Verloren?

A

Astarte

Guest
Hallo an alle,

in den letzten Tagen verzeichnete ich einen ebenso überraschenden wie zweifelhaften Erkenntnisgewinn, da mir sehr drastisch meine Dauer-Krise gegenübertrat: meine Tendenzen zur Flucht aus dieser Welt. Hat jemand von Euch Erfahrung mit dem Thema? Wenn ja, wie geht Ihr damit um?

Eines Morgens wachte ich um 6.00 Uhr in der Früh auf. Das war schon ungewöhnlich genug, pflegte ich doch sonst eher auszuschlafen. Doch noch bemerkenswerter war der Traum, der mir ob der langen Aufwachphase im Gedächtnis geblieben war.
Es war kein angenehmer Traum, konfrontierte er mich doch schonungslos mit der Gefahr und mit der Lust am Untergang. Kurz gesagt: es ging um eine aberwitzige Verfolgungsjagd. Das Szenario hatte etwas vom Fantasy-Live-Rollenspiel, wirkte aber auch real. Nach einem bewaffneten Angriff, der unserer ganzen Gruppe galt, floh ich vor einem der Angreifer, dessen Zorn ich mir zugezogen, indem ich ihm seine Armbrust weggenommen und ihm obendrein noch einen Tritt verpaßt hatte. Es handelte sich um einen kleinen blonden Jungen, 6 oder 7 Jahre, der etwas Zombiges an sich hatte. Hartnäckig blieb er mir auf den Fersen. Die Jagd ging quer durch den Wald und über einen belebten Strand. Immer, wenn ich glaubte, ihn abgeschüttelt zu haben, holte er mich wieder ein. Einmal wandte ich mich um, schoß mit der Armbrust nach ihm und verfehlte ihn. In einem Anfall von schlechtem Gewissen warf ich die Armbrust weg und rannte weiter. Es wurde dunkel, es wurde Nacht. In den beleuchteten Straßen einer Siedlung kam mir eine Gruppe singender und blumenbekränzter Jungfrauen entgegen. Unter ihnen auch eine Freundin, nennen wir sie mal Katja. Ich eilte an ihnen vorbei, in der Hoffnung, sie mögen meinen Verfolger aufhalten. Das taten sie auch, aber auch das hielt das Unheil nur für kurze Zeit auf. Schließlich war ich des Weglaufens müde und drehte mich zu meinem Feinde um, ohne einen Plan, was nun zu tun sei. Er streckte mich mit dem Kurzschwert gnadenlos nieder. Auch die Rechnung, wenn ich am Boden liege, ließe er von mir ab, ging leider nicht auf; mit sichtlichem Triumph bohrte er seine Klinge in meinen Hals und versetzte mir so den Todesstoß. Im Sterben empfand ich Bedauern, aber auch einen gewissen Genuß und Erleichterung. Ich bekam noch mit, wie Katja zu mir eilte und um mich trauerte.

Welche Scham, welche Schmach! Warum kam ich nicht auf die Idee, mir eine Waffe zu suchen und diesem Rotzlöffel den Garaus zu machen? Warum gab ich am Ende so willenlos auf und ließ mich quasi abschlachten? Warum rannte ich vorher die ganze Zeit davon? Besser: wovor rannte ich eigentlich davon? Was symbolisierte dieser Kinder-Zombie?
Soetwas wie das innere Kind, wie mein Gemahl traumdeutenderweise vermutet? Geht von ihm eine Gefahr aus, die, wenn ich nicht dagegen vorgehe (und zwar effektiv und nicht bloß irgendwie), mich zur Strecke bringen kann?

Ach ja, das liebe innere Kind! Das hat mir gerade noch gefehlt. Was fällt ihm eigentlich ein, mich derart zu behelligen? Ich brauche es nicht, ich will es auch nicht bemuttern und liebhaben und trösten und diesen ganzen Quatsch, den man immer in den Lehrbüchern liest. Zum Henker mit ihm! Wenn es schon zum Zombie mutiert ist und mir nach dem Leben trachtet, dann kann es auch gerne selber verrecken. Warum sollte ich Mitleid mit ihm haben, mit diesem quengelnden und quakenden Etwas, das mir nur zusetzt? Wenn es einen Weg gibt, ihn zu eliminieren, dann werde ich das tun.

