Tiefe Trauer

Pancakes

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9. Februar 2015
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17
Ort
Mülheim an der Ruhr
Hallo,
ich bin neu hier, habe aber früher viel hier im Forum gelesen, bis ich irgendwann einmal den Glauben an alles Übersinnliche, an alles, was man nicht fassen kann, verloren habe. Nicht einmal an Seelen habe ich mehr geglaubt.
Jetzt bin ich allerdings an einen Punkt gekommen, an dem ich diesen Glauben wiederfinden möchte und ich denke auch, dass ich ihn eigentlich längst wiedergefunden habe. Jedenfalls brauche ich Hilfe, mit meiner Situation umzugehen und ich denke, ich bin hier richtig.

Ich bin 24 Jahre alt. Und ich bin Witwe. Das allein stellt schon ziemlich gut dar, wie verzweifelt meine Situation ist. Jedoch stelle ich mir viele Fragen über Schicksal, Glaube, Seelenpartnerschaft... Und deswegen möchte ich euch meine Geschichte erzählen und hoffe, dass ihr helfen könnt.

Mein Leben war immer unerträglich gewesen. Als Teenie hatte ich bereits Depressionen, habe gestottert, dann kamen noch eine ganze Menge viel ernsterer psychischer Erkrankungen hinzu. Mein Leben hatte keinen Halt, ich kannte gar keinen Halt. Habe mir nähe gewünscht, konnte aber keine Nähe zulassen.
Dann habe ich mich selbst in die Psychiatrie einweisen lassen und dort einen wunderbaren Menschen kennen gelernt. Er war 17 Jahre älter als ich, aber als wir uns gesehen haben... Wenn es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt, so war das in diesem Moment sicher der Fall. Von da an war ich von einem tiefen Glück erfüllt, ein Glück, das unendlich und perfekt ist. Er hatte schlimme Probleme mit Drogen und vor allem Alkohol, doch das hielt mich nicht von ihm ab. Als er zwei Wochen nach meiner Einweisung entlassen wurde, habe ich die Behandlung auf eigenen Wunsch abgebrochen und bin SOFORT zu ihm gezogen. Seitdem konnte uns nichts mehr trennen.
Er rührte keinen Alkohol mehr an, nach mindestens 15 Jahren hatte er mit meiner Hilfe den Absprung geschafft und uns erfüllte weiterhin dieses tiefe, unbeschreibliche Glück. Wir haben gesagt, wir wollen in uns reinkriechen und verschmelzen. Ich bin sogar nur arbeiten gegangen, wenn er schlief.
Wir zogen in unsere Traumwohnung, hatten Haustiere und wir waren eine glückliche Familie. Meine Krankheiten waren wie verschwunden, ich fühlte mich erfüllt und hatte einen Lebenssinn.
Ach ja... nach sechs Monaten Beziehung haben wir übrigens geheiratet. Wir waren uns so sicher.
Mein Mann war allerdings schwach. Ich sage, er war wie ein kleines Baby-Engelchen, das schutzlos auf die Welt geworfen wurde. Er war mein Mann und mein Kind zugleich. Er sagte, ich soll ihn immer vor dem Bösen beschützen, und so hielt ich auch immer meine schützende Hand über diesen guten, besonderen Menschen. Er war wirklich die Güte in Person. Wir waren so vertraut, ohne Hemmungen, haben alles geteilt.
Nach etwas mehr als 2 Jahren Ehe habe ich meinen Engel nun verloren. Vor meinen Augen ist er zusammengebrochen, die Ärzte taten alles, doch das Herz wollte nicht mehr schlagen. Er war zu schwach, zu gut für diese Welt.
Wie ich mich nun fühle, brauche ich kaum zu beschreiben. Ich kann nicht gehen, nicht essen. Ich fühle mich verlassen.
Doch gerade weil mein Engel und ich eine solche Bindung hatten, kann ich nicht daran glauben, dass es jetzt damit vorbei sein soll. Wir haben uns viel über den Tod unterhalten. Er sagte, wenn er stirbt, ist er jeden Tag bei mir. Doch gerade das spüre ich nicht. Aber ich brauche es. Ich war seine Lebenskraft und er war meine. Ich möchte einen Weg finden, weiter mit ihm zu leben, auch wenn sein Körper nicht mehr lebt.
Ich habe mir so viele Gedanken gemacht - Was ist, wenn er stirbt? Und diese Gedanken waren gar nicht so verzweifelt. Doch jetzt, diese endlose Leere.
Ich habe schlimme Gedanken, weil ich meinen Mann nicht spüre. Ich denke, er liebt mich nicht mehr. Ich bin verzweifelt, überall hängen und stehen nun Fotos von ihm.
Drei mal dachte ich, er wäre in mir. Meine Lippen haben sich angefühlt, wie seine. Kann das ein Zeichen sein? Oder bloß Wunschdenken? Ich möchte mich wirklich für so etwas öffnen. Ich denke, ich bin offen, doch ich fühle mich verlassen.
Da ich meinen Mann immer Engel genannt habe... Kann es sein, dass er wirklich aus einem bestimmten Grund bei mir war? Er war so gut, nicht von dieser Welt.
Und da wir uns von Anfang an abgöttisch geliebt haben... Kann es sein, dass er wirklich so etwas wie mein Seelenpartner war?
Ich stelle mir so viele Fragen. Hoffe, ihr könnt mit eurer Erfahrung meine Geschichte ein wenig deuten, bzw. mir sagen, ob da wirklich eine ganz besondere Bindung hintersteckt.
Und vielleicht könnt ihr mir helfen, mich zu öffnen. Einen Weg zu meinem Mann zu finden und seine Seele trotzdem ruhen zu lassen.

