Tipp-Labersucht: Überlange E-Mails

@Sibel,
ich habe mehrere sehr enge Bekannte (welche ich auf jeden Fall als Freunde bezeichnen kann) - ich hab schon jemanden zum Reden und den ich auch spät abends noch anrufen kann, wenn ich ein Problem habe. Und eine größere Anzahl von (freilich eher oberflächlichen) Bekannten.
Dazu dann vier bis fünf Leute, mit denen ich in Mailkontakt stehe.
Abgesehen von der Freundin, die ich oben erwähnte, hab ich mir durch Zuviel-Schreiben in den letzten 5-7 Jahren drei Leute vergrault.
Warum fragst Du? Weil ich hier im Forum schreibe?

Nun, dies hier ist ein Thema, das sich gut eignet, mal in die Runde zu fragen.
Dann könnte ich auch alle hier im Forum fragen, "habt ihr keine Freunde mehr, dass Ihr hier schreibt"...

Mit dem Egoismus hast Du schon recht. Es ist sicher ein gerüttelt Maß an Selbstdarstellungs- und Mitteilungsdrang dabei, wenn ich mal wieder eine mit Erzählungen, Beispielen und Anekdoten gespickte Mail an jemanden loslasse.

Trotzdem muss ich schon sagen: Ich schreibe zu einem erheblichen Teil nicht nur über mich. Auch, und manchmal sogar vor allem, zu den Themen oder Belangen, die mit dem Gegenüber zu tun haben, oder von diesem kamen!
Ich gehe sehr gern auch sehr ausführlich auf den anderen ein.

Trotzdem ist es sicherlich Egoismus, wenn ich immer denke, das, was ich gerade wieder schreibe, ist zu "wichtig", um es jetzt einfach mal wegzulassen - egal, ob es gerade um mich geht oder um den anderen.
 
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die hat nen eigenen Block.

:D erstmal hab ich gar nicht verstanden, was Du meinst, und hab mir dann so einen "Block" von Leuten (wie z. B. den Fanblock im Fußballstadion :)) vorgestellt, die ihr noch zuhören :D

Die Idee find ich gar nicht schlecht, MeinHerz, und die hatte ich sogar schon. Hab es aber bis jetzt noch nicht hinbekommen. Es geht immer nur um ein bestimmtes Thema, wenn ich jemandem eine Mail schicke. Nichts, was in einem Blog so interessant wäre. Auch würde mich an einem Blog stören, dass es dann, sobald vier oder fünf gute Freunde von mir ihn kennen, sowie zwei oder drei enge Verwandte, nach einer Weile zehn weitere mitlesen.
Am Ende habe ich dann einen Leserkreis von einem Dutzend Leuten, von denen dann 5 Leute von dem Blog genervt sind, und weitere 7 nur aus Neugier mitlesen und am Ende noch darüber herziehen.
Doch ein echtes, interessiertes Publikum mit einem eigenen Blog anzusprechen und wirklich auch zu erfreuen, das halte ich für schwieriger, als es aussieht.--
Und mir geht es ja eben nicht nur ums Erzählen, sondern wirklich auch um die Themen der anderen. Wenn mir jemand etwas von sich erzählt, dann habe ich sehr oft auch sehr große Lust, vollumfänglichst zu seinen Erlebnissen Stellung zu beziehen! Ob derjenige es will oder nicht! :)
 
Nein,ich fragte nicht,weil du hier schreibst..es hätte ja sein können,daß du eher weniger Kontaktmöglichkeiten hättest und sich deswegen so ein Redeschwall anstauen würde...;)
 
nee, ich rede allgemein sehr viel, auch mit meinen sehr guten (noch nicht vergraulten :) Freunden). Mit denen allerdings meist über ganz bestimmte Themen, einer ist Meditations- und Zazen-begeistert. Ein uralter Kumpel von früher, er ist ein sehr stiller Typ, der gut zuhören kann (zu meiner Ehrenrettung muss ich aber sagen, dass, wenn er mir etwas erzählt, was er schon auch tut, ich ihm auch gut zuhören kann. Mein Problem ist nur, dass ich dann wieder 1000 Beispiele und gute Ratschläge aus meiner eigenen Lebenspraxis dazu anbringen "muss" :) )
Selbst bin ich viel zu hibbelig für Meditation jeglicher Art oder gar Zazen.