Als ich den Traum in mein Traumtagebuch notierte, bemerkte ich wieder deutlich, was mich in den letzten Tagen - nicht zum erstenmal, aber nun mit erschreckender Klarheit - beschäftigte: das Gefühl, verloren zu sein. Nicht hierher zu gehören, nichts zu haben, was mich wirklich in dieser Welt hält. Objektiv betrachtet ist diese Behauptung unhaltbar. Es mangelt mir an nichts, ich lebe in einer gelungenen Beziehung, ich gehöre zu denen, mit denen das Leben es gut meint und die fast alles erreichen, was sie wollen. Aber tief in mir, da sieht es anders aus, da ist es, als ob ein Anker fehlte, ein Halt, eine Sicherheit, die mir meine Zugehörigkeit im Leben weist. In WALTER MOERS’ „Die Stadt der Träumenden Bücher“ las ich einmal folgendes: „Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir; das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.“ Wie tief fühlte ich mich von diesem Zitat angesprochen. Fremd bin ich überall, nur auf der Durchreise; warum sollte ich mich hier also lange aufhalten?

Es ist ja nicht so, daß mich dieses Phänomen völlig überrascht. Fluchtgedanken, Suizid- und Todesphantasien kamen immer wieder mal, besonders dann, wenn ich ob einer Sache – in den letzten Jahren vorwiegend die Dissertation, die unselige Aufschieberei der Arbeit an derselben, Schlafstörungen – wieder einmal völlig rat- und mutlos war. Ich habe mich daran gewöhnt, ja, bisweilen sogar in einer gewissen Grandiosität der eigenen Tragik geschwelgt: eines Tages würde ich erhobenen Hauptes aus dem Leben gehen, stolz und überzeugt wie ein Rebell zu seiner Hinrichtung, wie ein Terrorist im Anflug auf das World-Trade-Center, und diesen Zeitpunkt würde ich alleine bestimmen und kein anderer. (Nur auf die Einkehr ins Paradies und Gottes Herrlichkeit würde ich nicht spekulieren, der könnte mir nämlich genauso gestohlen bleiben wie der Rest der Welt.) Stand ich zwischendurch wieder mehr im Leben, dann tat ich solche Phantasien als lächerlich ab, brachte sie in unmittelbaren Zusammenhang mit den genannten Schwierigkeiten, mit deren Bewältigung sich auch meine ganzen Neurosen in Schall und Rauch auflösen würden.

Daß ich vielleicht ein grundlegendes Defizit haben könnte, daß ich, völlig unabhängig davon, ob ich meine Diss. schaffe oder nicht, ob ich Professor, Künstler, Buchautor oder sonstwas würde, immer wieder die gleichen Schwierigkeiten haben würde: mit mangelnder Selbstakzeptanz, mit fehlender Arbeitsdisziplin, mit durch jahrzehntelang eingeschliffene Denk- und Verhaltensmuster gezüchtete Neurosen; daß all die genannten Schwierigkeiten vielleicht Ausdruck eines viel tiefer liegenden Problems sein könnten, diese Erkenntnis traf mich mit voller Wucht. Dazu muß ich noch einmal etwas ausholen.

Vor 3 Wochen hatte ich einen Termin bei meiner Psycho-Kinesiologin. Zu dem Zweck, eine Alternative auszutesten zu dem Antidepressivum, das ich seit Jahr und Tag gegen meine Schlafstörungen einnahm und nun am Absetzen bin. Die Technik: mit „Armdrücken“ wurden Ja-Nein-Fragen beantwortet und die hinter einem bestimmten Phänomen stehenden, zu erfragenden seelischen Belastungen zeitlich und thematisch eingegrenzt, bis man auf den Punkt kam. Der Punkt war in meinem Falle eine gestörte Beziehung zur Mutter. Nun, das war mir ja nichts Neues; daß ich sie zeitlebens ablehnte, daß sie in meiner seelischen Landschaft nicht als Mutter einfach nicht existiert, sondern allenfalls als gute Freundin, und auch das Trauma, das dem zugrundelag, waren mir vorher durchaus bekannt. An dieser Stelle verwendete die Kinesiologin ein Verfahren, von dem ich vermute, daß es freie Assozia-tionen bzw. assoziierte Gefühle freisetzen sollte. Ich mußte verschiedenfarbige Brillen aufsetzen, mit meinem Blick der Bewegung ihres Armes folgen und dann sagen, was mir durch den Kopf ging. Es waren 7 oder 8 verschiedene Assoziationen begleitet von heftigen Gefühlen; die Kernaussagen waren folgende: daß ich meine Mutter hasse. Daß ich von ihr nichts an-nehmen will; daß es mein gutes Recht ist, sie abzulehnen. Daß ich mich nirgends zuhause fühle. Und daß ich aus dem Leben strebe (konkret: auf ihre Frage, was ich nun wolle bzw. was mein inniger Wunsch sei – sinngemäß – hatte ich sofort die Assoziation: Kehle durchschneiden).

