@Ingrid:
Naaa.. man sollte die Geschichte vielleicht mal aus dem klassischen Verständnis des Zen betrachten.
Ein Schüler kommt mit einer Frage zum Zen-Meister:
"Meister, ich habe eine unbeherrschte Laune. Wie kann ich sie heilen?"
Statt dem Fragenden eine Antwort zu geben leitet der Meister die Aufmerksamkeit des Fragenden zurück auf das Problem: nicht die Lösung soll im Vordergrund stehen, sondern der Ursprung des Problems:
"Du hast etwas sehr Seltsames", erwiderte Bankei. "Laß mich sehen, was du hast."
Nun ist wieder der Schüler am Zug: er soll die Laune - genauer gesagt, die tatsächliche Existenz dieser Laune beweisen. Der Meister will sie "sehen" (Laß mich sehen, was du hast.). Wenn es die Laune tatsächlich gibt, dann gibt es sie immer, und könnte dann ein Teil der Natur des Schülers sein. Wenn die Laune hingegen nur bedingt entsteht, ist sie die Folge von Umständen; die Folge aus einer bestimmten Konstellation von Rahmenbedingungen. Sie hätte dann nichts mehr mit der Person des Schülers zu tun, und wäre kein Bestandteil seiner Persönlichkeit.
Nun offenbart sich das Wesen dieser Laune; der Schüler berichtet:
"Sie kommt ganz unerwartet", antwortete der Schüler.
"Dann", folgerte Bankei, "kann sie nicht deine eigene wahre Natur sein. Wäre es so, dann könntest du sie mir jederzeit zeigen. Als du geboren wurdest, hattest du sie nicht, und deine Eltern gaben sie dir nicht. Denke darüber nach."
Der Schüler hatte ein falsches Bild von sich selbst: er hielt seine Laune (besser: seinen Charakter!) für "seine Natur" und seiner Persönlichkeit naturgegeben zugehörig.
Statt sich zu fragen ob er "seine Launen ist", suchte er nur für Lösungen für sein aktuelles Problem ("Wie kann ich sie heilen?) und übersah darüber die größeren Zusammenhänge. Der Zen-Meister schickt ihn nun mit seiner anfänglichen Frage und einem erweiterten Kontext der Frage wieder zurück. Der Schüler soll (und kann) die Antwort nur selbst finden. Die Antwort ist zugleich die Erleuchtung (wozu ich hier nicht weiter ausholen will, schau einfach in den Erleuchtungsthread von Isis), die Antwort auf alle Fragen.
Eines dürfte der Schüler zudem inzwischen eingesehen haben: seine Launen, sein Charakter waren nicht angeboren, noch sind sie immer gleich, noch gaben seine Eltern sie ihn. Aber wenn er nicht seine Charakterperson ist, wer ist der dann ?
In dieser Frage verbirgt sich das wahre Geheimnis unserer Existenz. Ob der Schüler die Antwort fand ?
Und was ist mit uns ?
Viele Grüße,
Kvatar