Drachenblut/Daemenorops draco: Dem roten Harz der asiatischen Drachenblutpalme wird eine starke reinigende Wirkung nachgesagt. Drachenblut unterstützt die reinigende Wirkung anderer Harze und macht einen starken, geheimnisvollen, leicht bitteren Rauch.
Das hab ich einem Esoterik-Shop entnommen, Drachenblut ist also Räucherwerk, und selbst wenn so ein Forum womöglich nicht mehr produziert als etwas heiße Luft, kann es ja vielleicht zur Reinigung der Gedanken beitragen.
Womit wir gleich bei einem Ansatz sind, der mir bedenkenswert erscheint, auch hinsichtlich Drachenbluts bisher kaum beantworteter Frage nach den Zusammenhängen von Sprache und Moral. Diese Diskussion über Gut & Böse ist völlig abgehoben, wimmelt nur so von Gedankenkonstrukten und ist eine Wirklichkeit für sich, hat Tendenzen, sich zu verselbständigen und verführt immer tiefer dorthin, wo Urteile
über Wirklichkeiten gefällt werden, statt Hilfen für ein Handeln oder Nichthandeln
in Wirklichkeiten anzubieten.
Ich halte mich an ein paar Zitate aus den Postings, wo nicht anders vermerkt, stammen sie von Drachenblut:
inwieweit der Absolutismus bei diesen Aussagen liegt, ist etwas das uns positiv erscheint, wirklich positiv???
Also erstens ist Absolutismus eine Staatsphilosophie, die der französischen Aufklärung voranging wenn man will quasi der Pol, der in Folge zum Gegenpol der Entwicklung der bürgerlichen Revolution und der Demokratien geführt hat. Hier ist wohl das Absolute in den Aussagen gemeint ist so eine Sache mit den Fremdworten. Mein Vater regte sich immer über die Filme auf, in denen in Emulsionen herumgerührt würde. Dauerte einige Zeit, bis ich kapierte, dass er Emotionen meinte. Was Drachenblut als Chemiker/in nicht passieren könnte
Ist etwas, das uns positiv erscheint, wirklich positiv?
Drachenblut, wenn wir mal davon ausgehen und das schließt deine Formulierung der Fragestellung ein -, dass tatsächlich etwas wirklich positiv sein könnte, wo läge dann das Problem? Doch höchstens darin, dass es um unsere Kompetenz geht, Positives und Negatives zu unterscheiden. Mit deiner Kenntnis in Quantenphysik kennst du ja auch Positives und Negatives, bis in die kleinsten Elementarteilchen hinein, und auch die geheimnisvollen Zwischenteilchen. Die Frage ist natürlich, ob nicht auch die Quantenphysik nur eine illusionäre Konstruktion ist
und dann wiederum hätte es keinen Wert, sich auf die Beschäftigung mit ihr zu berufen. Wie ist das also, Drachenblut: Gibt es Positives und Negatives in deiner Welt? Oder hältst du es mit der Heisenbergschen Unschärferelation, wonach das Tun des Beobachtens bereits das Beobachtete verändere? Dann wären wir bei der Hexe: Je nach Art und Weise des Hinschauens wird sie verbrannt oder verehrt. Und ist diese Art, mit Wirklichkeit umzugehen, nun positiv oder negativ?
zur nächsten Frage: Seid ihr Dual oder Ambivalent unterwegs?
Hoffentlich unterwegs, hoffentlich nicht in Vorurteilen, Halbwissen und angelesenen Stehsätzen befangen. Was soll das oder? Drachenblut, bist du entweder mit dem rechten oder mit dem linken Fuß unterwegs? Anders als dual ginge es nicht, nicht in der Spanne unserer Existenz zwischen Geburt und Tod innerhalb unserer Raum-Zeit-Koordinaten. Und ambivalent
also was mich betrifft, meistens sogar polyvalent.
@tariel: Deine Aussagen sind überlegt formuliert und wahr, obwohl die Wahrheit mit Auffassungsgabe und geistiger Reife für jeden anders aussieht!