Hammer! Ist es so? Fehlt mir aufgrund einer mangelnden Tochter-Mutter-Liebe der Halt im Leben? Werde ich aufgrund dieser Tatsache über kurz oder lang den Rückzug aus diesem Leben antreten? Sind meine diesbezüglichen Phantasien etwa mehr als pathetische Spinnereien? Bin ich quasi zum Tode verurteilt, wenn ich es nicht schaffe, dieses Defizit aus dem Weg zu räumen? (Das klingt ja schon wie bei Hellinger!) Wird mich dieser Zombie von einem inneren Kind, nur weil er wütend genug ist, schließlich zur Strecke bringen, wie in meinem Traum? Am besten noch mit meinem Einverständnis, weil: ich möchte ja eh’ sterben?? Bin ich wirklich potentiell so verloren, wie ich mich gelegentlich fühle?

Mein Gefühl sagt: ja. Das Bild ist stimmig. Mein Verstand sagt: weiß nicht. Wer weiß, was für einen Hokuspokus die Kinesiologin da veranstaltet hat? Da ich die Methode nicht durchschaue, zweifle ich auch an den Ergebnissen, d.h. ob da wirklich ein kausaler oder lediglich ein analoger Zusammenhang aufgedeckt wurde, d.h. Gefühle und Assoziationen, die im Raum standen, munter miteinander vermischt wurden. Weiterhin: Solange man zu depressiven Episoden neige, könne man seinen Gefühlen ohnehin nicht trauen; Schwarzseherei und Suizidgedanken seien ja Kennzeichen des Krankheitsbildes.

Nun, das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist noch nicht gesprochen. Die letzte Brille und letzte Assoziation führten in einen Zustand der Verwirrung. Das wurde als ein gutes Zeichen gewertet, das sei der erste Schritt zu einer Veränderung in der Seelenlandschaft. Die Kinesiologin riet mir, an dem Thema zu arbeiten. Wie? Keine Ahnung. Ich hoffe, das werde ich noch rechtzeitig herausfinden.

Grüße, Astarte
 
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Hallo Astarte,
das innere Kind ist ein Wesensanteil von dir, also bist du das innere Kind. Wenn du also bereit bist einen Teil von dir einfach zu töten nur um es irgendwie los zu werden bist du also bereit dich umzubringen nur um deinen Problemen aus dem Weg zu gehen.

Das zeigt sich auch wieder in deiner Weltflucht.
"eines Tages würde ich erhobenen Hauptes aus dem Leben gehen, stolz und überzeugt wie ein Rebell zu seiner Hinrichtung, wie ein Terrorist im Anflug auf das World-Trade-Center, und diesen Zeitpunkt würde ich alleine bestimmen und kein anderer." Aber genau das tust du doch jetzt auch schon!!!! Du bestimmst welchen Weg du gehen willst und welche Mittel du wählst. Solange du die Gewahlt wählst wird die Gewalt dein Leben bestimmen, wenn du nicht bereit bist deine Einstellung mal zu überdenken wird dir kein Mensch dieser Welt dir auch nur einen Schritt weiter helfen können.

"Bin ich quasi zum Tode verurteilt, wenn ich es nicht schaffe, dieses Defizit aus dem Weg zu räumen?"
Ich bin der Meinung wir sind dazu verurteilt uns unsere Probleme immer und immer wieder anzusehen bis wir irgendwann begreifen das wir sie in unser System eingeladen haben und wie wir das getan haben. Also ist nicht der Tod das Ende, sondern die Frage ist wieviele Leben willst du noch an dem festhalten was dich so Quält?

Es ist nicht Einfach sich seinen Problemen zu stellen, das erfordert unglaublich viel Mut und Kraft. Die Entscheidung kann einem auch niemand abnehmen. Wege dazu gibt es zum Glück einige und in dem Moment wenn du wirklich etwas in deinem Leben bewegen willst wirst du auch deinen Weg finden.

Bleibt also am Ende nur die eine kleine Frage: Was willst du wirklich?
 
jeder Gedanke an Selbstmord ist ein kleiner Baustein, ein kleiner Schritt dort hin.
Wenn du nicht aufhörst damit gedanklich zu spielen, dann kann es sein, dass du wie durch einen Sog dahin gezogen wirst. Es sind deine eigenen Gedanken, die dich dort hin ziehen.
Jeder emotional geladene Gedanke ist eine Energie, die erhalten bleibt und diese Energie wird mit jedem neuen Gedanken verstärkt.

Du sehnst dich nach Liebe wie wir alle. Lerne davon zu träumen. Erfülle dir deine Wünsche in deinen Gedanken und stelle Dir vor was nicht ist, damit es werde. Schaffe dir einen kleinen inneren Raum, in dem du vom Glück träumen darfst. Wenn die Sehnsucht groß genug ist, wenn die Gedanken genug Energie haben, dann wird es in Erfüllung gehen, es kommt positive Bewegung in dein Leben hinein.

