Ehrlicherweise muss man sagen, daß die AfD Fragen aufwirft, die den etablierteren Parteien unagenehm sind, da sie keine Antworten darauf haben. Nur Notlösungen, um sich - im aktuellen Falle - bis zur Wahl zu hangeln. Allerdings sehe ich bei der AfD ebenfalls keine Antworten, jedenfalls keine zukunftsfähigen, bloß Besitzstandswahrung und Verteidigung von Privilegien.
Ich sehe heute keine positiven Visionen mehr in der Politik, bloß noch Angst vor der Zukunft. Und vorgebliche Sachzwänge.
Das Vertrauen in ein "Weiter so" ist erschüttert, weil die Welt sich offenkundig wandelt, den Menschen Veränderung aber nur als Bedrohung erscheint.
Vielleicht ist es an Menschen, wie man sie hier im Forum findet, die sich nicht bloß für Fernsehprogramm, Bausparvertrag und Fußballergebnisse interessieren, in die Gesellschaft hineinzuwirken, um Antworten zu finden. Ich bin fest davon überzeugt, daß die Erfahrung von Solidarität, Mitmenschlichkeit, spiritueller Entfaltung, einen Mehrwert bietet, der die Fixierung auf den materiellen Wohlstand in den Hintergrund rückt.
Dafür muss man aber tatsächlich auch dahin gehen, wo es wehtut, und verunsicherte Menschen nicht per se als Nazis abstempeln.
Natürlich reibt sich die Neue Rechte die Hände, da mit der AfD als Vehikel eine Verschiebung des Diskurses weit nach rechts gelungen ist, ähnlich wie in den USA und in anderen Staaten, und bei vielen Menschen - leider gerade in Ostdeutschland - hat sich eine Ideologie verfestigt, der man zum Teil handgreiflich entgegentreten muss, aber die meisten lassen sich noch immer bei ihrer Menschlichkeit packen.
Ich glaube, gerade die Möglichkeit, sich als Mensch zu zeigen, fehlt in der aktuellen Gesellschaft. Vereinzelung und ein Übermaß an (Pseudo)Information, führen zu tiefer Verunsicherung und Überforderung. Wie glücklich Menschen plötzlich sind, wenn man ihnen einfach zuhört, sie nicht direkt auf den Prüfstand stellt und herausfordert; ihnen Teilhabe ermöglicht, die sich nicht in Geld umrechnen lassen muss.
Ein Problem übrigens, das auch sogenannte migrantische Millieus betrifft. In dritter, vierter Generation hier im Lande, aber oft immer noch am Rande der Gesellschaft. Plötzlich entdecken sie eine Identität für sich, der zu entfliehen ihre Großeltern noch froh waren.
In meiner Jugend fingen die Frustrierten zu kiffen an, wurden vielleicht kleinkriminell. Heute liebäugelt man mit dem Djihad.
Es sind Produkte unserer Gesellschaft, genau wie die sogenannten Ossis. Die Wiedervereinigung ist bald 30 Jahre her.
Etwas sehr pathetisch, aber um mal Bert Brecht einzuspannen: Gebt keinen euresgleichen auf.