Andere Lieder, in denen der Karneval die Religion bemüht, sind sehr viel schlichter. Willi Millowitsch klingt noch im Ohr, wenn es heißt: „Schnaps! Das war sein letztes Wort, dann trugen ihn die Englein fort!“ „Und so kam er in den Himmel, und man hat ihm Milch serviert. Gegen diese Art Behandlung hat der Lümmel protestiert!“ In der Hölle fand der Säufer auch nur Schwefel und irrt seitdem im Weltall umher wo es zwar Raketen, aber keine Kneipen gibt. So mancher Zeitgenosse fand dieses Lied so gar nicht lustig, wurde in ihm doch – angeblich – die Alkoholsucht banalisiert. Dass Karneval die Werte „verkehrt rum“ gelten und dieses Lied darum „richtig rum“ ist, haben diese unerleuchteten Kritikaster nicht verstanden. Sie würden auch dieses Lied nicht verstehen, das eben nicht der Sinneslust das Wort redet, sondern fastnachtlich auf die Endlichkeit aufmerksam macht: „Ich well keinen Daach verjevve en mingem Levve, keinen Daach ohne irjend en Freud. Ich hau op d’r Putz sulang et noch jeiht, denn et Levve duert kein Iwischkeit.“ Und überhaupt: Ein wesentlicher Grundzug der Fastnacht ist die Melancholie, das Wissen um das kommende Ende der Fastnacht und des eigenen Lebens. Die Mega-Hymne der christlichen Fastnacht lautet deshalb: „Trinke die Freude, denn heut 'ist heut', das, was erfreut, hat noch nie gereut. Fülle mit Leichtsinn dir den Pokal: Karneval, Karneval! Hast du zum Küssen Gelegenheit, Mensch, dann geh’ ’ran mit Verwegenheit. Sag’ niemals „Nein“, wenn das Glück dir winkt, bald das Finale erklingt: Am Aschermittwoch ist alles vorbei, die Schwüre von Treue, sie brechen entzwei. Von all’ deinen Küssen darf ich nichts mehr wissen, wie schön es auch sei, dann ist alles vorbei!“ Wie richtig und wahr. Aber wir wären nicht im Rheinland, wenn das nicht auch noch gefeiert würde. Die Personifikation der Fastnacht ist der „Nubbel“ in Köln. Am Ende der Fastnacht wird er schuldig aller Vergehen (der anderen!) gesprochen, hingerichtet und begraben. Das geht natürlich nicht ohne Gesang: „Un schleif mer dann dä Nubbel an d’r Weetschaffsdür erus, em Hetz e besje Wehmut, weil mer weiß, et es jetz Schluss, dä Pastor sprich, die Quetsch, die spellt et Äschermettwochsleed, et letzte Ründche Kölsch, dat kütt vom Weet.“