Der Tod kommt zu jedem von uns und wir nehmen alles was wir hier an Problemen oder Fähigkeiten erworebn haben mit und werden eines Tages damit wiedergeboren werden um genau dort weiter zu machen, wo wir im letzten Leben geendet haben.

Was also soll ein Selbstmord für einen Sinn haben, wenn Du alle Probleme aus diesem Leben mit dir nimmst und damit wieder geboren wirst?

Alle, die Selbstmord begangen haben bereuten es zutiefst. Das sind unvorstellbare Gewissensqualen, denen du dich aussetzen wirst und die Gewissheit, dass du es nicht rückgängig machen KANNST.

Willst Du das? Glaubst Du wirklich Selbstmord ist eine Lösung? Sei Dir sicher er ist es nicht.

Liebe Grüße Willibald
 
Liebe Astarte!

1. Gratuliere zu deiner wirklich genialen Fähigkeit zu formulieren...und das ist mein voller Ernst! Hast du schon mal überlegt, ob du vielleicht Bücher schreiben möchtest?

2. Abgesehen davon.
Davon ausgehend, daß die Seele den Körper bewohnt...ist er ihr auch untertan! Sprich... der Körper reagiert schneller als deine Gedanken! Er folgt deinem innersten Wesen/ deiner inneren Weisheit... und wenn du gegen diese 'verstossen' möchtest...kann er keine Spannung aufbauen! Daher kann man anhand des Armtestes blitzschnell Fragen beantworten...
"Es stimmt für mich, daß..." - jede Alternative soll in dieser Form positiv formuliert werden...also nicht als Frage.
Es stimmt für mich, daß ich lüge!
Es stimmt für mich, daß ich die Wahrheit sage!...vielleicht ein dämliches Beispiel... aber: du wirst nur bei dem was für dich WIRKLICH stimmt, die Spannung im Arm halten können.

Wennst das alleine ausprobieren möchtest...und keiner dir den Arm runterdrücken kann, machst den 'Armtest für Singles':
Du nimmst Daumen und Mittelfinger und machst einen Kreis..drückst beide Fingerspitzen aufeinander! Ebenso mit der anderen Hand, aber so, daß diese beide Kreise, ineinander verhackt sind! (Wie zwei Ringe die ineinander hängen). Dann spannst an und versucht die Hände auseinander zu ziehen, damit du einmal siehst wie deine Grundspannung ist.
Wenn du eine Antwort haben willst - formulierst eben "Es stimmt für mich, daß..." und versucht durch Anspannung deiner Arme ...die Hände voneinander zu trennen.
Falls es eine zweite Variante gibt machst du das genauso "Es stimmt für mich, daß..." - und du wirst sehen, bei der Variante die für dich NICHT WIRKLICH STIMMT flutschen die Finger auseinander...bei der stimmigen Variante wird sie selbst ein zweiter nicht trennen können.

Wenn du diesen Test ein paar mal ausprobiert hast, wird dein Verstand schweigen! (weil der aber auch dauernd bei allen essentiellen Dingen dazwischenquatschen muß! :debatte: )

3. Hab ich zu der Variante mit dem Inneren Kind noch eine andere zu bieten :rolleyes: :

Deine Erinnerung scheint in einem Leben festzuhängen, in dem du Tatsächlich durch einen Halsstich ums Leben gekommen bist: Denn 1. stirbst du (durch den Jungen) an einem Halsstich...und hast 2. noch dazu das Bedürfnis dir selber die Kehle durchschneiden zu wollen... (und ich gehe davon aus, daß du dir bei diesem Gedanken auch mit der dafür typischen Handbewegung an den Hals fährst und diese imaginäre Bewegung ausführst.)
Doch diese Variante hier jetzt durch zu analysieren würde den Rahmen sprengen.
Und ich weiß auch nicht, ob dich das wirklich beruhigt, doch wir beschließen viele Leben in einer genialen Mischung aus Trauer und Genugtuung!

:kiss3:
Kuku
 
Hallo liebe Mitleser,

erst einmal vielen Dank für Eure Antworten. Ich werde gleich einzeln auf Eure Beiträge eingehen, möchte aber Folgendes vorwegsagen:

Es ist eine Art Wunder geschehen. Naja, Wunder klingt so dramatisch, nüchtern betrachtet ist es vielleicht die Konsequenz meiner Bemühungen verbunden mit sehr viel Glück, das ich diesmal hatte. Meine Unruhe, intensive Beschäftigung mit dem oben genannten Thema, verbunden mit ein paar Folgeproblemchen, veranlaßten mich spontan, ein weiteres Mal die Kinesiologin aufzusuchen. Ich hatte wieder das Glück, sehr kurzfristig einen Termin zu bekommen, weil ein anderer Patient abgesagt hatte (so war es schon beim ersten Mal); normalerweise muß man mehrere Wochen warten.
Was in dieser einen Stunde passierte, führte dazu, daß ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach von dem Sog befreien konnte, der mich aus dem Leben zog. Es wurde kinesiologisch gearbeitet, es gab eine Mini-Familienaufstellung, es ging um die Loslösung vom Schicksal meines Vaters. Bitte seht es mir nach, wenn ich diesmal nicht im Detail über den Prozeß und seine Ergebnisse berichten möchte. Es ist zu groß, ich möchte es hier nicht zerreden; ich habe es nur für mich aufgeschrieben.

Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr, so viel freier, erlöster, entspannter. Ich habe sicher nicht alle meine Probleme aus der Welt geschafft, aber mit großer Wahrscheinlichkeit ein Kernproblem. Mir ist, als sei ich einen Riesenballast losgeworden, habe ich jetzt erst den Kopf frei, die aktuellen Dinge anzugehen, als sei z.B. die Möglichkeit, die Dissertation zu beenden, zum ersten Mal in greifbare Nähe gerückt. Das ist natürlich Unsinn von außen betrachtet, die noch anstehenden Arbeiten sind nicht mehr und nicht weniger geworden, bloß in meinem Kopf ist auf einmal Mut anstelle von Verzweiflung getreten. Ich fühle keinen Widerstand, keine Angst, keine Abscheu, keine Fluchtwünsche mehr, wenn ich an noch in Angriff zu nehmende Aufgaben, an das vor mir liegende Leben denke. Ich könnte weinen vor Ergriffenheit und Dankbarkeit, ich empfinde es, als sei mir das Leben wiedergeschenkt worden.


@ Chrisi:
Ich tue mich ein wenig schwer, Dir zu antworten. Auf der einen Seite hast Du recht: Gewalt ist keine Lösung und Weglaufen ist auch keine Lösung. Auf der anderen Seite fühle ich mich ein wenig vorschnell abgeurteilt. Aber dafür kannst Du nichts, Du kennst mich ja nicht wirklich. Ich bin keineswegs der "Wegläufer", ich bin, wenn es um handfeste Dinge geht, eher ein Macher-Typ. Wenn ein Problem auftaucht, wird nicht lange gefackelt, da wird es gelöst. Was psychische Probleme angeht, kannst Du mir glauben, da suchte ich schon seit Jahren um Lösungen, nur lagen die eben nicht so auf der Hand. Es war ein langer Weg dorthin, wo ich heute stehe, ein Weg, auf dem ich 1000 mal verzweifelte und mir 1000 mal neuen Mut zusprach, den Kampf wieder aufzunehmen. Nur wenn man zu lange das Gefühl hat, daß man vergebens kämpft, dann hat man irgendwann auch keine Lust mehr. Läuft man dann wirklich davon? Ich habe mehrere Therapeuten "verschlissen", bis ich genügend Vertrauen faßte, bis ich eine Möglichkeit und auch einen Sinn darin fand, die Leichen aus dem Keller zu holen. Lief ich deswegen davon?
Ich bin übrigens nach wie vor der Meinung, daß jeder, der dieses Leben nicht leben will, das Recht hat es zu beenden. Das einzige Argument, das ich dagegen abwiegen würde, wäre: kann ich es verantworten, damit den Menschen, die mir nahe stehen, solches Leid zuzufügen? Aber diese Frage muß jeder mit sich selbst klären. Ich teile auch nicht die Auffassung, daß wir mehrere Leben leben müssen, bis wir bestimmte Aufgaben gelöst oder unser Karma abgearbeitet haben.
Zum inneren Kind: das ist noch ein unsicherer Punkt von mir. Daß es sich zum Henker scheren soll, habe ich in Rage so gesagt. Inzwischen stehe ich nicht mehr dahinter, bin irgendwie versöhnter. Tatsache ist: Ich weiß noch nicht, wie ich wirklich damit damit umgehen soll. Ich finde zugegebenermaßen auch die Vorstellung etwas albern, daß da so ein kleines Rabääh sei, daß dauernd nach Zuwendung verlange. Aber vermutlich handelt es sich bei dem "inneren Kind" um ein Modell für einen Anteil in uns, der Defitite hat.
Im übrigen aber glaube und hoffe ich, nun einen Weg gefunden zu haben, der mich wieder zurück ins Leben bringt.