Tja, so fangen uns die Wertungen auf Schritt und Tritt ein. In einem Thread, in dem so viel Wert(!) darauf gelegt wird, möglichst nicht zu werten, werden Aussagen ganz massiv bewertet, fehlt ja nur noch die Schulnote, wer da nun was Gescheites und wer was Dummes sagt.
Freunde, jeder Schritt, den wir tun, ist das Ergebnis einer Bewertung ob es nicht besser wäre, in die andere Richtung zu gehen? Zum überwiegenden Teil funktionieren wir unbewusst, auf der Basis der Werte-Schemata, die wir verinnerlicht haben, und selbst unsere bewussten Entscheidungen sind zu einem hohen Teil von unbewussten Vor-Urteilen geprägt. Es ginge gar nicht anders, ich kann nicht in jedem Einzelfall alle Details überprüfen, die Basis eines verantworteten Handelns zu bilden hätten. Ob ich auf einen Thread reagiere oder nicht? Eine Wertentscheidung, was sonst! Selbst der Versuch, auf alles Wertende zu verzichten und, wenn es möglich wäre, auch auf jegliches Handeln, wäre von der Wertvorstellung beeinflusst, dass es besser wäre, so und nicht anders zu handeln.
Ob es sinnvoll ist, so und nicht anders zu handeln, steht auf einem anderen Blatt. Werte sind unsere konkreten Wegweiser durchs Leben. Sinn mag sich je nach Perspektive anders darstellen. Beispiel Krieg: Aus der Sicht der kriegsführenden Parteien hat er einen anderen Sinn als aus der Sicht betroffener Zivilbevölkerung, und wenn zwei Jahrhunderte später die Historiker das Geschehen einzuordnen versuchen, geben sie ihm einen anderen Sinn als Herodot, der den Krieg als Vater aller Dinge bezeichnete. Dual UND ambivalent oder polyvalent: Werte lassen uns rechts oder links gehen, ja oder nein sagen
welchen Sinn das jeweils macht, bestimmen die Zwiebelschichten umgebender Systeme von Sinngebung, seien es nun Ideologien, Religionen, Phantasien oder schlichte Blondheit
Ist die moralische Vorstellung von Gut & Böse Kulturabhängig? Und inwieweit spielt ihr der Sprache als Ursache den schwarzen Peter zu?
Würdet ihr Länder verurteilen, deren Sitten und Gebräuche gegen unsere Moralischen Vorstellungen verstoßen?
Kulturabhängig? Vor wenigen Jahrzehnten, in der Generation meines Vaters, war es hierzulande gar nicht böse, sechs Millionen Menschen in die Gaskammern zu treiben. In der Kultur Goethes, Rilkes, Kants
Und wenn ich an die Gräuel der jüngsten Zeit am Balkan denke, der nicht sooo unendlich weit entfernt ist von unserem Kulturkreis, dann bin ich unendlich vorsichtig in der Zuschreibung von Moral zu kulturellem Kontext. Was sind denn unsere moralischen Vorstellungen, Drachenblut? Deine und meine? Ich wette, wir haben in vielem nicht die gleichen. Und ich wette auch, dass sich manche der meinen und/oder der deinen mit jenen decken, die zum Beispiel ein afghanischer Taliban hochhält.
Lassen wir doch diese Verallgemeinerungen den Sonntagsrednern und Journalisten. Wenn wir genau hinschauen, auf die Details, ohne Scheuklappen, in Demut, dann gibt es so viel zu entdecken
Erich Fromm zitiert irgendwo den japanischen Zen-Meister Suzuki (nein, nicht das Motorrad
), der einmal den Unterschied zwischen westlichem und östlichem Herangehen an die Dinge so erklärte: Im Osten wird eine Blume betrachtet, um sie in ihrem Sein und Wesen zu erfassen. Im Westen wird sie mitsamt Wurzeln ausgerissen, zerschnitten, klassifiziert und katalogisiert. (sinngemäßes Zitat).
