Petrodollar und Münzgewinn
Weder Richard Nixon noch das saudische Königshaus haben je jene Geheimverhandlungen bestätigt, mit denen zu Beginn der 70er Jahre eine feste Bindung der Öllieferungen aus Saudi-Arabien an den US-Dollar verabredet worden wäre.
Im Gegenzug für die Akzeptanz ihrer Währung hätten die Amerikaner dem saudischen Königshaus die bedingungslose Stützung seiner Herrschaft zugesagt.
Zwar kommt auf jeden überzeugten Anhänger dieser Theorie mindestens ein genauso überzeugter Gegner.
Tatsache ist aber, dass Öl aus Saudi-Arabien ausschließlich in US-Dollar gehandelt wird. Und nicht nur Öl aus Saudi-Arabien. Jede der international wichtigsten Sorten, nach denen sich die Preise für alles Erdöl orientieren, wird in Dollar ausgewiesen. Egal ob West Texas Intermediate, europäisches Brent oder Opec-Öl, ein Mix aus elf Sorten.
Tatsache ist auch, dass die USA eine beachtliche Großmut an den Tag legen, wenn es um die Verhältnisse in Saudi-Arabien geht. Dass hier ein König absolut herrscht, Opposition keine Chance hat, die Scharia Gesetz ist, möglicherweise sogar Terroristen unterstützt werden alles kein Thema. Saudi-Arabien bleibt den USA ein wichtiger Verbündeter und politischer Freund.
Doch was hätten die USA davon, dass Öl in aller Welt mit Dollars bezahlt werden muss? Zunächst einmal das, was früher mittelalterlichen Fürsten zugute kam, weil sie allein das Privileg besaßen, Münzen herauszugeben. So alt der Brauch, so altertümlich mutet auch der Fachbegriff dafür an: Der Münzgewinn oder Schlagschatz für den Fürsten rührte daher, dass die Kosten für das Edelmetall und die Münzprägung garantiert niedriger waren, als der Wert, der auf der Münze drauf stand. Auf die Neuzeit übertragen bedeutet das, wer die Währung besitzt, mit der Erdöl bezahlt werden muss, hat den Münzgewinn für sich. Denn Dollars zu drucken und in Umlauf zu bringen, kostet den Herausgeber nicht viel. Edles Metall wird dafür nicht mehr gebraucht. Dass einem Dollar ein Gegenwert in Gold zugewiesen wäre, ist lange vorbei. 1971 mussten die USA im Zuge des teuren Vietnamkrieges die Golddeckung ihrer Währung aufgeben.
Der Münzgewinn moderner Seigniorage-Einnahme genannt ist allerdings nicht das einzige Extra, das den USA als Sonderdividende aus der Dollarbindung des Öls zufließt. So wie jeder Staat, der Erdöl kaufen will, dafür zunächst einmal Dollars kaufen muss, so pumpen die Hersteller nicht nur Öl in die Welt, sondern einen beträchtlichen Teil der Dollareinnahmen wiederum in die USA zurück. Weil sie dort als Spareinlagen zum Beispiel am leichtesten auf die Bank gelegt werden können ohne lästige Tauscherei in Euro oder Yen. Um das ökonomisch nicht ganz korrekt, aber halbwegs anschaulich darzustellen, sei folgendes Bild erlaubt:
Da gibt ein Handelspartner seine Ware für einen papiernen Schuldschein her und deponiert den Schuldschein anschließend nicht etwa bei sich zu Hause, sondern auf der Bank des Käufers. Was dem die Möglichkeit verschafft, mit dem Schuldschein seine nächsten Geschäfte zu finanzieren. Er muss nur dafür sorgen, dass sein Handelspartner seine Papiere wieder bekommt, wenn er sie verlangt, und ein bisschen Zins obendrauf für die freundliche Zwischenlagerung. Was freilich nicht sonderlich schwierig ist, wenn der Käufer auf die Notenpresse zugreifen kann, um neue Papiere zu drucken.
Auf solche Weise sorgen zwei Ströme dafür, dass der US-Dollar obwohl er immer weniger wert sein dürfte angesichts hausgemachter Bankenkrisen, exorbitanter Irak-Kriegskosten, unvorstellbarer Staatsverschuldung und Außenhandelsminus bislang eine unverzichtbare Weltwährung bleibt. Weil die einen ihn eintauschen müssen, um Öl kaufen zu können. Und weil die Verkäufer ihn wieder dahin überweisen, wo er herkommt, in der Hoffnung auf ansehnliche Verzinsung. Ob das freilich ewig so bleiben wird, scheint fraglich. Es zeigen sich erste Risse im Petro-Dollar-Gefüge. Der Iran wickelt Ölgeschäfte mit europäischen und asiatischen Partnern neuerdings in deren Währungen ab. Das macht im globalen Ölgeschäft vorerst nur einen kleinen Posten aus, könnte aber um sich greifen. Nötig ist der Umweg über den Dollar nicht.
Gerd Dehnel
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