@ Astroharry:
vielen Dank für Deine Worte. Ich weiß, da ist was Wahres dran: Gedanken, die man immer wieder denkt, bahnen den Weg zur Tat. Seit der zweiten Therapiesitzung ist es mir gelungen, keinen weiteren Gedanken mehr an die Todessehnsucht zu verschwenden. Ich hoffe, das wird so bleiben.
Du schlägst mir vor, vom Glück zu träumen ... ich muß eigentlich nicht davon träumen, ich habe es hier vor meiner Nase. Ich wohne fast am Meer (das Wasser und das Meer bedeuten mir sehr viel), ich werde geliebt in meiner Beziehung, ich habe Pläne für die Zukunft und die Gegenwart; daran mangelte es gestern und heute nicht.

@ Kuku
Zu 1.) Danke für die Blumen. Treffer versenkt! Ja, ich plane ernsthaft, ein Buch zu schreiben, und mein Gatte und ich sammeln auch schon seit geraumer Zeit Ideen für's Storyboard.
Zu 2.) Ich bin im Moment zu faul, den Muskel-Selbsttest auszuprobieren. Werde das aber nachholen, wenn es notwendig sein sollte. Inzwischen habe ich Vertrauen in die Methode der Kinesiologin. Ja, der liebe Verstand, der immer mit hundertfacher Kritik kommt und erst ein mal ALLES in Frage stellt ... ich übe noch, mehr auf mein Gespür zu achten. Ich habe bereits ein paar Mal die Erfahrung gemacht, daß es richtig war.
Zu 3.) Treffer Nr. 2 versenkt! Ja, ich war wirklich auf's Kehledurchschneiden fixiert, und die besagte Handbewegung habe ich auch gemacht. Ob das aus einem früheren Leben herrührte ... interessante Theorie. Ich glaube nicht an Seelenwanderung (s. oben). Aber selbst wenn, sprächen gute Gründe dagegen, Nachforschungen über vergangene Leben anzustellen. Laut der Karma-Theorie hat jede Ursache wieder eine zuvor liegende Ursache. Wenn man nun beginnt, sein Karma per Reinkarnationstherapie nach dem sogenannten "Urtrauma" zu erforschen, kommt man vom Hundertsten ins Tausendste. Wo soll man denn da anfangen? Bei Adam und Eva? In der Ursuppe :)? Ich war einst ein Pantoffeltier und ein anderer Ciliat fraß mich auf, seitdem wiederholte ich mein unverarbeitetes Trauma des gewaltsamen Ablebens durch die ganze Erdgeschichte?
Nun, ich werde erst mal in diesem Leben nach den Dingen schauen. Obwohl ich gebe zu, Du hast mich ein wenig neugierig gemacht...

Liebe Grüße,
Astarte
 
Mein Gott, was ist denn mit dir los?
Weißt du eigentlich, was es bedeutet, ein Kind zu verlieren? Weißt du, was es bedeutet ein Kind auf diese Weise zu verlieren?
Ich weiß es, weil mein Sohn sich wegen Eheproblemen im letzten Jahr das Leben genommen hat.
Wie sieht jetzt das Leben aus? Die Ehefrau hat die vier Kinder vom Jugendamt im Heim bzw. in verschiedenen Wohngemeinschaften untergebracht, sie selbst hatte damals schon einen neuen Partner und wohnte bei ihm, der danach aber bald das Weite gesucht hat. Nun scheint sie verschiedene Partner zu finden.
Und wie sieht es in mir aus? Ich habe meinem Sohn vor Jahren das Leben geschenkt. Glaubst du, dass ich mir sein Leben und seinen Tod so vorgestellt habe?
Unsere Familie ist zersplittert, wobei mein anderer Sohn hier bei uns im Haus wohnt, und wir jetzt gerade gut zusammen halten, - aber der Rest..
Ich kann mich nicht verstehen, dass ich so gefühlskalt geworden bin, denn ich will von der Frau und den Kindern meines verstorbenen Jungen niemanden sehen. Seine Frau wünscht es auch nicht, da ich sie auch total ignoriere, aber das Familiengericht und Jugendamt würden ohne Probleme zu machen den Kontakt mit uns befürworten. Aber ich will nicht. - Ich habe jetzt die Erklärung, ich stehe unter einem Gefühlsschock.
Unsere Adoptivtochter ist mir nach seinem Tod aus dem Weg gegangen, als ihr dann wieder einfiel, dass sie unsere Tochter ist, habe ich mich zurückgezogen. - Es besteht erheblicher Diskussionsbedarf, und das will ich mir momentan nicht antun.
Nach seinem Tod habe ich alle Erinnerungsstücke aus dem Weg geräumt, damit ich nichts sehe. Bin täglich in die Totenkammer gegangen, habe gefragt, gestritten geweint. Ich hatte ihm vorgeschlagen, mit den Kindern in unsere Nähe zu ziehen, ich wollte ihm die Kinder tagsüber betreuen, bis er eine neue Partnerschaft gefunden hätte. Aber die älteste Tochter und seine Frau haben ihn so tyrannisiert, dass er damit nicht fertig geworden ist. Seine Frau wohnte bei einem anderen Mann, kam aber immer zum Schwierigkeiten machen. Beide waren sich aber in so weit einig, dass sie sich scheiden lassen wollten.
Ja, nun trauere ich die ganze Zeit und hoffte immer, es würde besser werden, aber immer, wenn ich mit einer Mutter, die auch ihr Kind verloren hat, spreche, sagt sie: "Da kommt man nie drüber hinweg." - Ich pflege mit meinem Mann allein das Grab, es geht sonst niemand hin. - Das heißt: Diese Trauer bleibt ein Teil meines Lebens. Nach außen zeige ich es nicht, aber ich leide unter schrecklichen Ängsten, ja Todesängsten.
Wozu all die Mühe? Ihm das Leben schenken, die Streiche ausgleichen, die schrecklichen Schulaufgaben, die er nie machen wollte, obwohl er klug war, die Sorgen wenn er krank war, halt alles, - wozu? Seine Kinder haben jetzt keine Chance mehr, und wir sind zu verbraucht, um sie zu uns zu nehmen.

