Es ist nicht bloss interessant, sondern richtiggehend haarsträubend zu sehen, wie solche Dinge funktionieren. Dass da in den nächsten 20 oder 30 Jahren grundlegende Änderungen zu erwarten sind, glaube ich nicht. Bis endlich einmal die Wissenschaftler als Gros selbst begreifen, wo der Fehler liegt, den sie ständig begehen, da braucht's wohl noch weitere 150 Jahre oder so.jake schrieb:pinker's thesen - und viele ähnliche der aktuellen gehirnforschung, die unter andrem ja auch experimentell die nicht-existenz des freien willens bewiesen zu haben meinen - haben durch die bank den gleichen knackpunkt: sie untersuchen mit großer akribie ein werkzeug und meinen, damit gleichzeitig aussagen über den prozess der arbeit und das entstehende werkstück machen zu können bzw. über den, der mit dem werkzeug operiert.
dass wir an genetische rahmenbedingungen gebunden sind - na ned... dass uns diese rahmenbedingungen deterministisch definieren: dazu fehlt die korrekte versuchsanordnung. dazu müsste ich prognostizieren, wie sich ein mensch in einer offenen situation übermorgen verhalten wird. und dann bräuchte ich ein paar der identischen menschen als vergleichsgruppe. das geht aber nicht.
etc. pp.
Das Schlimme ist, dass diese Wissenschaftler dann obendrein noch in Expertengremien vertreten sind, welche wiederum Empfehlungen für Gesetzestexte abgeben.
So weit ich sehe ist es typisch für heutige Wissenschaft:
- Die Ergebnisse einer Versuchsanordnung mit der Interpretation dieser Ergebnisse illegitim zu vermengen.
- Monokausal und linear zu denken und entsprechend zu extrapolieren.
- Gewisse gegebene Sachverhalte grob fahrlässig zu vernachlässigen oder deren Existenz schlicht zu leugnen.
- Falls diese Sachverhalte nicht geleugnet werden können, sie in einer höchst fragwürdigen Weise auf einzelne Variablen zu reduzieren, welche der Komplexität der Situation beinahe nie gerecht werden.
- Den statischen Urzustand eines Systems mit der dynamischen Entwicklung zu vermengen und keine genaue Unterscheidung hierin zu geben.
- Und vieles anderes.
Inzwischen habe ich den starken Eindruck, viele Wissenschaftler sind gar nicht in der Lage, diese genannten Einwände zu begreifen, da sie nicht erkennen (können oder wollen), wo die Grundannahmen ihres eigenen Denkens liegen.
Wenn ich heute etwas lese wie:
Dann gähne ich nicht einmal mehr. Solche "Wissenschaftlichkeit" mag womöglich noch gerade gut genug für Populärmagazine oder für grosse Auflagen sein, einer strengeren Überprüfung hält keine solche Hypothese stand. Dennoch ist es erstaunlich, wie hartnäckig gerade viele Wissenschaftler an diesem Paradigma festhalten.Doch die Wissenschaft, allen voran Steven Pinker, dessen Buch ich gerade lese, hat bewiesen, dass überwiegend, nicht hauptsächlich, die individuelle Genetik dafür verantwortlich ist, wie sich ein Mensch entwickelt, ob er unmoralischer ist, ob er gläubig ist oder nicht. Einfach alles.
Naja, das Schöne an der Wissenschaft ist, am Ende setzten sich noch immer die besseren Theorien durch. Manchmal dauert es halt 150 Jahre. Oder auch noch ein paar Jahre mehr.