Wie war denn die Beziehung deiner Eltern - als prägende erlebtes erstes Vorbild ?
Mit dem Thema könnte man natürlich ganze Bücher füllen.... Aber kurz zusammengefasst: Wie du vermutest, hatte meine Mutter die Hosen an, sie war immer die Anpackende, die Praktikerin. Mein Vater der intellektuelle Künstler, der sie jedoch immer wieder spüren ließ, dass sie "nur" ein dummes Bauernmädel ist, das froh sein kann, so eine gute Partie abbekommen zu haben. Das sah auch meine Großmutter so, die meine Mutter daher zur Ehe gezwungen hat. Meine Mutter hat eigentlich einen anderen Mann geliebt. Über die vielen Jahre haben sich meine Eltern "zusammengelebt" und ich spürte auch Zuneigung zwischen ihnen. Liebe im herkömmlichen Sinne war es von ihrer Seite her natürlich nicht. Wir Kinder haben davon lange nichts gewusst, meine Mutter hat es allen ihren Töchtern irgendwann im Teenageralter erzählt, weil sie es außerhalb der Familie niemandem sagen wollte.
Mein Vater war, wie damals üblich, Alleinverdiener und meine Mutter hat sehr darunter gelitten, kein eigenes Geld zu haben, dass ihre Arbeit als Hausfrau und vierfache Mutter nichts "wert" ist. Sie hat uns immer eingetrichtert, unbedingt finanziell unabhängig zu bleiben, um nicht bei einem Mann bleiben zu "müssen", wenn wir es nicht wollen. Sie hat uns immer gesagt, sie ist nur wegen uns Kindern geblieben. Früher dachte ich, sie hätte sich sonst scheiden lassen. Aber das hätte sie nie getan, als sich meine Schwester scheiden ließ, war sie (moralisch) außer sich. Also ich glaube mittlerweile, sie meinte mit sie wäre sonst "gegangen", dass sie aus dem Leben gegangen wäre.
Beide Eltern waren aber immer äußerst liebevoll zu uns, das muss ich schon auch betonen.