Windgeschützt…

sadariel

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Dem Zorne entwichen…

Eigentlich hätte ich protestieren wollen, wie herzlos solch Stigmatisierung sei. Ich hätte wortstark an Disability Pride erinnert und an das Recht auf Diversität.

Als ob es nicht reichen würde, tagtäglich für sein Anderssein beschämt und beschmutzt zu werden.
Als ob es nicht reichen würde, täglich Herausforderungen meistern zu müssen, weil man einer Minderheit angehört, welche von der „gesunden“ Gesellschaft so nicht vorgesehen ist.
Als ob es nicht reichen würde, mehr oder minder subtil die Botschaft der Norm-Gesunden einstecken zu müssen, dass man doch am besten gar nicht existieren sollte, weil man Unbehagen verursacht, oder auch einfach nur stört.
Als ob es nicht reicht, als Mensch zweiter Klasse deklariert zu werden und sich irgendwie durchs Leben mogeln zu müssen, weil es gar nicht anders geht.

Nein, jetzt sollen all diese wunderbaren Menschen, welche nicht nur in dieser seltsamen „Szene“ ein Vorbild für gelebte Würde sind, auch noch benutzt werden, als Beweis, für die Herzlosigkeit Gottes…

Das schlägt dem Fass doch den Boden raus… und so hätte ich, wenn ich denn nicht ahnte, welch schmerzhafte Erfahrungen hinter solch respektlosen Äusserungen steckten, den Bogen noch ein wenig weiter gespannt und den Aberglauben ins Visier genommen.

Ich hätte geschrieben, von den kleinen Kindern, die in manchen Ländern bis heute verfolgt und getötet werden, nur weil sie anders sind. Ich hätte auf die Filme verwiesen, welche die Folter und Ermordung von Kindern dokumentieren. Kinder, welche aufgrund einer Abweichung von der Norm, als „Hexeneier“ gejagt werden. Es sind Kinder mit sechs Zehen, Kinder mit Hasenscharte… Aber auch die Gehörlosen oder die Autisten werden nicht verschont.

Ich hätte in Rage mich geschrieben… und meine schützende Hand über sie alle gelegt. Eine Minderheit, die wortlos weint und zu oft schweigt.

In Klarheit und Gewissheit, dass die Reputation Gottes durch all diese Geschichten, auch nicht besser wird, hätte ich trotzdem noch eine Weile weiter geschrieben und dazu aufgefordert, einmal - nur ein einziges mal - in die Tiefe zu gehen, wenigstens für einen Augenblick.

Acid Grace.

Am Schluss wäre der Bogen wohl einmal mehr überspannt gewesen.
Ich weiss...

Dunkle Worte sind dem Zorne entwichen. Dem Zorne und dem Schmerz. Aber man kann seinen Schmerz nicht heilen, indem man Worte hinein rammt, in eines anderen Herz.
 
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