Ich muss mich zunächst korrigieren. Ich habe erst die Seiten 41 bis 96 gelesen, wo es hauptsächlich um das
Od geht. Seiten 1 bis 41 habe ich übersprungen, weil es darin um den Werdegang von J. Greber geht, der mir in groben Zügen bereits bekannt ist.
Diese Geschichte über das Od klingt für mich stimmig. Od ist nichts anderes als
Prana, auch Qi (chinesisch) oder Ki (japanisch) genannt. Neu ist, wie Greber die Eigenschaften des Ods anhand diverser Stellen des Alten Testaments veranschaulicht. Seine Erklärungen haben Hand und Fuß und ich habe keine Probleme – zumindest bei dieser ersten Lektüre – sie als plausibel zu betrachten.
Womit ich ein Problem habe, ist die
Definition Gottes, die sich aus diesen Schilderungen des Ods herauskristallisiert.
· Das ist ein Gott, der Gesetze und Gesetzmäßigkeiten erlässt und sich diesen Gesetzen selbst unterwirft, ja diesen Gesetzen nicht brechen darf.
Einwand: Wenn auch Gott Gesetze einhalten muss, heißt es, dass diese Gesetze Vorrang vor Gott haben. Ein wahrer Gott ist aber über alles erhaben, auch über seine eigenen Gesetze.
· Nach Grebers Beschreibung ist Od eine Art Kraftstrom, ähnlich wie Dampf oder Elektrizität. Die Odkraft ist in jedem Lebewesen und ist mit dem Geist verbunden, ja mit Gott.
Einwand: Da verwechselt Greber offensichtlich Seele und Geist. Die Seele ist über das Od (Prana, Chi, Ki etc.) mit dem Astralkörper und über den Astralkörper mit dem physischen Körper verbunden. Der Geist ist eine ganz andere Kategorie, die außerhalb von Zeit und Raum besteht. Erst über den Geist können wir eine Beziehung zu dem transzendenten Gott anstreben.
· Die Odbeschreibung ist sehr mechanizistisch, fast als würde es sich um eine chemische Anleitung oder Naturgesetze handeln. Umso mechanizistischer wirkt Grebers Bild Gottes: Gott
braucht (!) das Od, um sich den Menschen zu zeigen: wie eine Wolke bzw. eine Feuersäule (2. Mose 13, 21-22) .
Einwand: Gott wird zu einer Art Geistwesen abgewertet, der sich den Menschen nur nach dem Modalitäten zeigen kann, die für eine Medium-Seance unerlässlich sind. Propheten sind keine Propheten, sondern geistige Medien („Was man in den biblischen Zeiten 'Prophet' nannte, bezeichnet ihr heute als 'Medium'“)
Der Ton des Geistwesens ist sehr überheblich („Ihr kleinen Menschen werdet nie dieses Geheimnis ergründen.“). Das entspricht dem Ton, den der alttestamentarische Gott in der Bibel verwendet. Ein Gott, der keine Widerrede duldet und das geringste Verfehlen mit horrenden Strafen belegt, bis zu Massenmorden.
Meine
Schlussfolgerung ist: Es wird hier eine sehr detaillierte und plausible Beschreibung der Kraft und der Absichten des alttestamentarischen Schöpfergottes angeboten, wobei zwischen dem Schöpfergott und dem wahren
transzendenten Gott zu unterscheiden ist, der in gnostischen Schriften wie im folgenden Auszug des
Apokryphon des Johannes (AJ), beschrieben wird.
Auszug aus dem AJ:
Und er [Jesus] sagte zu mir: ,,Die Einheit ist eine Einherrschaft, über der nichts ist. Er ist der, der existiert als Gott und Vater des Alls, der Unsichtbare, der über dem All ist, der existiert als Unvergänglichkeit und als reines Licht, in das kein Auge blicken kann. Er ist der unsichtbare Geist, in bezug auf den es nicht passend ist, sich ihn als Gott oder etwas ähnliches vorzustellen. Denn er ist mehr als Gott, da es keinen über ihm gibt, denn niemand ist Herr über ihn. Denn er existiert nicht in irgendeiner Untergeordnetheit, denn alles existiert in ihm.
P.S. Ein grober Fehler des diktierenden Geistwesen lässt an der Wahrhaftigkeit dessen Ausführungen zweifeln. Er zitiert aus Markus 16, 17ff, um zu beweisen, dass das Od vor den Folgen eines Schlangenbisses schützen kann. Dieser Vers ist nachweislich falsch, weil später hinzugefügt worden.
„
… Durch meinen Namen werden sie böse Geister austreiben, werden in fremden Sprachen reden, Schlangen mit Händen aufheben, und wenn sie etwas Giftiges trinken, wird es ihnen nicht schaden“
Hätte das Geistwesen, wenn es im Auftrag Gottes spricht, es nicht wissen sollen, dass dies eine Fälschung ist?