Von meinen Seelenhäusern

DruideMerlin

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Wie das mit den Träumen so ist, steht man sich im Erkennen der Inhalte oft selbst im Weg. So geht es im Augenblick und wäre dankbar für ein paar Gedankenanstöße. Irgendwie habe ich zurzeit das Gefühl, dass sich in meinem Leben alles verändert, kann es aber nicht so recht fassen.

Beim Nachdenken ist mir aufgefallen, dass sich unmerklich die Seelenhäuser in meinen Träumen verändert hatten. Es ist nicht mehr der geräumige Bungalow im Grünen, in dem sich meine Träume häufig abspielten. Gut, es hatten sich dort gelegentlich auch irgendwelche andere Leute eingenistet, die ich nicht mehr los wurde, aber im Großen und Ganzen blieb das immer in einem entspannten Klima.

Wenn ich nun zurückdenke, ist dieser Bungalow sang- und klanglos verschwunden. Meistens wohne ich nun in meinen Träumen in etwas heruntergekommenen mehrstöckigen Bürogebäuden. In meinem alten Bungalow spielte sich alles in einem einzigen Raum ab und nun bewohne ich meist auf einem Flur mehrere Zimmer, die nicht miteinander verbunden sind.

Fatal dabei ist, dass irgendwelche Leute unbemerkt in meine Zimmer einziehen und mein „Wohnbereich“ immer kleiner wird. Merkwürdig dabei ist, dass es in den Wohnungen zwar immer noch nur einen Raum gibt, in dem ich eigentlich wohne, während die anderen Zimmer leerstehen und von mir auch nicht benutzt werden. Deshalb bemerke ich dann auch nie, wenn diese von anderen Leuten in Besitz genommen werden.

Diese Wohnungen stehen auch häufig mit einem notwendigen beruflichen Umzug in Zusammenhang, obwohl ich eigentlich schon seit Jahren im Ruhestand bin. Erst die Tage hatte ich geträumt, dass Bauarbeiter begonnen hatten, das ganze marode Haus nach und nach in eine riesige Baustelle zu verwandeln. Mich beschlich dabei der Gedanke, dass ich am Ende, dann wohl ohne Wohnung dastehen würde.

Wo ich jetzt bei alledem nicht so richtig vorankomme, sind die merkwürdigen Umschreibungen dieser Wohnhäuser und Wohnungen. Normalerweis umschreiben Büros ja das Thema der Ordnung im Leben. Habe ich da nun das Gefühl die Ordnung in meinem Leben zu verlieren oder sind es mehr die Bedenken, inzwischen ein Übermaß an „Bürokratie“ im Alltag errichtet zu haben?

Wie ich das gerade schreibe, wird mir klar, dass dies in der Tat meine augenblickliche Situation beschreiben könnte. Mein Vater ist an schwerer Demenz gestorben und da ist in mir ein großer Respekt vor dieser Krankheit zurückgeblieben. Könnten also hinter diesen Träumen nicht auch die Sorge stecken, selbst ein Opfer dieser Krankheit werden zu können? Passen würde es zu den Träumen jedenfalls – oder?


Merlin
 
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Lieber Merlin,

zunächst erstmal mein Beileid zum Verlust deines Vaters.
Ich denke, auf jeden Fall ist dies auch mit einer Veränderung deines Lebens verbunden. Je nachdem, wie das Verhältnis zu deinem Vater war, wird dies wohl auch entsprechende Gefühle bei dir auslösen.

Ich hab da so ein paar Gedanken dazu. Das Seelenhaus des Bungalows im Grünen scheint für einen Zustand zu stehen, wo du dich wohl fühlst, frei, Luft zum Atmen hast. Das Grüne vielleicht für das ständige Wachstum im Leben. Du ruhst in deiner Mitte = ein Raum.

