Die Null hat eine ganz interessante Geschichte. Und zwar gibt es sie hier bei uns erst seit ich weiß nicht genau wie langer Zeit, etwa seit 2000-2500 Jahren. In dieser Zeit schwärmte man immer mal wieder aus unterschiedlichen Anlässen aus gen Osten, von Makedonien aus allen voran der Alexander der Grosse. Den kennt man ja. Und diese Reisenden, die haben die Null quasi aus dem ostasiatischen Raum "importiert". Eine vorchristliche Wissensbefruchtung von Ost nach West, sozusagen.
Im Westen kannte man bis dato die Null nicht. Man hatte keinen Anlaß in dieser jungen Kultur, dem Wertlosen und Nichtsexistierenden einen Wert zuzuordnen. Man war fokussiert auf das, was ist, das war die Lebensart. Im Osten dagegen hatte man längst erkannt, daß Sein und Nichtsein zusammenhängen wie zwei Kreise, die miteinander eine 8 bilden. Der Wechsel zwischen Null und Eins war im Osten bereits als natürlich erkannt, z.B. Tag und Nacht, Schlafen und Wachsein, Mann und Frau, Sommer und Winter. 1 und 0 sind auch die Grundlage für binäre Systeme, wie daschinesische I Ging es seit Jahrtausenden anbietet und wie es dann 2000 Jahre später im Westen zur Grundlage der Computertechnik wurde.
Man sieht es auch heute noch, wie die Mentatlität zwischen Ost und West sich unterscheidet: der Westler ist der "Macher". Er hat das Gefühl, nur erfolgreich zu sein, wenn er etwas erreicht, also 1,2,3,4,5,6,7,8,9. Die Null strebt er in der Regel nicht an, weil er keine Lebenskultur wie die Meditation kennt. Der Westler tut eigentlich ununterbrochen, schafft Neues, entwickelt, entwickelt, entwickelt. Er ist der Prototyp der unreflektierten Evolution, will man sagen, aber auch der Bringer des Fortschritts durch seine Art zu denken.
Der Ostler dagegen weiß, daß nur wer zu sich findet auch zu anderen findet und damit zu Erfolg. Er guckt: was gibt es? Und macht das erst mal nach. Und daraus entwickelt er ggf. Varianten. Aber im Grund ist für ihn alles Eins, aus dem er schöpfen kann. Der Westler dagegen schöpft nur aus dem Neuen. Das Alte ist schnell passè, die Kultur wandelt sich rasant, ganz anders im Osten. Dort ist man nicht 1, man ist eher 0. Man wartet. Bis jemand Anderes etwas getan hat, das man dann kopiert.
Ganz entscheidend: im Land der 0 kennt die Sprache kein Ich. Ist das nicht interessant? Die Nullen können nicht sagen und denken "Ich bin", sondern sie sagen: "man ist". Und sie denken auf das Allgemeine und weniger auf sich bezogen. Der Westler dagegen hat Ich und Du und Selbst und unterteilt das auch noch in Höheres und Tieferes: diese ganzen Übersetzungsfehler, die bei der Transferierung des östlichen Bewußtseins in westliche Sprachen entstehen, beruhen auf dem Umstand, daß der Westler ein Ich in der Sprache und Denke und im Gefühl hat und der Ostler nicht. Er ist. Als Grundannahme. Wir dagegen sind als Grundannahme nicht. Wir denken, wir sind minderwertig, das ist vom Grundsatz her dumm, aber veständlich, wenn man weiß, daß sich die eigene Kultur erst seit etwa 2000 Jahren mit der Null auseinandersetzt.
lg,
Trixi Maus