Also, mit dem "Anstauen" ist es eher so. Hab ich mal eine oder zwei Wochen lang niemandem geschrieben (was durchaus vorkommt, weil Zeit zum Computern fehlte oder es gerade nichts Interessantes gab) und DANN wieder schreibe, gerade dann wird es lang.

Es staut sich da also schon mal gern was an. Aber weniger aus Kontaktmangel, sondern eher nach einer relativ längeren Zeit der (freiwilligen oder unfreiwilligen) "E-Mail-Abstinenz".
 
Flörbi;4100570 schrieb:
Wenn mir jemand etwas von sich erzählt, dann habe ich sehr oft auch sehr große Lust, vollumfänglichst zu seinen Erlebnissen Stellung zu beziehen! Ob derjenige es will oder nicht! :)

Denke dir das einfach. Gut, ich bin RL keine Laberbacke, dafür tippsle ich meine Gedanken gerne raus. Weniger en Detail, so wie Du, mehr über die Themen verstreut.

Es gibt halt verschiedene Menschtypen. Manche, wie Du, denen ist die Tiefe, das Detail sehr wichtig. Anderen, wie mir, die bevorzugen die Bandbreite und Vielfalt. Themenhopping und Themenverknoting ist cool, solange mein Gegenüber mir folgen kann, dass ist wie Kommunikationspingpong, wie du liest, ich habe auch Spaß an neuen Wortschöpfungen, das Spiel mit der Sprache, gerne auch mal schrecklich banal. So gehe ich nur dann ins Detail, wenn ich wirklich Interesse an jemandem oder einem Thema habe.

Und im Alltag, da wollen die wenigsten Menschen Bandbreite und schon gar keine Details.

Geht es dir auch so, wenn jemand erzählst, dass Du innerlich bereits zig Gedankengänge vorwegnimmst, dir zig Beispiele einfallen, die "raus wollen"? Es ist wie ein Drang, ein inneres Bedürfnis.

Ich denke meine Ideen dann raus, im RL bin ich sehr introvertiert, was mir virtuelle Mitmenschen nie glauben wollen, bis sie mich live kennenlernen.

Hast du das mal versucht, anstatt wirklich zu reden innerlich "raus zu denken"?

LG
Any
 
:)
Ich kenne das sehr gut. Mir geht es aber genau gleich. Ich habe folgenden Tipp parat:

Zuerst schreibe ich alles nieder so wie ich es gerade denke und schreiben möchte. Danach lese ich alles durch und fasse es auf das wesentliche Zusammen.
Das Problem ist oft auch bei uns "Tipp-wütigen" das wir immer das Gefühl haben wir müssten alles genau erklären damit der andere das dann auch sicher versteht. Nur ist es eben oft so das sich alles gut auf den Punkt gebracht auch in einem Satz sehr verständlich erklären lässt und die anderen Verstehen das dann auch. Es ist zum Beispiel nicht nötig zu schreiben der Himmel ist blau, genau so wie der See in den Bergen. Da reicht ein der Himmel ist blau :)

Aber ich kenne das nur zu Gut... Mein Freund hat mir das abgestellt. Er meinte, das ich Ihn mit meinen langen Mails erdrücke und das er dann gar keine Lust hat darauf zu antworten. Ist aber immer noch für mich die beste Möglichkeit meine Gefühle auszudrücken.

Alles gute dir.
Chiara-Lena
 
Hallo Flörbi

Es staut sich da also schon mal gern was an. Aber weniger aus Kontaktmangel, sondern eher nach einer relativ längeren Zeit der (freiwilligen oder unfreiwilligen) "E-Mail-Abstinenz".