Das Seelenhaus des Bürogebäudes würde ich eher mit einer lästigen Pflicht assoziieren, im Sinne von grauer, (gefühls-)kalter Alltag. Man muss ja gewissermaßen arbeiten gehen, auch wenn man keine Lust hat, das hat ja sonst weitreichende Konsequenzen. Das heruntergekommene steht vielleicht dafür, dass diese Pflicht (Verpflichtung) schon sehr lange besteht. Auch wenn du im Ruhestand bist, kann es ja sein, dass du dich zu gewissen Dingen/Personen verpflichtet fühlst oder verpflichtet bist.

Natürlich bist du dabei immer noch du selbst (das Wohnzimmer), dir sind aber auch andere Bereiche deiner Persönlichkeit bewusst oder du hast Wünsche, die du vielleicht gern ausleben würdest, es aber nicht kannst, ggf. aufgrund der Verpflichtungen. (die nicht bewohnten Zimmer ohne Verbindungstüren). Die Vielzahl und die Größe des Gebäudes würde ich als dahingehend deuten, dass es dir durchaus bewusst ist, dass du viele Verpflichtungen hast, die deine Persönlichkeit zurückdrängen. Der im Raum stehende Umzug könnte dafür stehen, dass immer neue Verpflichtungen hinzukommen bzw. sich die Verpflichtungen ändern.

Die Mitwohner stehen meiner Meinung für Menschen, die sich in irgendeiner Form in dein Leben drängen, ohne dass du das wirklich willst. Da dies immer wieder passiert ist dies vielleicht ein Hinweis, dass du aufpassen solltest und lernen musst, dich besser abzugrenzen. Wenn dein Wohnbereich immer kleiner wird, fühlst du dich offenbar eingeengt und bedrängt. Fraglich, ob du das wirklich so wünschst oder ob du dir nahe warme Beziehungen wünschst, diese aber von dir aus ausgrenzt? Thema Nähe...Angst vor Nähe.

Die Bauarbeiten, die dich beunruhigen würde ich auch als ein Gefühl des Ausgeliefertseins deuten. Man sagt ja auch so schön: "das ist nicht meine Baustelle", die in deinem Traum dann doch deine Existenz bedroht bzw. du das in Frage stellst.

Ob die Träume eine Angst vor einer Demenz zeigen ? hmm, schwierig... unter diesem Aspekt könnte man das Bürogebäude als große, kalte innere Leere sehen, Zimmer (geistige Bereiche) die man nicht mehr nutzen kann...

Ich weiss ja nicht, wie die Erkrankung deines Vaters verlief, wie er sich geistig veränderte. Bei meinem Onkel blieben die Gefühle bestehen, er wurde eher emotionaler als je zuvor... daher denke ich, dass es damit nicht unbedingt zu tun hat.

Ich selbst würde in einem solchen Traum sicher eher große Angst und Orientierungslosigkeit, Erinnerungslücken haben. Das man im Traum durchlebt, wovor man konkret Angst hat. Aber das muss bei dir ja nicht genauso sein.

Ich hoffe, ich konnte dir ein paar Anregungen geben.

Liebe Grüße
Moonlight
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Moonlight,

sorry, aber das mit meinem Vater hatte ich jetzt wohl nicht so klar rübergebracht. Er ist schon 2012 verstorben, die ganzen Erlebnisse rund um dieses jahrelange Drama waren für mich eine ernüchternde Lektion, die ich wohl nie vergessen werde (hoffe ich).

Gegen Ende hatte er sich völlig in seiner Welt verloren und konnte auch nicht mehr sprechen. Als er starb, war ich nicht einmal traurig darüber. Irgendwie war ich erleichter, dass er friedlich eingeschlafen war und von seiner Welt des Vergessens erlöst wurde.

Ich hatte halt hautnah mit erlebt, wie alles begann. Die schlimmste Zeit dürfte für ihn gewesen sein, als er selbst bemerkte, dass er langsam alles vergessen wird. Wenn ihm im Gespräch einfach ein Wort nicht mehr einfallen wollte, saß er dann einfach nur noch nachdenklich da und schwieg. Von anderen Menschen, die jemand durch Demenz verloren hatten, habe ich auch schon von ihrer Furcht gehört, einmal selbst so enden zu müssen.

