Mit Hemisphärendominaz ist die funktionelle und (zum Großteil) anatomische Verbundenheit von Sprache und Händigkeit gemeint. Die linke Hemisphäre unterdrückt die rechte Hemisphäre nicht.
Die neurowissenschaftliche Erforschung der Großhirnhemisphären hat einige Aspekte offenbart, die auch für die Parapsychologie von Interesse sein könnten.
Um die Ausbreitung der zuweilen lebensgefährlichen Epilepsie von einer Hirnhalbkugel zur anderen bei einer Reihe von Patienten zu hemmen, schnitt ein Chirurg die Faserstränge durch, welche die beiden Hemisphären miteinander verbinden. Die Operation verlief erfolgreich, die gesundheitliche Gefährdung wurde reduziert, doch, wie ein wissenschaftlicher Beobachter bemerkte, die anschließende psychologische Untersuchung war noch erfolgreicher. Denn der US-amerikanische Neurobiologe und Nobelpreisträger Roger Wolcott Sperry arbeitete gemeinsam mit seinem Team eine außerordentlich detaillierte Testreihe aus, um exakt herauszufinden, was in den nun voneinander isolierten Hirnhemisphären vorging.
Dem Kreuzmuster des menschlichen Nervensystems zufolge ist bei rechtshändigen Menschen die linke Hirnhälfte aktiv, während die rechte Halbkugel Befehle empfängt. Durch sorgfältige Versuche mit den voneinander getrennten Hirnhemisphären, die gesondert mit Informationen gespeist wurden, konnten Sperry und seine Kollegen die Funktionen aufzeichnen, welche die beiden Halbkugeln voneinander differenzierten. Sie stellten fest, dass die normalerweise dominierende linke Großhirnhemisphäre der Sitz der logischen, analytischen, zeitempfindenden, sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten ist, in gewissem Sinne also der Ursprung des Rationalen im Menschen. Die rechte Hirnhälfte hingegen ermöglicht die Wahrnehmung des Raumes und die Gesamtschau der Dinge. Sie ist die Quelle der intuitiven, künstlerisch-ästhetischen, musikalischen, kreativen und schöpferischen Fähigkeiten des Menschen, mit deren Hilfe er Gesichter, Bilder und Träume erkennt.
Die beiden Großhirnhemisphären kommunizieren über das Corpus callosum miteinander und stehen so freilich in steter Verbindung. Trotzdem scheinen sie Sperrys Analysen zufolge im Wesentlichen mit unterschiedlichen Aufgaben beschäftigt zu sein!
Der britische Parapsychologe Richard Broughton schreibt zu der Idee, dass der Ursprung paranormaler Potenziale in der für die Intuition und die Kreativität zuständigen rechten Hirnhälfte liegen könnte: "Vielleicht sollten wir, wenn auch nur zum Spaß, der rechten, rezessiven Hirnhälfte für ASW (außersinnliche Wahrnehmung) mehr Bedeutung zugestehen. Vielleicht ist etwas in der linken Halbkugel, das ASW nicht mag oder sich damit nicht verträgt."
Der tschechisch-amerikanische Psychiater und Psychotherapeut Jan Ehrenwald äußerte zu der These, dass das neuronale Substrat paranormaler Phänomene in der rechten Hirnhälfte beheimatet sei: "Selbst die Einwirkung einer psychokinetisch hochbegabten Versuchsperson auf Spielwürfel, auf eine Kompassnadel oder eine Steichholzschachtel auf einer Tischplatte ist eine ungewisse, launenhafte und unberechenbare Angelegenheit. Das Gleiche gilt für hirnverletzte, an motorischer Apraxie (Unfähigkeit, seine Bewegungen zu steuern) leidende Patienten, die so einfache Aufgaben auszuführen haben wie das Anzünden einer Zigarette oder das Schnüren von Schuhen. Wir wissen, dass dafür eine Verletzung bestimmter Teile der linken Hirnhälfte verantwortlich ist. Eine Psychokinese-Versuchsperson, könnte man sagen, verhält sich wie ein Patient, der ohne Aufsicht seiner linken Hirnhälfte über seine motorischen Verrichtungen auskommen muss."
Die Forschungen von Newberg und Persinger können dabei die Existenz eines Gottes, einer kosmischen Macht oä. weder bestätigen noch widerlegen. Sie zeigen allerdings die neurobiologischen Grundlagen und Abläufe spiritueller oder übersinnlicher Wahrnehmung und wie diese mittels Stimulation künstlich erzeugt werden können.
Ich halte es für hinlänglich bekannt, dass die Wissenschaft aus prinzipiellen Gründen außerstande ist, die reale Existenz eines Gottes zu verifizieren oder zu falsifizieren.
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