Ich denke mal, etwas in dir möchte sich mitteilen. Sonst würdest du nach Schreibabstinenz unter "Entzugserscheinungen" leiden (die überlangen Mails). Gib doch diesem Schreibbedürfnis einfach mal Raum und schau, was passiert. Nicht immer sofort mit dem Verstand niedermetzeln "das will niemand", "Buch kauft niemand" usw. Vielleicht werden mal Kurzgeschichten draus, ist doch auch schön. Jeder hat mal klein angefangen, ich z.B. mit Gedichten. Und meine Texte werden auch machmal überlang, weil während des Schreibens dieses und jenes noch rein "muss". ;)
Irgendwann wird sich diese Schreiblust sicher auf ein bestimmtes Thema lenken lassen; vielleicht eine Fantasiegeschichte, vielleicht Geschichte mit realem Hintergrund, vielleicht Tatsachenbericht (Journalist) etc.

Schau mal, ein paar Links zur Info, vielleicht spricht dich ja etwas an, z.B. ein spezielles Forum, wo du fragen und dich weiterentwickeln kannst.

http://www.schreibwerkstatt.de/
http://www.kurzgeschichten-schreiben.de/
http://www.dsfo.de/

usw... es gibt einige hilfreiche Seiten im Netz.

Ich persönlich würde die "Labersucht" nicht einfach nur als solche abtun, sondern schauen, ob sich da etwas verwirklichen möchte.

Viel Erfolg! :)

LP
 
Ach Flörbi du bist kein leichter Fall :D

Aber sehr gut im Forum aufgehoben, hier kannst du deine Meinung ungehemmt niederschreiben. Hier suchen soviele Leute einen Rat.
Klar gibt es immer jemanden, der eine andere Meinung hat, aber das ist schön ... so sieht man immer mal andere Ansichten
 
Geht es dir auch so, wenn jemand erzählst, dass Du innerlich bereits zig Gedankengänge vorwegnimmst, dir zig Beispiele einfallen, die "raus wollen"? Es ist wie ein Drang, ein inneres Bedürfnis.

Hast du das mal versucht, anstatt wirklich zu reden innerlich "raus zu denken"?

LG
Any

Hi Any, vielen Dank für Deinen wirklich super Beitrag! Auch Euch allen hier nochmal (auch wenn Ihr mehr schreibt und ich offline bin, ich schaue wieder rein!) -
jedenfalls: Du sagst es!! Genauso, aber haargenauso ist es bei mir! Schon wenn jemand etwas erzählt, von sich, was er erlebt hat, z. B., dann interessiert mich das wirklich auch sehr! Aber schon während er erzählt, rattert es in mir! Genauso, wie Du es beschreibst! Und es fällt mir sehr schwer, mich da zu bremsen.
Auch in E-Mails. Jemand schreibt mir (oder schreibt mir zurück, was ja auch schonmal vorkommt :) ) und spricht einen bestimmten Punkt an, oder erzählt ein Erlebnis von sich (ohne ausschweifend zu werden) - dann gehe ich anschließend auf jeden einzelnen Teilaspekt ein. Und denke, wenn ich es jetzt weglasse, dann fehlt etwas!

"Raus zu denken" hab ich auch schon versucht! Weil ich in einem Buch ("Einfach mal die Klappe halten" von Cornelia Topf) genau dies auch gelesen habe. Wenn man im Gespräch mit jemandem ist, anstatt denjenigen vollzuquatschen (oder, wenn man sich gar ärgert, seinen Ärger rauszulassen) einfach mal nur in Gedanken zu schimpfen bzw. in Gedanken zu kommentieren, dabei aber nach außen zu schweigen.--
Bisher ist es mir (bis auf ganz wenige Ausnahmen, in denen ich mir sehr viel Selbstbeherrschung abringen musste) kaum gelungen.

