Autoagression/Ritzen u. ä.

hoizhex

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11. Februar 2009
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419
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Wien
Durch eine jugendliche Familienangehörige bin ich schon länger mit diesem Thema beschäftigt. Das Mädchen wird seit ca. 1 Jahr therapeutisch betreut, ohne nennenswerten Erfolg.
Wohl kann man Autoagression einerseits als Sucht sehen und ist natürlich nicht zu verurteilen - Süchte gibt es viele und nur wenige Menschen unter uns sind Zeit ihres Lebens frei davon.
Andererseits habe ich auch beobachtet, dass es in gewissen Kreisen auch sowas wie eine Modeerscheinung ist, wenn auch eine etwas eigenartige.
Interessant wären Rückmeldungen von Betroffenen auch ev. Angehörigen.
Wer hatte Erfolg mit alternativer Medizin (Bachblüten etc.), was war allgemein hilfreich?
grüße von hoizhex, heute nicht im Wald, ist zu kalt!!!:rolleyes:
 
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Du stellst dich selbst Über die Ritzer.
Die Armen die von dir 'Hilfe' zu erwarten haben; möchte nicht in deren Haut stecken.
>deshalb keinerlei Tipps
 
Wurde dieses Mädchen zur Therapie gezwungen, von den Eltern? Wenn der eigene Wille nicht da ist, kann die Therapie nicht helfen. Die Eltern sollten ihr lieber die Möglichkeit geben, z.B. Sport zu machen, um Gefühle abzureagieren. Immerhin scheinen die Eltern aufmerksam geworden zu sein, sonst hätten sie ihr Kind nicht in Therapie geschickt.
Bei den Emos ist es allerdings tatsächlich normal, sich zu ritzen. So lange sie nicht tief genug ritzt um ins Krankenhaus zur Wundversorgung zu müssen, sollte man sie gewähren lassen. Dann ist es nur eine Phase, genau wie diese Musik, die die Emos hören.
Wenn/falls es eine Sucht bei ihr ist, ist es zumindest preiswerter als Drogen/Alkohol, Essen. Wird sie wenigstens nicht beschaffungs-kriminell.
Irgendwann später kann man die Narben auch wegmachen lassen. Falls man sich nicht dran gewöhnt, im Sommer mit langärmeligen Pullover rumzulaufen.
Kommt auf den Beruf an, ob man viel mit Leuten zu tun hat, ob man sich präsentieren muss. Man kann damit jedenfalls länger leben als mit anderen Süchten. Die Ritzer leben alle noch, die ich kenne. Andere Süchtige leben nicht mehr.
 
Modeerscheinung? Daran glaube ich nicht...es gibt einfach zu viele verwundete Seelen, die sich ritzen, um sich zu spühren.....

Warum soll sich daraus nicht auch eine Gruppe bilden wie die Emos....??? Gleiches sucht Gleiches....

Ich denke, dass es wichtig ist, auf das Kind einzugehen...Therapie ja...aber nicht nur...

Dasein und Interesse an dem Leben und dem Schmerz des Kindes zeigen...

Ich habe die Erfahrung, dass missbrauchte Kinder ritzen...sie machen es, um sich zu spüren...denn innerlich sind sie dabei abzusterben...

Und genau das darf man nicht zulassen...
 
Bei den Emos ist es allerdings tatsächlich normal, sich zu ritzen.

Das is quatsch, der sich durchs Internet ausbreitet, weil einige die ihr Selbstverletzendes Verhalten über Youtube Propagieren dies unter dem Label "Emo" tun... Fakt aber is, dass Selbsverletzendes Verhalten unter den Emos sehr wenig Akzeptanz findet und auch mit dem Background der Scene nicht vereinbar is.

Dann ist es nur eine Phase, genau wie diese Musik, die die Emos hören.

ich bin 27 und höre "genau [...] diese Musik, die die Emos hören" :rolleyes:

So lange sie nicht tief genug ritzt um ins Krankenhaus zur Wundversorgung zu müssen, sollte man sie gewähren lassen.

auch das is quatsch, weil die Ansteckungsgefahr mit einer Infektion viel zu gross ist und SVV meist ein Ausdruck einer psychischen Belastung ist

Man kann damit jedenfalls länger leben als mit anderen Süchten.

hm... ausser die Sucht wird zu stark oder man verletzt sich mal zu tief, oder man steckt sich mit AIDS an (weil es soll ja auch Gruppenmässiges Ritzen geben bei dem man sich die Rassierklinge herumgibt wie ander den Joint)

lG

FIST, der grad The Replacements hört, eine der Ersten Bands die unter dem Label "Emotional Hardcore" gelistet wurde
 
