Die Kraft
Habe noch drei Geschwister, und bei uns zu Hause ging
es rauh zu. Wenn mein Vater einen Cholerischen Anfall hatte, schlug er immer auf meine Schwester ein,
dass hat mir selbst so weh getan, wenn ich sie trösten wolle, hat sie mich weg geschubst, weil mein Vater
nie an mich gegangen ist. Ich war ein ruhiges in mich gekehrtes Kind. Und all den Schmerz den meine
Schwester abbekommen hat, hat sie an mir ausgelassen.
Sie ist 7 Jahre älter als ich, und hat mich von
Anfang an, als Konkurrentin gesehen. Das weiß ich heute. Sie hat in ihrem Hass, schlimme Dinge mit mir gemacht, ein Beispiel, das sie mir die Haare vom Kopf gebrannt hat. Dann wurde sie bestraft, was ihren
Hass gegen mich nur steigerte. Und ich, unfähig mich zu wehren, ich hatte die ganze Kindheit hin durch
Angst vor ihr. Selbst in der Pubertät, als ich inzwischen wesentlich größer war als sie, war ich ihr gegen-
über wie gelähmt. Und ich hatte im Laufe der Jahre so viel Aggressionen in mir angesammelt, die ich
unterdrückt habe, weil ich nicht so sein wollte wie sie. Mit 18 Jahren ist mir wirklich die Galle geplatzt,
ich hatte 49 Gallensteine, für jeden innerlichen Schrei warscheinlich einen.
Danach hab ich diesen, für mich unheilvollen Ort verlassen und bin nach Berlin gezogen, weit weg.
Dort ist mir bewusst geworden, das ich weder ein Selbstbewusstsein habe, noch weiß was Leben überhaupt
bedeutet. Und ich hab mich ins volle Leben gestürzt. Und doch hat mich die alte Angst nicht verlassen,
so unverdaut, hauste es in mir. Hin und wieder hat mich eine Panik überwältig, hilflos ausgeliefert den
Gefühlen der alles verschlingenden Angst, auch wenn alles gut war, ich war verheiratet mit einem guten
Mann, hatte ein wunderschönes Kind, außen war alles gut, in mir nur temporär.
In dieser Zeit hatte ich viele Masken auf, weil ich nicht wollte, das jemand dieses verrückte, diffuse,
in Wahrheit völlig verängstes Ich, von mir sieht. Einmal hat jemand zu mir gesagt, dass ich wie ein
Wattewölkchen bin. Das fand ich seltsam, weil in mir hat es gekocht, da hab ich erkannt, dass man
mich so wahrnimmt. Erschreckend, meine zwei Seiten so in aller Klarheit zu sehen.
Ich wurde in Berlin geliebt und so akzeptiert wie ich war. Es war neu für mich, und hat mir Kraft gegeben.
Und dann kam der Tag, an dem der Tiger in mir erwachte.
Es war ein schöner Samstag, meine kleine Familie und ein Pärchen mit Kind, unsere Freunde,
unterwegs in den Treptower Park zum spielen. Uns kamen drei Polizisten entgegen, DDR Polizisten.
Wir langhaarig und als Hippies zu erkennen, waren ein gefundenes Fressen für die drei.
Ich hatte an meiner Jeans Jacke einen Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen", dass stille Protest Zeichen,
der Anders denkenden. Einer meinte dann zu mir, ich solle das von meiner Jacke entfernen, ich
habe intellektuell argurmentiert, was ihn überforderte und in Rage brachte. Da stand sie wieder vor
mir, diese Wut und der Hass, den ich in meiner Kindheit zur genüge gespürt habe. Mein Mann hat sich
vor mich gestellt, als der eine mir den Aufnäher von der Jacke reissen wollte, die anderen zwei
Polizisten haben ihn weg gezogen und der andere fasste mich ziemlich fest am Arm um den Aufnäher
weg zu reissen.
Da stiegt all der unterdrückte Zorn in mir auf, etwas was ich nie zugelassen habe, WIDERSTAND !!!
überflutete mich und ich hab ihn mit all meiner Kraft, von mir gestoßen, das er umfiel. Ich war zu
tiefst erschrocken, was eine Wucht da kam. Das wars für mich. 6 Monate Stasi-Knast, wegen
Widerstand gegen die Staats(gewalt), so heisst das wirklich.
Widerstand, gegen alles was mir nicht gut tut, dass auch zu dürfen, war zwar noch ein langer Weg
und brauchte viele Jahre Therapie und REHAS, ohne den Moment des Impulses, dem ich nachgegebe habe,
in WIDERSTAND zu gehen, die Kraft die wirklich in mir schlummert, habe ich mich selbst befreit.
