Tänzer im Sturm

sternentaler

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Tänzer im Sturm

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Monika Litschko

Ich bin ein Tänzer des Sturmes. Begleitet von der Musik des Windes und des Sturmes tanze ich durch die Zeit. Manchmal begegne ich mir selber und versuche mein Schicksal zu drehen. Gelungen ist es mir noch nie. Wie auch. Mein Leben war schon geschrieben, bevor ich es leben durfte. 16 Jahre lebte ich es. Es war wie ein kurzer Atemzug. Und doch so lang. Meine Zeit ist nun endlos. Aber auch hier, wo ich mich nun befinde kann ich lernen.
Mein Name ist Marius. Zu Lebzeiten war ich der Sohn eines Arztes und einer Malerin. Geblieben ist ihnen Lana. Wenn ich mit dem Wind zu ihnen tanze, höre ich ihre Gedanken. Mit Wehmut rufen sie immer wieder meinen Namen. Nur Lana denkt mit Freude an mich. Sie hat mich in ihr Herz gepflanzt, wie eine Rose in den Garten. Bei ihr
darf ich weiterleben. Lana ist meine Schwester und seit ihrer Geburt geistig behindert, denn sie kam mit dem Down- Syndrom zur Welt. Aber mit ihrer angeborenen Sensibilität spürt sie mich. Sie spricht mich an und versucht mich zu berühren. Dann nehme ich sie in meine Arme und tanze mit ihr einen Walzer, den der Wind für uns spielt.
Mein Leben wurde durch einen tragischen Autounfall abrupt ausgelöscht.
Ein paar Tage lebte ich noch in mir, bis sie mich frei ließen und ich die Anderen traf.
Sturmtänzer nahmen mich in ihre Mitte und der Wind trieb uns fort. Uns ist es vorbestimmt durch die Zeit zu reisen. Das jähe Ende unseres Lebens, hat unsere Sinne weit geöffnet. Wir sind vorausschauend und sensibel. Wind und Sturm, verwandeln sich für unsere Ohren zu Musik. Du, der gerade hier liest, hast solche Töne noch nie vernommen. Aber uns beschwingen sie. Und wenn der Wind unsere Seelen erfasst, sieht es aus als würden wir tanzen. Er trägt uns dahin wo wir sein möchten. Manchmal sind wir die Schatten, die du meinst zu sehen. Die Berührung, die du meinst zu spüren. Wir sind die Warnung, wenn du dir nicht sicher bist. Und deine Zuhörer wenn du Kummer hast. Wenn du trauerst oder weinst ,dann sind wir bei dir.

Meine Reise begann an dem Tag meiner Beisetzung. Ich stand in der ersten Reihe und hörte dem Pfarrer zu. Hörte, was er über mich erzählte. Es wunderte mich, das er wusste wie ich war. Wie ich gelebt hatte und was ich liebte. Aber so war ich nie wirklich gewesen.
Ich schaute meine Eltern und Freunde an und fragte mich, warum sie nicht zu mir sprachen. Niemand kannte mich so gut wie sie. Nur Lana sagte ein paar wahre Worte.
„ Marius hat manchmal geraucht!“ ,rief sie unbekümmert. Dabei lachte sie glücklich und klatschte in ihre kleinen Hände. Fast alle Trauergäste drehten sich zu ihr. Mitleidige Blicke trafen meine kleine Schwester .Mein Vater nahm Lanas Hand und drückte sie fest.
„Lana, so etwas darfst du nicht sagen,“ flüsterte er ihr zu.
Aber Lana hatte die Wahrheit gesagt. So war ich gewesen. Ein heimlicher Raucher an meinem Fenster. Ich war nicht immer nur nett, freundlich, hilfsbereit und gutmütig.
Nein, ich war wie du auch. Ein Mensch mit zwei Seiten. Überlege dir zu Lebzeiten, wer einmal, wenn du von dieser Welt gehst für dich sprechen soll. Möchtest du Lügen hören oder die Wahrheit? Möchtest du Trauermusik? Oder lieber deinen Lieblingssong?
Denke nach. Wahrheit oder Lüge?
Meine Reise durch die Zeit ist spannend , aber auch erschreckend. Denn ich sehe unsere alte Welt ,und die Menschen nun mit ganz anderen Augen. Vieles erschreckt mich, da ich zu Lebzeiten nicht gelernt hatte zu sehen. Wenn ich dir meine Augen leihen könnte, wärst du entsetzt. Vielleicht würdest du Anderen davon erzählen. Und nur wegen dir, würde viel Unrecht erst gar nicht geschehen. Aber ich kann und darf es nicht. Du und nur du, sollst lernen ganz genau hin zuschauen. Aber ich kann der Schatten sein den du siehst. Dann weißt du, dass das ,worüber du nachgedacht hast richtig ist. Mit einem Windhauch kann ich dich bestärken in deinem Handeln. Und ich kann dir Angst machen, wenn du den richtigen Weg den du gehst verlassen willst. Aber erst musst du lernen auf deine Gefühle zu achten. Höre auf sie und nicht auf Andere.
Wir Windtänzer bewegen die Zweige im Sturm. Wir bewegen die Menschen. Wir bewegen euch dazu, etwas zu bewegen. Doch bewegen, müsst ihr euch alleine. Was willst du bewegen? Was erreichen? Wie ist deine Vorstellung von deinem Leben? Denke daran, du hast nur dieses eine, wertvolle Leben. Was gedenkst du daraus zu machen?
Mein Name ist Marius. Ich bin ein Sturmtänzertänzer. Und wenn du willst, höre ich dir zu.
 
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Nach dem Ende der Editierfrist (15 Minuten nach Erstellen des Beitrags) kann nur noch ein Moderator deinen Text verändern, der für das entsprechende Unterforum Zugriffsrecht hat. Im Falle dieses Forums hier sind das wohl nur Margit und Walter. An die kannst du dich mit PN oder Profilnachricht hilfesuchend wenden :)

Liebe Grüße
Kinny
 
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