Die Sprache
ach Drachenblut, das ist ein ganz spezielles Kapitel. Sprache benutzt Begriffe, und Begriffe haben es per se an sich, dass sie vereinzeln, Dinge aus ihren Zusammenhang reißen. Sprache ist untauglich, Ganzheitliches auszudrücken. Und da unsere Gedanken sprachliche Reflexion sind, können wir auch in Gedanken keine ganzheitlichen Phänomene erfassen. Insofern ist Sprache Ursache vieler Missverständnisse, und es gibt Leute wie den Psychotherapeuten Steve de Shazer, die behaupten, wir könnten überhaupt nur in Missverständnissen kommunizieren in der Hoffnung, diese würden so konstruktiv wie möglich ausfallen.
Ich greife dein eigenes Beispiel auf:
deren Sitten und Gebräuche gegen unsere moralischen Vorstellungen verstoßen da steckt doch schon in der sprachlichen Formulierung unser ganzer kultureller Hochmut drin. Und eine massive Wertung, als könne es nur so sein, dass DEREN Sitten und Gebräuche
verstoßen (was ja schon fast strafwürdig ist: ein Verstoß!). Das kann man auch anders formulieren:
deren Sitten und Gebräuche mit unseren moralischen Vorstellungen nicht übereinstimmen. I-Tüpfel-Reiterei? Nein, glaube ich nicht. Wir formulieren in der Regel so, wie wir denken, und Sorgfalt des Denkens und Sorgfalt beim Formulieren prägt Wirklichkeiten
Eigentlich gibts dann sozusagen nur Transformationen und Änderungen der Zustände wenn man wirklich konseqent wertfrei denken möchte
Tja
wenn man
aber es geht nicht. Wertfrei zu denken ist unmöglich. Das ist ein Widerspruch in sich. Denken ist sprachlich gebunden, Sprache ist, siehe oben, Absonderung, Vereinzelung, Begriffsbildung, und das ist immer Wertung: was reiße ich aus dem ganzheitlichen Zusammenhang, um es zu begreifen, und was nicht?
Und, äh
wieso sollte sich irgendein Zustand transformieren oder ändern, nur weil ich wirklich oder unwirklich - konsequent wertfrei denken möchte? Allenfalls mein Geisteszustand
Pol wäre Dualität, Ambivalenz ist der Spiegel, das Gegenteil von Dualität bzw. Polarität........... sozusagen kann man die Ambivalenz sogar als neutralen Standpunkt darstellen
Ein Spiegel als Gegenteil von Dualität? Das wäre dann ein Spiegel, der nichts spiegelt. Alles andere ist immer ein Widerspiegeln, ist immer Objekt und Spiegelbild und dazu noch das Auge des Betrachters...
Ambivalenz ist ein vollkommen wertfreier neutraler Standpunkt, ohne Pole, indem einfach nur ein Zustand beschrieben wird den die jeweilige polare Sichtweise des Betrachters definiert
Ein bisserl Heisenberg, ein paar Quanten, siehe oben
der Betrachter bestimmt erst durch sein Hinschauen, was aus dem Gegenpol des Betrachteten wird. Bloß
was ist da, bevor jemand betrachtend hinschaut? Etwas nicht Wahrgenommenes. Sozusagen eine Existenz mit null Eigenschaften. Keine Valenz, aber alle Möglichkeiten
Literaturtipp, Drachenblut: Humberto Maturana/Francesco Varela: Baum der Erkenntnis. Die beiden sind Erkenntnisbiologen und formulieren in ihrem Werk die These, dass Wirklichkeit unser eigenes Konstrukt ist. Erst durch den Akt des Wahrnehmens oder für wahr Haltens entsteht. Keine Esoterik, sondern ebenso elementar wie Quantenphysik. Und eine Unmenge neuer Fremdwörter
was hältst du zum Beispiel von autopoietischen Perturbationen, Drachenblut?
Also klärt mich auf *neugierig wart*
Haben das deine Eltern nicht erledigt, Drachenblut? *g*
Gespannt bin ich, ob sich nun wirklich auch mal ein Anliegen herauskristallisiert in diesem Thread. So interessant all diese akademischen Diskussionen auch sein mögen
ein bisserl viel Hirnwixerei (wenn man das Wort in diesem Umfeld verwenden darf
) scheint mir schon dabei zu sein
Alles Liebe, Jake