Sarah
 
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Schreibt mir denn niemand? Bitte... ich würde mich über jedes Wort freuen!

Weißt du Pancakes,
es ist schwer zu schreiben, wenn das Gefühlte nicht in Worte zu fassen ist, wenn das, was geschrieben werden möchte, sich nicht in Worte kleiden lässt, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, dass sie das Gegenteil bewirken, was sie eigentlich bewirken sollen, denn dein Schicksal ist hiobsähnlich unbeschreiblich, nostradamisch erinnernd und mit Bedacht zu betrachten. Was kann dir geraten werden, erzählt werden, außer ähnliche Schicksale, die vielleicht einen Mittrost zeigen, jedoch keine Linderung erbringen, keine Erklärungen bieten, weil selbst diese Fragen einen beseelen? Ich könnte dir so vieles sagen oder schreiben, doch sehe ich hier, dass da einfach ein Zugang fehlt. Du hast selbst viele Gedanken in den kurzen Zeilen geschrieben, die dich heimsuchen, die dich beschäftigen und dennoch ersuchst du Bestätigung für das, was bereits in dir auflichtet. Doch, was ist, wenn du Worte liest, die alles niederpurzeln, dich verschrecken, weil wer anders es nicht glaubt, was wenn es Streitphasen der Diskussionen entfacht, weil für und gegen erörtert wird, und der eigentliche Wunsch untergeht. Du suchst keine Schulter zum Ausweinen, du suchst Antworten auf deine Fragen, da wäre es möglicherweise fatal, Antworten zu geben, die keine Antworten wären sondern nur der Versuch, deinen Wunsch zu erfüllen.........

:)
 
Ach liebe Pancakes,

wahrscheinlich sind wir alle etwas schockiert und sprachlos. Mit 24 schon Witwe!!!

Ich möchte dir mein Beileid aussprechen, so hast du dir mit Sicherheit dein Leben nicht vorgestellt als du deinem Mann begegnet bist. Du musst jetzt alleine weitergehen und versuchen nicht in alt gekannte Muster zurück zu fallen.

Ob dein Mann "bei dir" ist oder nicht, kann ich dir nicht sagen. Ich bezweifle auch, dass dazu jemand eine verbindliche Aussage machen kann, beruhen derartige Gedanken doch einfach nur auf einen Glauben daran. Die einen sind davon überzeugt dass tote Seelen zwischen uns leben und Kontakt zu uns aufnehmen, andere vertreten die Ansicht die Seelen sind " im Licht" und somit auf einer anderen Ebene.

Ich kann dir keine Hilfe sein bei der Klärung dieser Frage, aber ich kann dich aus der Ferne mal in den Arm nehmen.

Liebe Grüße
R.
 
Mir geht es wie Ruhepol, ich weiß nicht was ich schreiben könnte. Außer, daß mir dein Verlust sehr leid tut! Es ist immer unfaßbar, wenn ein Mensch viel zu früh gehen muß.

Zu deiner Frage kann ich leider gar nichts sagen.
 
Hi Pancakes,

ich bin selbst verwitwet und kann nachfühlen wie es Dir gerade geht. Für mich war der Tod meines Mannes der Auslöser mich wieder mehr mit spirituellen Dingen zu beschäftigen. Ich bin sicher, Dein Mann ist an Deiner Seite solange Du ihn brauchst. Entweder Du kannst ihn nicht spüren weil der Schmerz Deine Sinne vernebelt, es kann aber auch sein, das er noch nicht soweit ist sich "spürbar" zu machen. Hab Vertrauen und achte auf kleine Zeichen, manchmal ist es für Verstorbene leichter, sich mit "normalen" Dingen bei uns zu melden. Das kann von der flackernden Glühbirne bis zur Feder auf dem Fensterbrett oder einer plötzlichen Temperaturänderung gehen. Neben entsprechenden Büchern (Voggenhuber, Smith) hat mir sehr geholfen das ich gelernt habe schamanisch zu reisen (man kriegt da echt geniale Antworten) und eine Ausbildung als Rückführungsleiterin zu machen. Alles was Du selbst siehst, fühlst und erlebst ist hilfreicher als alles was Dir andere erzählen können. Wobei ich auch Glück hatte ein tolles Medium zu kennen die mich voll überzeugt hat das sie "meinen Mann an der Strippe" hat.

alles Liebe,
Fen
 
Vielen Dank für eure Antworten. Jedes Wort ist mir ein Trost.

