Darf ich dir an dieser Stelle eine persönliche Frage stellen? Hast du Kinder?
Den Vater, der ich, sogar im besten Fall hätte sein können, wollte ich keinem ungeborenen Kind zumuten. Also nein.
Ich halte nichts davon, auch wenn's so üblich und normal sein dürfte, die eigenen ungelösten Familienthemen 1:1 an den eigenen Nachwuchs ungelöst weiterzuvererben, damit sich die dann damit rumplagen müssen.
Oder anders gesagt, ich halt mindestens 90% der Eltern für unfähig, ihrer Aufgabe ihren Kindern gegenüber gerecht zu werden. Was in unserer Gesellschaft ohnehin auch aufgrund einer Menge anderer Faktoren, die auch noch mitspielen, kaum möglich sein dürfte. Muss ich dann selbst bei sowas mittun? Wohl kaum.
Da müsste sich grundsätzlich dermaßen viel ändern, dass sowas Sinn machen würde. So ist's ein Weitergeben eigener ungelöster psychischer Störungen und Probleme an Unschuldige.
Mag recht hart klingen, was ich hier schreibe, aber ich halte unsere Gesellschaft für sowohl menschen- und kinderfeindlich, letzlich auch selbst für sehr krank. Und das wird, meiner Ansicht nach, nicht besser, sondern schlimmer.
Ich interessiere mich sehr für den systemischen Ansatz, und dort zeigt es sich oft, dass man sich zu Menschen hingezogen fühlt, die vom System, der Familiengeschichte her gesehen, eine ähnliche Geschichte erzählen können - vielleicht kann man das so sehen, dass man auf diese Weise kompatibel zu einander ist.
Da dürfte was dran sein, ja.
Meine Gedanken dazu:
An das, was man denkt, das man nie hatte - Mutterliebe, Vaterliebe, Eigenliebe.....man sehnt sich danach die (eigene) Liebe in den Augen des anderen zu erkennen. Dann trifft man einen Menschen der die Liebe in den Augen hat, weil er vielleicht gerade an jemand anderen denkt - und wünscht sich nichts mehr, als dass diese Liebe einem selbst gilt....und dann denkt man, man liebt diesen Menschen mehr als alles auf der Welt....was denkst du?
Die Lösung wäre ja eher einfach. Läuft aber meist, zumindest meiner Ansicht nach, dann nicht so. Denn, was sich anzieht, ist der ähnliche oder idente Schmerz. Also dasselbe Defizit, so gesehen. Was auf einen oder mehrere Konflikte hinausläuft. Und dann hängt's davon ab, sind die lösbar, oder nicht. Meistens nicht, daran scheitern dann diese Lieben. Was wieder schmerzt.
Wenn die Liebe komplett im Leben fehlt bzw. wenn man das denkt, sich ungeliebt fühlt - da bleibt nur Trauer und Schmerz, das ist meine Erfahrung. Dann entsteht eine schmerzliche Sehnsucht nach der Liebe und vielleicht lernt man dann sich diese Liebe selbst zu geben, bevor man sie auch in anderen finden kann.
Ist mir bekannt, der Ansatz. Allerdings, woher nimmt jemand diese Liebe, wnen er sie nie wirklich erfahren haben mag? Ist ja leicht gesagt, liebe dich selbst. Nur, wenn das Manko nun eben darin liegt, nicht geliebt geworden zu sein, nicht als man selbst angenommen worden zu sein, nützt die Selbstliebe ja auch wenig. Ist bestenfalls eine Art Ersatz.
Mitunter scheint es dann in die Ersatzschiene, göttliche Liebe, Liebe zu und/oder von Gott, einer "höheren" Quelle zu laufen. Was dann wieder oft genug anscheinend andere Ver(w)irrung stiften mag.
Dennoch, danke für den spannenden Austausch. Stellst tolle, interessante Fragen. Das finde ich schön.