Danke für eure prompten Antworten, hab nicht mehr damit gerechnet.
Mal vorweg: ich stelle mich sicher nicht über andere Menschen, das steht schlicht und einfach KEINEM zu (oft ist es bei mir eher umgekehrt, bin Krebs wie er leibt und lebt).
Habe auch beruflich viel mit Süchten zu tun, weiss welch hohem Ausmass an Feingefühl erforderlich ist.
Das Mädchen wurde NICHT ZUR THERAPIE GEZWUNGEN, war sogar für das Angebot dankbar, wenngleich es ihr seltsam erschien, einer Therapie zu bedürfen. Natürlich ermunterte ich sie dazu.
Eine gewisse Gelassenheit ist wohl ratsam. Sie selbst hat aber angesprochen und kritisiert, dass die Therapie nichts helfe. Durch eine Fügung wird sie demnächst an eine andere Therapeutin verwiesen.
Danke nochmals, hoffe aber auf weitere comments.
Schönen Tag noch wünscht hoizhex!
 
Danke für eure prompten Antworten, hab nicht mehr damit gerechnet.
Mal vorweg: ich stelle mich sicher nicht über andere Menschen, das steht schlicht und einfach KEINEM zu (oft ist es bei mir eher umgekehrt, bin Krebs wie er leibt und lebt).
Habe auch beruflich viel mit Süchten zu tun, weiss welch hohem Ausmass an Feingefühl erforderlich ist.
Das Mädchen wurde NICHT ZUR THERAPIE GEZWUNGEN, war sogar für das Angebot dankbar, wenngleich es ihr seltsam erschien, einer Therapie zu bedürfen. Natürlich ermunterte ich sie dazu.
Eine gewisse Gelassenheit ist wohl ratsam. Sie selbst hat aber angesprochen und kritisiert, dass die Therapie nichts helfe. Durch eine Fügung wird sie demnächst an eine andere Therapeutin verwiesen.
Danke nochmals, hoffe aber auf weitere comments.
Schönen Tag noch wünscht hoizhex!



Meint Tocher hat geritzt und das nicht wenig.

Sie hat es aber geschafft damit aufzuhören.


Wenn du magst kannst du mir gerne eine PN schreiben ...


:)
Mandy
 
Hi.

Hab in dem Bereich zwar keine Ahnung, aber es gibt da so eine Atemtechnik um den Blutkreislauf und die Körpermuskulatur wieder zu spüren...es ist die Konzentration auf das An- und Entspannen des Zwerchfells im Bauchraum.
Dieses Zwerchfell arbeitet ja ganz von alleine und alles was man machen muss ist seine Aufmerksamkeit darauf zu richten...
Ist kein Witz, aber bevor ich den Trick mit dem Zwerchfell erfuhr hätte ich jede Schnarchnase erwürgen können :wut1:. Ich konnte einfach nicht schlafen wenn jemand neben mir geschnarcht hat und ich war WIRKLICH kurz davor die Leute zum Schweigen zu bringen...
Und dann erfuhr ich, dass man solche Gefühle wegatmen kann aber auch Gefühle hinatmen kann...Denn das Zwerchfell im Bauch atmet IMMER. An- und Entspannung... An- und Entspannung...usw und so pumpt es Blut und Gefühle durch den Körper...

Und jetzt das Wunder (Für mich ist es echt eines)...mir geht es dadurch so gut, dass ich mich sogar darüber freue, wenn nun mein Zimmerkollege schnarcht, weil es mir GAR NICHTS mehr ausmacht :D ...und das geht nun schon Wochen so gut.

Das ist mein Bester :D
 
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bluecaffeine schrieb:
So lange sie nicht tief genug ritzt um ins Krankenhaus zur Wundversorgung zu müssen, sollte man sie gewähren lassen.
auch das is quatsch, weil die Ansteckungsgefahr mit einer Infektion viel zu gross ist und SVV meist ein Ausdruck einer psychischen Belastung ist.

