Keltogermanische Kultur

Sitanka schrieb:
@sharon, bist du dir sicher, dass in deinem land die meisten menschen wirklich nicht wissen was mit helvetien gemeint ist, oder tun sie nur als ob sie nichts davon wüssten. vielleicht ist es ja bei euch immer noch so was wie ein rotes tuch?
Hallo Sitanka,

die meisten Schweizer (jedenfalls jene, die ich kenne;-) würden auf die Frage, was "Helvetien" bedeutet antworten, dass es die lateinische Bezeichnung für Schweiz sei. Wir gebrauchen dieses Wort als Synonym für Schweiz, aber den Meisten ist dabei nicht bewusst, dass es ursprünglich vom keltischen Stamm der Helvetier herkommt. Der Schwerpunkt der Schweizer Geschichte, wie sie bei uns in den Schulen gelehrt wird oder zumindest bis vor kurzem gelehrt wurde, liegt Rund um die Römerzeit, um die Schlacht am Morgarten*seufz*, die Schlacht bei Sempach*oberseufz* und wenn man gute Lehrer erwischt hat, lernt man vielleicht noch was über die Burgunderkriege. Was Eli darüber sagt, dass schon die Kleinen über die Helvetier Bescheid wüssten, kann ich so wirklich nicht bestätigen. Ich habe die Probe aufs Exempel gemacht und in meinem Umfeld ein wenig herumgefragt (dazu gehören auch Zürcher...*zwinkeranEli*), nicht eine Person wusste etwas über den keltischen Stamm der Helvetier. Ich hoffe sehr, dass es heute in den Schweizer Schulen ein wenig besser aussieht, wie unsere eigene Geschichte vermittelt wird, bis vor kurzem (ich habe Jahrgang 73) war es jedenfalls seeeehr dürftig.

Liebe Grüsse, Sharon
 
Werbung:
Ellinaelea schrieb:
Die Deutschen fanden raus, dass Eidgenossen "Schweizer" als Beleidigung sehen (Schliesslich war man Bündler und nicht Kantönler)
Na Kantönler sind wir wohl bis heute noch geblieben ;) *lach*

Gruss von der Bernerfront :)
Sharon
 
De bellum Callicaea (ist das richtig geschrieben)

ich weis nicht, aber wir können wirklich froh sein über dieses Dokument, denn es hat unendlich viele Vorzüge.
Zum ersten war Caesar ein wirklich guter Beobachter, der sehr genau und ohen grosse Vorurteile Dinge beschreibt. Für ihn waren die Kelten ja nicht etwas hassenswertes, etwas Unzivilisiertes - er selber bekämpfte die Gallier nicht aus Rassischen Gründen - für ihn waren sie nur Mittel zum Zweck zu seiner Politik. Und zudem war er ja auch Kriegsherr genug um nüchtern und mit Respekt den Gegner zu betrachten (wieviel respekt Caesar gegenüber den Kelten aufbrachte zeigt sich in seinen Beschreibungen und Lobensworte der Keltischen Wallanlagen).
Und zum anderen hat er sich ja 6 Jahre lang mit den Kelten rumgeschlagen, war umgeben von Kelten, keltischer Kultur, der Landbevölkerung und im Krieg - und er hat gelernt sie zu respektieren (wie auch nicht nach Gergovia).
Und zudem ist kein Antikes Zeitdokument über die Kelten so ausführlich und keines ist so nah an der Wirklichkeit - die Griechen die über die Gallier schrieben kannten ja nur ein wenig der Keltischen Kultur - haben aber das, was sie kannten sehr gelobt (vorallem die Druiden).

Aber "der Gallische Krieg" ist ja nicht das einzige Dokument, dass wir von oder über die Kelten haben.. ein anderes ist der Sagenhafte Fund in La Tene, wieder ein anderes sind die wirklich schönen und Aufschlussreichen Münzen (es steckt sehr viel Keltische Weltanschaung in diesen Münzen) und wieder ein anderes sind die Frühmittelalterlichen Sagen, Mythen und Legenden (z.b. von Taliensin), die oft von Irischen Mönchen aufgeschrieben wurden - Mönche, von denen man vermutet, dass einige unter ihnen auch einmal Druiden waren.
Und dann sind da noch die Volksbräuche, die sich vorallem in Irland, Schottland und im Böhmischen Kessel lange erhalten haben.

fügt man das alles zusammen hat man ein recht gutes Historisches Bild von den Kelten - dass zwar lückenhaft ist und immer bleiben wird. Aber nun zu sagen, die "Wissenschaft" will das alles in ein Paradigma einräumen, ist sehr, sehr ungenau - denn die Wissenschaft hat Fakten und sie muss versuchen diese Fakten in ein Bild zu giessen. Um dies zu können aber kann sie ja "Gallien" nicht einfach alleine und isoliert betrachten, denn die Kelten hatten sehr viel mit den ihr Umliegenden Kulturen zu tun - und am meisten natürlich mit der damaligen Weltmacht Rom (man denke nur an Brena Schea und seine Eroberung von Rom). und sogesehen kann man von Glück sprechen, dass Caesar ein guter Beobachter war, der nicht geprägt war vom gewöhnlichen Römischen Dünkel, dass die Gallier nur Barbaren währen.

mfg by FIST
 
Hallo FIST,

ich habe gar nichts gegen die "Wissenschaft", ich beziehe mich ständig selber darauf. Und die ganze Detailarbeit der Wissenschaftler ist ungeheuer wichtig, überhaupt etwas von "Keltischer Spiritualität" oder dergleichen zu rekonstruieren.

