wieder hell. Mehr passierte nicht. Fast beneidete Josh Renko um seinen Zustand.
Über einem kleinen Loch im Boden der Wildsau fing die Luft unmerklich an zu flimmern. Das fast unsichtbare Flimmern breitete sich aus, bis es etwa zwei Meter Durchmesser hatte, dann zog es in der Form eines Schwarms winziger, fliegender Ameisen los, um die Aufgaben zu erledigen, für die es angefordert worden war.
Das war Hivvy – und Hivvy war eine Elementepfütze. Ihre Komponenten zerlegten sich nach getaner Arbeit zu einer silbrig glänzenden, zähflüssigen Masse, die für das normale Auge nicht sichtbar war. Ihr Bewusstsein, wenn man es so nennen wollte, war dann auf standby. Hivvy war das, was die scheinbaren Wunder der Wildsau bewirkte. Sie war instant–Materie, die sich – für alle anderen – mit der Geschwindigkeit eines Gedankens zu dem materialisierte, was gerade gewünscht wurde. Was manche mit Begriffen wie „Wunder”, „Magie” oder „Dimensionsloch” erklärten, war also nur eine ganz profane, semi–bewusste Masse aus Atomen, die spontan die gewünschte Realität formten.
In der Wildsau war Hivvy die Pfütze für alles. Dreck, Müll, überflüssig oder unbrauchbar gewordene Dinge, kurz alles, woran niemand mehr einen Gedanken verschwendete, sammelte Hivvy ein und assimilierte es, indem sie alles in die jeweiligen Atome zerlegte und sich einverleibte. Die so gesammelten Atome bildeten Hivvy, und somit die Basis für das, was bei Bedarf erschaffen wurde.
Wesen wie Menschen, Dschinn oder Dämonen konnten Hivvy nicht wahrnehmen, daher sah es für sie so aus, als würden sich Dinge auf ein Fingerschnippsen hin materialisieren. Zeit ist relativ und wird von verschiedenen Spezies ganz unterschiedlich wahrgenommen. Hivvy konnte Zeit endlos dehnen und in dieser gedehnten Zeit verwandelte sie sich, flog los, erledigte den Job, flog zurück, verwandelte sich wieder in eine Pfütze, und erst dann floss die Zeit im üblichen Tempo weiter. Die Wildsau war sich bewusst, dass Hivvy existierte, und wusste auch, was Hivvy tat, aber auch sie konnte die Elementepfütze nicht sehen. Sie konnte zwar durch die Zeit reisen, ja, aber Zeit manipulieren – so wie Hivvy – konnte sie nicht.
Wenn es in der Wildsau nichts zu tun gab, wenn alles sauber und aufgeräumt war und niemand etwas haben wollte, nutzte Hivvy manchmal die Gelegenheit um zu wachsen. Sie dehnte dann wie gewohnt die Zeit und bewegte sich nach draußen. 'Draußen' war in der Wildsau relativ, aber für Hivvy spielte der Ort keine Rolle.
Der Zufall wollte es, dass sie auf der Erde landete, zur Regenzeit irgendwo in einem Dschungel. Am Himmel braute sich ein Gewitter zusammen. Ein starker Wind wirbelte Hivvy durcheinander, aber nur ein bisschen und nur, weil sie gerade ihre Lieblingsform angenommen hatte und – wie meistens – als geflügelter Ameisenschwarm durch die Gegend flog. An einer passenden Stelle ließ sie sich in ihre Atome zerfallen und sammelte sich als Pfütze in einem und um einen kleinen Müllberg herum. Hivvy dehnte die Zeit, zerlegte den Müll und wuchs vor sich hin, als das Gewitter im Zeitlupentempo über sie hinweg donnerte. Ein gewaltiger Blitz zuckte aus den schwarzen Wolken durch die dicken Regentropfen direkt auf Hivvy zu, die dieser Tatsache keine Beachtung schenkte, und so konnte der Blitz ungehindert ausgerechnet mitten in die anderweitig beschäftigte Elementepfütze fahren.
Hivvy blinzelte. Nein, eigentlich nicht, denn Hivvy hatte gerade weder Augen noch überhaupt eine feste Form, aber sie fühlte eine Art Blinzeln in sich. Sie war verwirrt. Dann war sie verwirrt darüber, dass sie verwirrt war. Was war das? Was war passiert? Der Assimilierungsprozess stoppte. Ganz still lag die Pfütze da und rührte sich nicht. Zeit verging für sie plötzlich im normalen Tempo und Hivvy konnte nichts dagegen tun! Völlig verschreckt (verschreckt?!) wurde sie wieder zu einem Ameisenschwarm, zerstob in alle Richtungen, zog sich wieder zusammen, platschte hysterisch (hysterisch?!) zurück in die Pfützenform und nahm dann in rasendem Tempo nacheinander alle möglichen Formen an, die sie jemals gehabt hatte. Das waren viele.
Nach und nach wurde das Formflackern langsamer, bis Hivvy schließlich wieder als Pfütze in dem und um den halb zerfallenen Müllberg herum zur Ruhe kam. Auch Ruhe ist relativ. Hivvy war emotional –emotional?!– außer sich, aber gleichzeitig wie erstarrt, sie konnte sich nicht mehr bewegen, sie konnte nur noch eine Pfütze sein, mehr ging nicht. Mit der aktuellen Situation völlig überfordert, war Hivvy in eine katatonische Starre gefallen. Regen fiel in dicken Tropfen prasselnd in die schockierte Elementepfütze.
Amanda, Nesodora und Gandrocks
Josh drehte sich sorgenvoll zu Renko um, der seufzend ins Leere starrte und nach wie vor ganz und gar in seiner eigenen Welt versunken war. Es war immer noch gruselig, auch wenn Renko inzwischen wenigstens seufzte. Was ging bloß in seinem Kopf vor? Oder nein, Josh wollte es lieber doch nicht wissen. Es sah ungesund aus, dieses blicklose Gestarre und das Seufzen. Gruselig. Einfach nur gruselig.
Josh sah wieder nach vorne und ergab sich dem Schaukeln des Gandrocks, auf dem er saß. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Er war dem Vorschlag der Wildsau–KI gefolgt und nun befand er sich zusammen mit Renko auf dem langen, langen Weg zu einer Oase auf dem Planeten Nesodora. Wie viele Tage waren sie jetzt schon unterwegs? Er wusste es nicht, hatte jedes Gefühl für die Zeit verloren. Schritt für Schritt schaukelten sie auf ihren Kamel–artigen, mechatronischen Gandrocks ihrem Ziel entgegen durch endlose Wüste. Abends wurde es dunkel, morgens wieder hell. Mehr passierte nicht. Fast beneidete Josh Renko um seinen Zustand.