Es ginge also jetzt in meinen Träumen wohl nicht um die Bewältigung des Verlustes, sondern um die Furcht vor dem Vergessen. Jedes Mal, wenn ich einmal etwas vergesse, werde ich immer hellwach und frage mich, ob das nicht schon die ersten Anzeichen sind. Deshalb ist mir auch gleich der Vergleich mit dem Verlust der leeren Zimmer in den Sinn gekommen.

Ja, mit Gefühl eingeengt zu werde, könntest Du recht haben, das ist für mich in der Tat etwas, das mich schon seit meiner Kindheit begleitet. Ich habe dazu ja auch so meine speziellen Traummuster, die in solchen Situationen auftauchen. Eventuelle erinnerst Du Dich ja noch an meinen Traum mit meiner früheren Frau, dem Friseur und Daniel Con-Bendit. Nun ja, Daniel hat sich seither nicht mehr blicken lassen, aber meine Frau, andere Leute und die Bauarbeiter hatte sich in meiner Wohnung gerne eingenistet. :cautious:

Ja, seit mir das mit dem fehlenden „Bungalow“ bewusst wurde, trauere ich schon um ihn. Mal nachdenken, wie ich da wieder einziehen könnte. Auch über den Gedanken mit der Verpflichtung werde ich nachdenken, denn ich habe die schlimme Krankheit nicht Nein sagen zu können. Anderseits ist mir die Zeit schon kostbar und achte darauf, dass sie mir nicht durch Zeitdiebe gestohlen wird. Träume, in denen ich irgendwo zu spät komme oder etwas zeitlich nicht erfüllen kann, habe ich eigentlich nie.

Nicht nur beim Schreiben ist mir aber klargeworden, dass ich wieder mehr zu meiner unbekümmerten Lebensart zurückfinden muss. Da hat sich schon so eine Art innerer Bürokratismus eingenistet, der mir schon seit einiger Zeit selbst auf den Keks geht.

Du siehst, Deine Gedanken fallen auf fruchtbaren Boden und beginnen nun zu keimen. Ich brauch da halt immer ein paar Tage, bis die Pflänzchen meiner Erkenntnis aufgegangen sind. Danke also für Deinen Input.


Merlin
 
Lieber Merlin!

Das Herausgerissen-werden aus seiner gewohnten Umgebung, den gewohnten und vertrauten Bungalow, der sich in ein Gebäude verwandelt, welches Dir fremd ist und in dem Du Dich nicht heimelig und wohl fühlst, zeigt meiner Meinung nach schon die unterschwellige Angst vor dieser Krankheit, denn Demenz zeigt sich ja auch im "Verlorensein" sich nicht mehr auskennen, seine Umgebung nicht mehr als vertraut empfinden, seine Angehörigen nicht mehr erkennen, also.. allein dastehen und nicht wissen, wohin man soll und wohín man gehört.. die Unsicherheit und das Unbehagen, in einer "fremden" Umgebung zu sein, wo nichts mehr vertraut ist.......

Vielleicht kannst Du damit ja was anfangen, lieber Merlin
Lg Nica
 
Fatal dabei ist, dass irgendwelche Leute unbemerkt in meine Zimmer einziehen und mein „Wohnbereich“ immer kleiner wird. Merkwürdig dabei ist, dass es in den Wohnungen zwar immer noch nur einen Raum gibt, in dem ich eigentlich wohne, während die anderen Zimmer leerstehen und von mir auch nicht benutzt werden. Deshalb bemerke ich dann auch nie, wenn diese von anderen Leuten in Besitz genommen werden.