Dass die Wissenschafts-Community sich schwer tut, Paradigmen zu überwinden, dass habe ich mir nicht ausgedacht. Max Planck hat darauf hingewiesen, um nur einen zu nennen:

"Eine neue Theorie setzt sich nicht durch, weil die Verfechter der alten Theorie davon überzeugt werden. Die setzt sich durch, wenn die Verfechter der alten Theorie sterben." (so in etwa)

Da lohnt es sich manchmal, auch auf Wissenschaftler außerhalb der Community zu schauen. Die sind halt nicht so an die Paradigmen gebunden, können auch mal hypothetisieren, auch wenn sie in vielem Unrecht haben.

Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass die Authenzität von "De bellum Gallicaea" von mir zum ersten Mal thematisiert wurde, es liegt ja geradezu auf der Hand, auch mit dem, was du dazu schreibst. Das heißt natürlich nicht, dass ich grundsätzlich alles anzweifle. Ich sage auch nicht, dass "De bellum Gallicaea" gefälscht ist, nur, dass man sich auf seine Authentizität nicht allzu sehr verlassen sollte. Bei den Münzen, und der La Tène-Fundstelle kommt man gar nicht auf die Idee, dass sie gefälscht seien.
 
lieber Christian,

vielen vielen dank für diesen informativen text!! es ist wirklich intressant, die geschichte mal von einem anderen blickwinkel aus betrachtet zu sehen ...

gerade zur zeit ärgere ich mich des öfteren über die scheinbar vorherrschende meinung der wissenschaft zumindest hier in Graz, unsere vorfahren seien "barbaren" und hätten all ihr kulturgut den römern oder griechen zu verdanken ... genau diese bezeichnung, "barbaren" ist mir nämlich in den letzten tagen oftmals untergekommen bei forschungen über die gräber in Strettweg, dessen kultwagen ja weithin bekannt ist, und fürstengräbern in Kleinklein.
dieser "minderwertigkeitskomplex" der heimischen forschung ist wirklich anstrengend, immer zu hören, wir hätten selbst nichts gutes schaffen können, sondern hätten alles immer nur von anderen kulturen abgeschaut. und das hört man selbst von sehr renommierten wissenschaftern!

man merkt schon gerade in der geisteswissenschaft, dass hier noch sehr stark die prägungen vom glorreichen römischen reich drin sind, die verherrlichung der antike und so weiter ... daraus entstand ja auch die jahrelang vorherrschende meinung des 'finsteren' mittelalters, wobei hier ja langsam aufgearbeitet wird.

jedenfalls nochmals herzlichen dank für deinen text, er ist wirklich großartig! und danke auch an die anderen, die noch weitere informationen beigesteuert haben! :kiss4:

alles LIEBE,

tina <3
 
FIST schrieb:
Zum ersten war Caesar ein wirklich guter Beobachter, der sehr genau und ohen grosse Vorurteile Dinge beschreibt. F&#252;r ihn waren die Kelten ja nicht etwas hassenswertes, etwas Unzivilisiertes - er selber bek&#228;mpfte die Gallier nicht aus Rassischen Gr&#252;nden - f&#252;r ihn waren sie nur Mittel zum Zweck zu seiner Politik.
Hallo FIST,

bei den Texten &#252;ber die Gallischen Kriege darf man nicht vergessen, dass Caesar sie als eine Art postume Rechtfertigung vor dem Senat f&#252;r seine Kriegsz&#252;ge verfasst hat. Der Senat hatte n&#228;mlich grosse Zweifel daran, ob dieser Krieg dem Reich &#252;berhaupt etwas bringen w&#252;rde, und einige Senatoren hatten wohl auch (zurecht) Bedenken, was Caesars Absichten betreffen. So hat er nachgewiesenerweise an vielen Stellen seines Berichtes masslos &#252;bertrieben, z.B. bei der Anzahl und St&#228;rke der Gegner und ganz allgemein wenn es um Angaben geht.

Dass er die Kelten nicht nur als "wilde Barbaren" sah, stimmt ganz sicher, er respektierte sie und wenn ich mich recht erinnere, hatte er sogar keltische Berater (da war was mit einem Druiden). Er hatte vor dem gallischen Aufstand mit Vercingetorix Kontakt, wie der aussah weiss man nicht so genau, aber manche Autoren sind der Meinung, der Kontakt sei sogar freundschaftlich gewesen. Wahrscheinlich kann man alles oder zumindest vieles, was Caesar im de bello Gallico &#252;ber die keltische Kultur und die Menschen an und f&#252;r sich beschreibt, als bare M&#252;nze nehmen, alles was jedoch mit den Kriegen zu tun hat, eher weniger. Das eine vom anderen zu trennen ist nat&#252;rlich nicht leicht, denn wer weiss schon, was er davon nur aus Propaganda-Zwecken f&#252;r seine eigene Person geschrieben hat und was wirklich den Tatsachen entsprach.

Liebe Gr&#252;sse, Sharon
 
Werbung:
Zahya schrieb:
lgerade zur zeit &#228;rgere ich mich des &#246;fteren &#252;ber die scheinbar vorherrschende meinung der wissenschaft zumindest hier in Graz, unsere vorfahren seien "barbaren" und h&#228;tten all ihr kulturgut den r&#246;mern oder griechen zu verdanken ...
Hallo Tina,

ja gell, das nervt mich manchmal auch total... diese Auffassung von den sagenhaften R&#246;mern, die uns die Zivilisation und die Bodenheizung brachten, wow*gg*, hat sich irgendwie in den K&#246;ppen der Menschen festgesetzt... Das ist echt eine Art von Minderwertigkeitskomplex, stimmt, so habe ich das noch gar nie gesehen.

Liebe Gr&#252;sse Dir,
Sharon
 
Zurück
Oben