Wie sehr es seinen damals dreizehnjährigen Sohn belastet, wage ich mir gar nicht vorzustellen. Er hat seinen toten Vater gefunden. Er hat die kleineren Geschwister ins Bad geschickt und dann die Feuerwehr gerufen.

Weißt du, warum ich das schreiben? Du sagst, nur du hast das Recht zu entscheiden, ob du leben willst oder nicht. Nein, dazu hast du kein Recht, denn du entscheidest auch über das Leben deiner Mutter, und über das Leben der Menschen, die dich lieben. Es wäre schlimm genug, wenn du durch Unfall oder Kranheit ums Leben kämest, aber so geht es nicht. Klemme dich dahinter und sieh zu, dass du aus diesem Tief wirklich heraus kommst. Es geht!!!
Es zählt nicht, dass du Depressionen hast und Probleme mit deiner Mutter.
Ich arbeite seit 34 Jahren an meinen Depressionen, die sicherlich den Ursprung in meiner Kindheit haben, da meine Mutter uns allein aufgezogen hatte, da mein Vater im Krieg geblieben ist. Sie war eine harte Frau, und wir haben sie vor knapp zwei Jahren beerdigt, acht Monate später meinen Sohn.
Du hast die Pflicht, auch an die Menschen zu denken, die den Kummer um dich haben. Wenn sich alle das Leben nähmen, wäre die Menschheit bald ausgestorben.
Stelle dir vor, du machst das in der Wohnung, - wer kann dann ohne die furchtbare Erinnerung noch darin leben?
Denke einmal darüber nach, und überlege dann, welche Therapie du machst. Ich weiß nichts über Kinelogie, aber hier in der Uni Bochum werden Therapien gegen Depressionen angeboten. Ich war dort zwei Jahre wegen Phobien erfolgreich in Behandlung. Kann jetzt alles wieder, was ich zuvor gemieden habe: Gänge, Plätze, Straßen gehen, selbst die Flugangst habe ich in den Griff bekommen. Ich kann auch wieder mit vielen Menschen zusammen sein.
Also, arbeite an dir und lass dir helfen, damit du eine lebenswerte Zukunft vor dir hast.
Lass dich drücken
Mayra
Ich hoffe, ich war nicht zu hart, aber es ist wichtig zu wissen, was du anderen antust, und kannst du das verantworten?
 