Oft wacht man erst wieder auf, wenn man Re-Traumatisiert wird. Dann war ich so voller Kraft,
dass mir keiner mehr dumm kam, jeder der ein Nein nicht respektiert hat, kam die Kraft über mich,
und völlige Klarheit, mir selbst nun treu. Diese Kraft, es fühlt sich als unbesiegbare Stärke an, und ist ein unglaublich schönes Gefühl. So wie Helden sich fühlen müssen. Und wieder auf die Harte Tour musste,
ich nun lernen, dass man damit nicht spielen darf.
Ich führe auch seit dieser Kindheit einen Dialog, für mich ist es meine Seele, die mit mir spricht,
mich begleitet, vor "Dummheiten" versucht zu bewahren, wenn ich ungerecht bin, oder zu sehr
Ich-Bezogen, sagt sie mir das, und dann kann ich damit arbeiten, wenn ich es weiß. Und da bin
ich, glaube ich, sehr fleißig. Die Seele sorgt für den Ausgleich, wenn ich dabei bin mich selbst zu
überschätzen. Die Wege sind so viele, für jeden so, wie er-sie es braucht.
Viel Wandlung ist in mir geschehen, wenn ich den Ausgangspunkt heute
betrachte, ich bin eine völlig Andere, als das gelähmte, verängstigte Kind. Ich wollte aber nichts
sehnlicher als, aus diesem "Sumpf" heraus zu kommen, dem ich entsprungen. Auf der Suche nach
Gott. Nach dem Schönen, versöhnlichen, Weisheit. Ich musste durch die Hölle laufen, und diese
Kraft hat mich nie verlassen, doch manchmal schon, dann hab ich mich gefühlt, wie der einzige
Mensch auf Erden. Leer und müde. Ich habe all das ausgehalten, und noch viel mehr.
Aber
Selbstmitleid verspüre ich heute nicht mehr, wenn ich meinen Weg sehe, macht vieles, NUN,
einen Sinn für mich. All dieser unendliche Schmerz, bei dem ich mehrmals gestorben bin, völlig
verzweifelt, tief verstrickt im Labyrinth, schwer depressiv 12 Jahre. Und jedesmal tauche ich
wieder auf, nach jeder Krise, und bin reicher dadurch, so empfinde ich das. Wie leidensfähig ich
bin und wie es mich wach gemacht hat. Meine wahre Schule.
Kenne auch die Höchsten Höhen der Freude und des Glücklichs Seins, im Nachhinein hat mir das
Bi-Polare sogar geholfen, denn die Welt aus trüben Augen wahrzunehmen, ist nicht meines, ich
brauche Schönheit. Und auch die Dunkelheit hat ihre Schönheit, dass weiß ich jetzt.
Tief in mir ist da so ein fernes Wissen, das ich hier eine Erfahrung als Mensch mache, schon
viele Male. Und immer kommt ein neuer Aspekt, um" das Tier" in uns zu überwinden und MENSCH
zu werden. So wie es einst gedacht wurde. Der Ausgang.
Heute kann ich sagen, nach unendliche Mühen, die Geister der Vergangenheit haben sich komplett
zurück gezogen. Ich habe ihnen die Macht über mich entzogen. So verstehe ich auch die Jesus Geschichte,
der Mensch muss ein Neues Bewusstsein entwickeln, das Alte muss sterben, damit der Mensch, LEBEN kann.
Ohne das Rad, an das man geknechtet ist, egal wie das Rad aussieht. Wir sind alle FREI geboren,
und nur ein Gedanke weiter, wartet die Unendlichkeit, und die Möglichkeit der Verwandlung.
Da bin ich wie ein Fels, weil ich das weiß, ich erlebe es. Ich bin Dankbar für diese Kraft die mich
still begleitet, mir scheint seit Äonen von Jahren, selbst bei jeder neuen Erkenntnis, bin ich dann immer
wie ein Kind, nur Jetzt kann das alles frei fließen, in Freude, ohne den Schatten der Vergangenheit.
Wir tragen ALLE unsere Geschichten in uns, die wenigsten sind von Liebe geprägt, vor dieser Welt muss
man sich auf irgend eine Art und Weise schützen, sonst ist man verloren.
Früher dachte ich auch öfters, ach wenn ich doch tot wäre, und das alles nicht mehr ertragen müsste.
Heute weiß ich, wir müssen eh alle sterben, und nun sehe ich mein Leben als Erfahrung an, und entdeckte
täglich was neues an mir.
Glaube und WILLE sind stärker als man selbst zu glauben vermag.