Hallo Simi ,
sicherlich bist du auf dem richtigen Weg, wenn du alles mit Angst in Verbindung bringst. Für mich hat sich schon längst die Frage erhoben, ob auf diesem Planeten eigentlich irgendetwas nicht aus Angst geschieht. Warum läutet dein Wecker überhaupt frühmorgens? Aus Angst vor dem Chef, oder vor der Geldlosigleit? Geschieht das was du den Rest des Tages tust auch aus Angst?
Hi Default
Ja genau, da bist du aber auch auf dem richtigen Weg, wenn du dir eine solche Frage stellst.
Es gibt nur zwei Handlungsmotive- Angst oder Liebe. Und mit der Liebe, damit ist es nicht weit her in der Welt, nicht wahr? Heute morgen hat tatsächlich mein Wecker geklingelt, woher weisste das? Ich warte nämlich auf einen Handwerker, der ist schon ne Stunde überfällig. Ansonsten läutet mein Wecker nicht, ich schlaf' aus. Und dann tue ich, was mir Freude macht. Hier lesen oder schreiben, mit Menschen sprechen- und lernen. Geld stellt Gott mir zur Verfügung, der is' mein Chef.
Und gerade deshalb scheint mir der Arbeitsprozess eine wesentliche Rolle zu spielen. Ich zum Beispiel arbeite gerne. Wenn ich zum Beispiel am Nachmittag Feuerholz suchen gehe, dann Holz hacke, um am Abend um am Abend ein schönes, gemütliches Lagerfeuer für euch zu machen, dann füllt mich das total aus, und es freut mich, wenn es euch gefällt.
Ja, ich auch. Ich bin handwerklich geschickt und helf' gerne Leuten beim Tapezieren, Streichen, Möbel zusammenbauen, Laminat oder Fliesen legen oder sowas, das macht mir Freude. Arbeit gibt's genug, bloss Geld gibt's nich' dafür.
Wenn ich aber z.B. im Produktionsprozess an einem Teil arbeite, von dem niemandem gesagt wird wozu es eigentllich gebraucht wird, und jeder ist grundsätzlich sauer, weil der Kram nämlich keine Sau interessiert, und der Chef ist am allermeisten sauer, denn der ist auch nur Befehlsempfänger und steht zwischen den Fronten, und ich hinterher erfahre, das Teil gehört zu einem Atom-U-Boot, das nach Israel geliefert wird, dann frage ich eben nach der Sinnhaftigkeit der Arbeit. Punkt.
Punkt, hehe, sag' ich auch immer. Ja, ich kenn' den Scheiss, is' mir auch passiert. Ich war mal technische Zeichnerin, Maschinenbau. Da kam mein Chef und legt mir einen Auftrag hin für's israelische Militär, Getriebe für ein Amphibienfahrzeug, das Ding hiess "Blumenpflückmaschine", grins. Wie, was, sag' ich, Blumen pflücken unter Wasser- oder wie? Mach' ich nich'. Riesentheater, von wegen Arbeitsverweigerung und so, aber ich hab's nicht bearbeitet. Natürlich hat der Chef es dann einem Kollegen von mir übergeben, der hat's dann gemacht.
Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt für mich war später was ganz anderes. Ich konnte überhaupt nicht mehr mit anderen Menschen zusammenarbeiten, weil deren Zielsetzung immer eine ganz andere war als meine, egal, was produziert wurde. Es ging darum, wie produziert und gearbeitet wurde. Den Blick starr ausgerichtet auf die drei Dinge- Geld, gutes Ansehen und alles möglichst schnell erledigen. Ich konnte das nicht mehr- und ich wollte das auch nicht mehr. Aber- was tun, stattdessen? Kündigen- und dann? Von was für Geld leben? In anderen Jobs sieht der Arbeitsprozess genauso aus, sinnentleert.
Es ist immer dasselbe, auf dem Weg. Was man hat, das passt nicht, das will man nicht. Was man wirklich will, das weiss man nicht so genau, nur irgendwie anderes soll es sein, damit es mich glücklich macht. Ich kann nur wieder dasselbe sagen- ich hab' immer bloss rausgefunden, was es
nicht ist- und das hab' ich dann gelassen. Also hab' ich gekündigt. Um das tun zu können, denn das ist ja voll der Blindflug, da muss man Gottvertrauen haben. Gott macht das schon, dessen muss man gewiss sein, sonst traut man sich nicht.
Was befürchtest du, wird passieren, wenn du kündigst?
lg