Ja, genau! Das kann man nicht deutlich genug betonen!!!
Ullrich Sachsse, wohl der profundeste Kenner auf diesem Gebiet (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; Facharzt für Psychotherapeutische Medizin), und Auto des Buches "Selbstverletzendes Verhalten: Psychodynamik - Psychotherapie. Das Trauma, die Dissoziation und ihre Behandlung "
(-->www.amazon.de/Selbstverletzendes-Ve...=sr_1_4?ie=UTF8&s=books&qid=1234622724&sr=8-4) führt in einem Interview zu dieser Symptomatik u.a.aus:
Diese Symptomatik ist etwa sehr Doppelbödiges, etwas sehr Janusgesichtiges, sie hat praktisch zwei Gesichter. Für die Patientin ist es sehr häufig – nicht immer, aber meistens – eine Form von Selbstfürsorge, eine sehr seltsame Form vom Umgang mit Druckgefühlen, mit Spannung, mit nicht aushaltbaren Erregungszuständen und Streß, und es wirkt dann besser als Medikamente oder Gespräche oder andere Vorgehensweisen.
...
Gleichzeitig hat dieses Symptom eine Wirkung nach außen. Es ist ein Signal: Die Welt hat mich verlassen, die Welt hat versagt, die Welt war schlecht, die Welt hat mich nicht gut bemuttert. Ich habe nicht gelernt, mit mir umzugehen. Ihr habt alle etwas mit mir falsch gemacht. Das stimmt auch, wenn auch häufig erst in zweiter Linie. Es ist schlecht, wenn jemand den Kurzschluß hat, dieses Symptom macht mich hilflos, es beunruhigt mich. Also will die Patientin oder meine Tochter oder diese Schülerin mich hilflos machen. Das, was sie bei mir bewirkt, das hat sie auch intendiert, das hat sie auch vorgehabt. Das ist ein bißchen einfach geschlossen und gedacht. Trotzdem bleibt es dabei, daß diese Symptomatik zwei Funktionen gleichzeitig erfüllt: einmal nach innen eine selbstfürsorgliche und selbstregulierende und gleichzeitig nach außen einen Vorwurf, ein Signal, einen Appell beinhaltet. Das macht es so schwierig. Für die Patientin ist es gut, für die Umwelt ist es belastend.
...
Die Mädchen haben insofern etwas davon, als bei sehr vielen nach einer halben bis einer Minute der Kopf frei ist, die Gedanken klar sind, die Gefühle herunterreguliert sind, der Druck weniger ist, und sie wieder klarer denken, reden, mit sich umgehen und sich kontrollieren können. Sie sind also wieder gesünder. Dieses Symptom wirkt meistens gegen Erregungszustände, die wir als dissoziative Zustände bezeichnen, wo man aus seinem Körper herausgetreten ist – man spricht da von Depersonalisation, fühlt sich gar nicht – oder wo wir aus der Wirklichkeit herausgetreten sind – man sagt Derealisation, weil wir dann nicht mehr in der Wirklichkeit stehen –, und diese Mechanismen werden besonders oft angewendet, um einer traumatischen Erfahrung zu entkommen. Wenn wir mißhandelt werden, geschlagen werden, mißbraucht werden, sexuell gewaltsam behandelt werden, schwere Kinderkrankheiten haben und Ärzte uns Schmerzen zufügen müssen, könnte es sein, daß wir lernen, Depersonalisation und Derealisation zu trainieren und gezielt einzusetzen. Wie andere Symptome auch, wie z.B. Suchtverhalten, kann das Symptom anfangen, ein Eigenleben zu führen. Es kann – wie man sagt – sich generalisieren, sich ausbreiten und sich von der ursprünglichen Situation ablösen. Dann reagieren Menschen auf jeden Alltagsstreß, auf jede Alltagsanforderung, sagen wir ruhig auf jeden Pipifax mit Depersonalisation und Derealisation und kommen dann in Erregungszustände.

Das heißt aber nicht, daß die einfache Formel gelten würde, Selbstverletzung gleich mißbraucht. Diese Formel ist falsch. Alle Zahlen weisen darauf hin, daß zwei Drittel bis drei Viertel der Patientinnen mit einer häufigen, schweren Selbstverletzungssymptomatik schwere Kindheitstraumata hinter sich haben, das heißt aber, daß ein Viertel bis ein Drittel andere Lebenserfahrungen haben. Auch ein sehr widersprüchliches Familienklima, eine Situation, wo man konfus wird, wo Verhalten und Sprache sich widersprechen, wo Eltern sagen, wir lieben dich, sich aber ganz anders verhalten, oder wo Eltern hochgradig aggres-siv sind, aber immer wieder vertreten, bei uns gibt es keinen Streit. Auch das kann dazu führen, daß man ganz wirr im Kopf wird, ganz durcheinander, mit seinen Gefühlen nicht zurechtkommt, nicht weiß, was körperliche Spannungszustände denn gefühlsmäßig bedeu-ten, dem eigenen Inneren gegenüber hilflos ist, dann in Erregungszustände kommt und zu Selbstverletzung greift, um den Kopf wieder klarzubekommen.

Also, bitte keine einfachen Formeln. In jedem Einzelfall muß genau nachgeschaut werden.


Das gesamte Interview findet man auf seiner Web-Site:
"Schneiden, Schnippeln, Ritzen ..."Selbstverletzendes Verhalten – Ein Gespräch zwischen Wilfried Schneider und Prof. Dr. Ulrich Sachsse
--> http://www.ulrich-sachsse.de/entw4/archiv05.html

Viele Grüße
fhedor
 
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