@ Mayra:
Es ist sehr traurig, was mit Deinem Sohn und Deiner Familie passiert ist, aber daraus lasse ich keine "Pflichten" für mich ableiten. Die einzige Pflicht, die ich habe, ist meinen Weg vor mir rechtfertigen zu können. Was ich aus mir und meinem Leben mache, ist zu 100 Prozent mein Ding. Wenn ich mich aus Liebe und aus Verbundenheit entscheide, bei meinem Partner zu bleiben, dann ist das meine Entscheidung. Wenn ich mich rein theoretisch entschließen würde zu gehen (in welcher Form auch immer), ebenso. Sorry, aber die Masche "was tust du deinen Eltern damit an" lasse ich nicht gelten. Ich bin mit meinem Tun nicht verantwortlich dafür, daß sie ihr Leben in Griff bekämen oder auch nicht. Es wäre ihre Sache, wenn sie mit ihren Gefühlen an mir hängen blieben. (In der Praxis würde sich diese Frage übrigens nicht stellen. Mein Vater ist tot, und meine Mutter hat es schon lange gelernt, emotional unabhängig von uns Kindern zu sein. Sie ist eine starke Frau, ihr würde eine solche Sache nicht den Lebenssinn rauben.)
Liebe Mayra, es ist sicher furchtbar, sein Kind zu verlieren. Ich kann Dir nicht meine Anteilnahme signalisieren, da ich es noch nicht erlebt habe. (Naja, vielleicht ein wenig. Ich habe letztes Jahr meinen Vater, den ich sehr liebte, zu Grabe getragen, er war auch noch nicht so übermäßig alt.) Nur soviel möchte ich sagen: Es war seine Entscheidung. Respektiere sie. Eltern können Kindern den Start ins Leben ermöglichen, das ist ein großes Geschenk. Aber sie haben das Leben ihrer Kinder doch nicht gepachtet, und sie können doch nicht kontrollieren, was Kinder später damit machen. Noch etwas. Lasse auch die Verantwortung für seine Tat bei ihm. Machst Dir keine Vorwürfe, es nicht verhindert zu haben. Es war nicht Deine Schuld.
Ich wünsche Dir, Daß Du es schaffst, ihn loszulassen. Und auch zu Deinen Enkelkindern wieder Zugang findest. Du sagst, Du scheust den Diskussionsbedarf? Ich vermute, aber nur dieses, das Aufeinander-Zugehen, das Ausräumen von Mißverständnissen, das Über-die-Dinge-Sprechen wird langfristig dazu beitragen, die Verletzungen zu heilen. Dir alles Gute.

@Kuku
Du hast ein Gespür über große räumliche Entfernungen, über die Weiten des Internet? Ich bin wirklich erstaunt!

Grüße, Astarte
 
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@Astarte

Hi,

Fremd bin ich überall, nur auf der Durchreise; warum sollte ich mich hier also lange aufhalten?

Ich denke, dieser eine Satz bringt es auf den Punkt.
Du weißt es ganz einfach noch nicht, und da macht es auch wenig Sinn, alle möglichen und unmöglichen Vermutungen darüber aufzustellen und eventuell sogar einen Suizid in Betracht zu ziehen.
Ein Suizid wäre sogar - bei einem so intelligenten Menschen wie Du es offensichtlich bist - als dumm zu bezeichnen.
Denn zum Einen weißt Du ja noch nicht einmal warum und wozu Du da bist...
Und zum anderen weißt Du auch nicht, was Dich dort - in Deinem speziellen Falle - erwarten würde.
Und nur aufgrund bloser Vermutungen und Spekulationen einen derartigen nicht rückgängig zu machenden Schritt zu tun....sorry, aber etwas anderes als dumm, fällt mir dazu nicht ein.
Es hat auch keinen Sinn auf etwaige dokumentierte Nahtoderlebnisse zu verweisen, die sich im Großen und Ganzen sehr ähnlich und durchwegs positiv anhören, weil es sich dabei zum Einen über individuelle Erlebnisse handelt und zum anderen ausschließlich die positiven Erlebnisse zur Niederschrift kamen, wärend die anderen "Wiedererwachten" deren Nahtod-Erlebnisse keineswegs so glimpflich verliefen, sich darüber beharrlich in Schweigen hüllten.
So kann sehr schnell ein einseitiger und völlig falscher Eindruck von der Materie entstehen.

Nun will ich Dich aber über diese Materie auch nicht ganz im Dunklen lassen, denn Du bist ein verständiger Mensch und es wäre wirklich schade um Dich und diejenigen die Dich lieben und brauchen.

Es sind die Träume, die einen Einblick darüber geben, wie Dein "gegenwärtiges Jenseits" beschaffen wäre, wenn Du heute beschließen würdest, die Reise dorthin anzutreten.
Aus dem von Dir geschilderten Traum ist unschwer zu entnehmen, daß dort Probleme auf Dich warten würden, die Du "dort" zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht lösen könntest.
Aus diesem Grund solltest Du dankbar sein, daß Du tagtäglich noch in Deinen irdischen Körper/Schicksal zurückkehren kannst um die Reife und das Wissen erlangen zu können die nötig sein wird, wenn Du dereinst auf der anderen Seite mit den entsprechenden Problemen konfrontiert werden wirst.
Natürlich ist es genauso gut möglich, daß Du - wenn es so weit ist - kaum noch Probleme zu befürchten haben wirst, weil Du sie bereits im gegenwärtigen Schicksal erkannt und gelöst hast.
In jedem Falle aber solltest Du Dich nicht dieser Möglichkeit berauben.
Es wäre weit weniger schlimm, wenn Du Dir heute ein oder gar zwei Beine absägen würdest, als Selbstmord zu begehen.

Solange Du hier bist, bist Du nicht "verloren" , denn Du reifst und schon in wenigen Jahren wirst Du wahrscheinlich über diesen dummen Selbstmordgedanken denn Du heute hast, lachen.
 
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