Über so etwas wie ein Medium habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Auch wenn so etwas vorher für mich undenkbar gewesen wäre. Ich habe auch viel zum Stress-Abbau meditiert, luzid geträumt, doch ich denke, wenn ich auf diese Weise versuche, meinen Mann zu erreichen, erreiche ich nur mein Unterbewusstsein, nur den Wunsch, meinen Mann zu finden und nicht ihn selbst.
 
Ich finde ein normaler Traum und ein luzider unterscheiden sich schon sehr voneinander und Träume sind eine gute Kommunikationsmöglichkeit.
Aber man braucht eine Weile um sich selber zu vertrauen und nicht alles in Frage zu stellen. Ein gutes Medium kann helfen, aber ich würde da sehr genau auswählen da hier viele Scharlatane unterwegs sind. Ich bin sicher Du schaffst es den Draht zu Deinem Mann zu bekommen, die Verstorbenen wollen uns liebend gerne wissen lassen das es ihnen gut geht Und lass Dir bloss nicht einreden Du störst sie damit bei irgendwas. Ich drück die Daumen das es bald klappt.
 
Es ist unsagbar schlimm, was dir passiert ist und das nach einer ohnehin schon schweren Zeit. Ich glaube nicht, dass es für solche Ereignisse im Leben eine wirklich zufriedenstellende Antwort oder Erklärung gibt, obwohl sich manche redlich damit abmühen, aber ich habe für mich irgendwann den Eindruck gewonnen, dass das Schreckliche ebenso wie das Mysterium des Lebens und des Todes nicht dazu geeignet sind, um mit menschlichen Denk- und Glaubensmodellen zufriedenstellend erfasst zu werden.
Leere und dein derzeitiger Zustand sind ein eindeutiges Indiz für eine Depression, du brauchst vorrangig therapeutische Hilfe und Unterstützung durch Nahestehende, Freunde/Familie...wen immer es da gibt. Erlaube dir schwach zu sein und lasse dich eine Strecke lang tragen und stützen. Du brauchst es und hast es verdient.
Meiner Meinung nach kann man oft nur mehr auf Ereignisse reagieren und es ist wichtig, wie man sie verarbeitet. Bei tiefer Trauer kann das viele Jahre dauern, bis man lernt das Unfaßbare wirklich zu integrieren, das ist natürlich auch stark von dem jeweiligen Menschen und dem Zugang zu dem Thema abhängig, aber sei hier einfach geduldig mit dir, gib dir die Zeit, die du brauchst und versuche dich auch zugleich für das zu öffnen, was unabhängig davon trotzdem vorhanden ist - das Schöne, die Liebe, eine warme Hand, die die streichelt und tröstet.

Langfristig würde ich an deiner Stelle nicht versuchen den Verstorbenen zu erreichen, sondern ins Licht zu schicken. Eine Verbindung habt ihr ja trotzdem über den Tod hinaus, sie ist in deinem Herzen, aber das bedeutet nicht, dass er weiterhin alles für dich zu sein hat. Gerade jetzt brauchst du Menschen, die dir helfen. Suche nicht deinen Trost, indem du den Toten festhältst. :( Ich weiß, so etwas schreibt sich tausendmal leichter, als man es dann selbst in die Praxis umsetzen kann, schon bei einer unglücklichen Liebe dauert das mitunter sehr lange, wenn man jemandem dann so brutal und unvorbereitet verliert, ist es noch viel schlimmer...aber jede Minute, wo du auf dem Weg bist, dich wieder ein bißchen besser zu fühlen, ist wichtig und wir dir langfristig betrachtet helfen.
Es geht jetzt um dich, du solltest das Allerwichtigste für dich sein. Alles Liebe und eine feste virtuelle Umarmung, möge deine Seele heilen.
 
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Ich denke nicht, dass ich meinen Mann stören könnte. Immerhin hat er mir gesagt, dass er mich auch nach dem Tod nicht allein lässt. Und er wusste, wie sehr ich leiden würde. Ich fühle mich nur momentan von Liebe verlassen, weil ich nichts spüre. Oder eben glaube, nichts zu spüren. Es hat sich wirklich drei mal so angefühlt, als sei er in mir drin. Und einmal habe ich mir ein Foto von ihm angesehen und mein Spiegelbild im Rahmen passte genau auf sein Gesicht. Das war ein sehr schöner Moment, in dem ich mich ihm nahe fühlte. Aber ich weiß nicht, ob er wirklich bei mir war.
Auch unser Lieblings-Rosenbusch muss irgend eine Bedeutung haben. Das ganze Jahr über blühen dort zwei Knospen. Mein Mann sagte immer, das sind wir beide. Und wenn ich jetzt nach draußen sehe, sind die Knospen noch immer da.
 
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