Außerdem habe ich beim Lesen der eben erwähnten Lektüre, so wertvoll dieses Buch auch ist, feststellen müssen, dass Frau Topf, genau wie ich, nämlich auch ne furchtbare Laberbacke ist :D
Sie erläutert nämlich auch alles ganz genau und detailliert, anhand vieler Beispiele. Mich würde interessieren, wie sie im privaten Leben ist :)

So, nun bin ich einmal mehr vom Hölzchen aufs Stöckchen gekommen :)

Und lieber Lichtpriester,
gerade habe ich nun auch Deinen sehr hilfreichen Beitrag gesehen,
vielen vielen Dank!
Ich werde mir die Links wirklich noch anschauen, vielleicht sogar noch heut abend.
Die Schreibwerkstatt kenne ich schon, darin schreibt nämlich ein (entfernter) Verwandter von mir : ) Da habe ich so meine Scheu, nun auch zu schreiben :)

Trotzdem, vielleicht ist schreiben wirklich nicht so verkehrt.

Allerdings war ich auch vor längerer Zeit mal in einem anderen "Hobbydichter-Forum" (Gedichte) und habe da mehrere Sachen gepostet, die ich wirklich selbst gut fand, ich habe nämlich früher hier und da tatsächlich schon mal ein bisschen "gedichtet". Allerdings kamen die Sachen wohl nicht so gut an. Ich habe nie ein richtiges Feedback bekommen, entweder gar keins, oder es wurde nur lapidar und lustlos kommentiert von ein, zwei Nasen, die sich erbarmt haben. So habe ich schnell die Lust verloren.

"Schreib doch nur für dich selber" werden mir nun sicher einige raten.
Jaaa, das hab ich auch schon versucht. Für mich selber hat dies den Vorteil, dass dann dieses, wenn endlich zu Papier gebracht, doch schön privat bleibt, und ich wirklich schreiben kann, so wie mir es gerade passt.- Doch da meine Schreiblust tatsächlich zumindest teilweise auf Mitteilungsdrang begründet ist, ist das dann auch nur teilweise befriedigend.
Ich brauche immer ein Feedback, so wie ich selbst immer gern welches gebe :)
 
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:)
. Es ist zum Beispiel nicht nötig zu schreiben der Himmel ist blau, genau so wie der See in den Bergen. Da reicht ein der Himmel ist blau :)

Liebe Chiara-Lena,
auch Dir vielen Dank und alles erdenklich Gute!
Ich weiß, was Du meinst. Weniger ist oft mehr, man muss nicht alles bis ins Detail bringen.
Aber eben, so oft denke ich, wenn ich nur schreibe "der Himmel ist blau" und nicht noch "genauso wie der See in den Bergen", dann leidet der Text, weil er Lebendigkeit einbüßt.

Ich kann kurz und bündig von einem Erlebnis erzählen (so wie es viele tun):
"Gestern war ich bei XY, stell Dir vor! Wir waren spazieren, haben Schach gespielt und einiges andere gemacht, danach gegessen. Es war wirklich schön."

oder "Gestern war ich bei XY. Als wir spazieren gingen, brach plötzlich ein Gewitter los, wir wären fast vom Blitz erschlagen worden! Wenige Meter neben uns raste er in einem Baum. Es rauchte und qualmte, wir fürchteten uns zu Tode. Beim Schachspiel hat mich XY diesmal total fertiggemacht, dabei hatte ich ihn beim letzten Mal haushoch besiegt. Dann waren wir noch bei Giselher, einem Freund von XY, der alte implodierte Bildröhren von Fernsehern sammelt. Sowas habe ich noch nicht gesehen! Er sollte ein Museum eröffnen. Das Essen war auch superlecker. Du hättest mal die vortreffliche Pferde-Roulade probieren müssen!"

Jetzt sag mir selber, welcher Text ist spannender und unterhaltsamer?

Leider ist es bei mir eben dann so, dass meine Schilderungen ins "seitenweise" gehen und so sehr ins Detail, dass sie den Empfänger dann wirklich nur noch nerven bzw. vom Umfang her total überfordern.
 
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