Beim mich aufregen über Dinger, die mein Vater während der letzten Jahre gebracht hat,
ist mir klar geworden, daß dieses Aufregen / Wütendsein eine Funktion hat, also quasi
mir etwas ersetzt oder auf etwas hinweist. Und zwar fehlt es mir von ihm ja immer schon
an Anerkennung, Lob, irgendwas Positivem eben (das Wort Liebe gar wäre völlig abwegig).
Im Gegenteil, es kam ja dauerhaft immer bloß genau Gegenteiliges, Negatives von ihm,
von klein an. Zu behaupten, daß ich daran Schuld sein könnte, wäre wohl grotesk. Aber
darum gehts mir jetzt auch gar nicht. Bemerkt habe ich also, daß mein Wütendsein dann
eine dicke Portion "kriegt nicht endlich mal jemand mit, was für ein Scheiß hier abläuft!?"
enthält. Wer ruhig und still ist, der wird nicht wahrgenommen. Aber wenn einer rumrastet
und laut wird, dann hört und sieht man ihn und fragt sich "wasn da los?" Es ist also sowas
wie ein Schrei nach Hilfe, selbst, wenn überhaupt niemand außer ihm und mir zugegen ist.
Das läuft ja nicht über bewußtes Denken ab, sondern passiert wie von allein. Von daher hat
der Guru aus dem Anfangsvideo schon recht, wenn er sagt, man soll dem Verstand etwas
mehr Aufmerksamkeit widmen. Daß ich das nämlich alles in Ruhe durchdenke und mir klar
mache, daß ich mein eigentliches Ziel (Hilfe zu kriegen und daß da mal jemand eingreift)
auf die Wütend-Art nicht erreiche, sondern bloß mir selber gesundheitlich massiv schade.
Weiter gehts dann wohl mit Gedanken wie, daß da eben Hopfen und Malz verloren sind und
nix zu wollen ist und ich mein eigenes Leben und meine eigenen lieben Menschen habe
und daß DAS zählt und nicht ein alter Mann, der eine zutiefst arme innerlich kranke Sau ist.
Es hilft kolossal, das komplett zu Ende zu denken. Das Fühlen zieht dann von selber mit. Es
braucht dafür zwar etwas Übung, besser gesagt eine ganze Reihe von Wiederholungen, aber
es wird immer sicherer und gewisser. Was über 50 Jahre verkorkst war, muß nicht in Wochen
heile Gänschen sein. Soviel Zeit wirds jetz auch noch haben. Auf jeden Fall tut sich was.