Das kann auch ein Hinweis sein für Deine Besorgnis, Leute, die Du nicht kennst (wie gesagt, bei Demenz kennt man schlußendlich auch seine Angehörigen oft nicht mehr und daher sind es fremde Leute).... die in Dein Zimmer kommen ...Der Wohnbereich" (Horizont des Denkens) wird immer kleiner... und schließlich hat man nur mehr "einen Raum" (sein Inneres) und alle anderen Räume stehen "leer"..
ich hoffe, das war jetzt halbwegs verständlich...
 
Liebe Nica,

solche Gedanken gingen mir zunächst auch durch den Kopf, nur sind da auch andere Dinge, die sich fast unmerklich in meinem Leben eingeschlichen haben. Gerade diese innere Bürokratie beschäftigt mich im realen Leben sehr und empfinde das auch als störend. Dazu kommen noch ein paar Veränderungen im Außen, wie im Innen, mit der sich diese Ordnung aufzulösen beginnt. Es sind also mehrere „Baustellen“ gleichzeitig die ich einerseits bewältigen muss und anderseits auch möchte.

Ich sehe da auch die Fragen: „Wie soll es weitergehen?“ Das Problem bei alledem ist, dass es dazu keine klare Lösung gibt, mit denen man einfach nur anpacken müsste. Ich hatte im Leben schon öfters die Situation, dass ich mit allem zufrieden sein könnte, nur beginnen dann unterschiedliche Einflüsse, dem Paradies einen Strich durch die Rechnung zu ziehen. Es erscheint mir so, als würde jemand im Hintergrund sagen, man solle mit etwas aufhören – wenn es am schönsten ist.

Damit nicht der falsche Eindruck entsteht, es geht hier nicht um irgendwelche Katastrophen, mit der das ganze Leben ins Wanken kommt – es gleicht eher einem Lüftchen, das eine andere Jahreszeit ankündigt.

Bei alledem wird mir eines klar, wie sinnvoll es sein kann mit anderen zusammen über seine Träume zu schreiben. Es wird damit leichter, das Wirrwarr der Traumwelt aufzulösen und in Gedanken zu fassen. Ich danke also auch Dir für Deine Gedanken, mit denen sich das Puzzle mehr und mehr zu einem klaren Bild zusammenfügt. Ich werde jedenfalls an diesem Bild beginnen, um meine „Träume“ zu verändern.


Merlin
 
Damit nicht der falsche Eindruck entsteht, es geht hier nicht um irgendwelche Katastrophen, mit der das ganze Leben ins Wanken kommt – es gleicht eher einem Lüftchen, das eine andere Jahreszeit ankündigt.

... das Leben ist Veränderung, aber da erzähl ich Dir ja nichts neues.. Du weisst das wohl besser als ich, da Deine Erfahrungen weit intensiver und klarer sind.. aber Du hast doch auch Deine "Helfer" zur Seite.. und wer weiss, wohin Dich das "Lüftchen" trägt.... schau halt, dass nicht zu stürmisch wird....
...wobei jeder Sturm sich auch wieder legt....... ich wünsch Dir jedenfalls, dass Du die richtigen Antworten für Dich findest.

Alles Liebe, Nica
 
Lieber Merlin,
beim Lesen war mein erster Eindruck, dass du Bilanz ziehst, innerlich einen (Schluss)Strich gezogen hast, um mal zu sehen, wo du stehst...ich sehe die "Baustellen" nicht als wirkliche - reale - Probleme bei dir, sondern das eine Angst und Unsicherheit dir vorgaukelt, dass du "etwas" im Leben verpasst hast, dich verleitet zu glauben, dass leere Räume existieren - wo du noch etwas tun könntest/solltest...
 
Vielleicht steckt ja auch der Hinweis zum Raumnehmen in Deinen Träumen. Du nutzt viele Räume nicht....
 
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Liebe Icelady,

Du hast recht, als Problem verstehe ich diese Baustellen auch nicht. Wenn ein Haus zur Baustelle wird, klingt das eher nach Renovierung und notwendige Veränderung. Es ist jetzt in mir oder in den Träumen nun auch keine Panikstimmung, sondern eher ein Unmut über das Geschehen.

Merlin
 
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