Bis in die 70er
Es war eine recht schöne Zeit, besonders wenn ich von heute aus zurück blicke.
In der Krupp-Siedlung in der ich bei meinem Grossvater lebte, waren wir viele Kinder aller Altersgruppen. Es waren genügend Platz, viele Wiesen und Spielplätze vorhanden.
Draussen war immer was los und wenn es mal regnete, warteten wir ungeduldig ab bis es wieder aufhörte, um sofort nach draussen zu stürmen. Mit der "Kniffte" in der Hand ab nach draussen. Einmal fiel sie mir in den Rinnstein in dem noch das Regenwasser stand. Aufgehoben. Abgewischt. Weiter gegessen.
Immer an der frischen Luft und viel Bewegung.
Sagrotan kannten wir nicht. Ja, ein paar Mal war ich krank. Auch mit Fieber, bis 40°. Aber meine Abwehr steht bis heute.
Zur Grundschule musste ich nur über die Strasse und die Fussgängerampel war direkt vor der Haustür. Meine Mutter hat mich einmal hin gebracht und mir alles gezeigt. Danach war sie nie mehr da.
Nach 4 Jahren ging es auf's Gymnasium. Meine Mutter zeigte mir 1 x den langen Weg mit der Strassenbahn, wo ich umsteigen musste und wo ich meine Monatskarte kaufen konnte. Nach einer Weile fuhr ich mit dem Rad, wie viele andere Mitschüler auch.
Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand von seinen Eltern gefahren worden ist. An das Einpacken meiner Pausenbrote musste ich selber denken. Ein knurrender Magen hatte einen hilfreichen Erinnerungswert.
McDonalds und Burger King gab's nicht.
Waren die Noten mal schlecht, machten mir meine Eltern klar, dass ich dafür verantwortlich war. Es wäre niemand auf die Idee gekommen, einen Anwalt einzuschalten oder mich zum Psychologen zu schicken. Unsere Probleme haben wir selber gelöst.
Es gab kein Internet, kein WhatsApp und keine Handys und das Fernsehprogramm begann erst um 18.00 Uhr. Die Geschäfte schlossen pünktlich um 18.30 Uhr und Samstags um 13.00 Uhr. Es ist keiner verhungert.
Als Jugendliche trafen wir uns an unseren "speziellen" Treffpunkten. Einer war immer da. Oder im Fussball,- Schwimm,- oder Tischtennisverein. Auch Jugendheime gab es damals noch, mit Disco am Freitagabend, oder wir haben selber Feten organisiert.
Wir habens hingekriegt. Ohne Handys. Wir haben miteinander gesprochen. Von Angesicht zu Angesicht. Wir waren Freunde und haben einander geholfen.
Und irgendwann kam dann die erste Freundin. Haut an Haut, selbst gespürt, selbst berührt. Mit Gefühl. Und wurde mal "Schluss" gemacht, dann persönlich - nicht per SMS. Da musste man dann durch. Die Verantwortung konnte keiner abgeben und musste es selbst erledigen.
Vieles hat sich verändert.
Die Kinder und Jugendlichen von heute haben viel mehr als wir damals, aber es fehlen vielen ihnen auch wesentliche Dinge. Leider. Dies soll kein Vorwurf sein. Es ist ein Teil unserer gesellschaftlichen Entwicklung.
Na, jedenfalls bin ich heute irgendwie froh, dass ich in den Siebzigern schon ein Jugendlicher war.
Quo vadis?
H.A. - hier genannt Tolkien