Psychiatrie - Schizophrene Psychose oder doch Hellhörig?

Es fällt mir auf, daß ich eine ganze Reihe von Menschen kenne, deren Leben Erfolg- und Konsumorientiert verlief, und die nach einem Schock (Unfall, Tragödie...) plötzlich hellhörig, vorausahnend wurden, Spiritualität für sich entdeckten und sie in ihr Lebensweg integrierten...
ihr Leben veränderte sich um 180°...
Die Meisten kenne ich erst in ihrem zweiten Leben, das erste nur aus Hörensagen.
 
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Sie erwähnte, dass sie nach dem letzten Schub vier Monate in einer Psychiatrie war und das ist für eine Psychose außergewöhnlich lange.

Das stimmt nicht so ganz, dass es außergewöhnlich lange ist. Es kommt nämlich gravierend darauf an, wie ausgeprägt der akute Schub ist.

Ich arbeite täglich mit Menschen, die u.U. an Schizophrenie erkrankt sind. Dieses jedoch nicht in der Psychiatrie, sondern im betreuten Wohnen.
Unsere Klienten sind nämlich nicht mehr vollkommen in der Lage aufgrund ihrer Erkrankung alleine zu leben oder aber leben zwar selbstständig im eigenen Wohnraum, aber mit Unterstützung unterschiedlichster Form.

Alle sind medikamentös eingestellt, was viele jedoch nicht davon befreit trotzdem einen Schub mit einer akuten Psychose zu bekommen und dann auch ins KKH gehen. Auch hört das Paranoide nicht ganze auf und ebenso nicht die Stimmen im Kopf.

Nun kenne ich aber auch Patienten, die im Laufe ihres Lebens zwar Episoden einer Psychose hatten, jedoch zwischendurch immer wieder in der Lage waren, mehr oder weniger ein selbstbestimmtes Leben und Alltag führen zu können. Auch im nachhinein sehr reflektiert über ihre Erkrankung reden können, ähnlich wie die Journalistin bei Lanz.

Was diese Dame angeht, sie mag zwar am Anfang recht belustigend über ihre Vorfälle berichtet haben, jedoch im weiteren Verlauf wurde auch sie ernster, nämlich , als sie darüber sprach, dass sie anfing Leute aus ihrem Umfeld bei der Polizei anzuzeigen. Da war nix mehr mit humorvoll und trallalla.

Und auch heute führt sie nicht mehr das Leben, wie vor Ausbruch der Krankheit. Sie ist nicht mehr in ihrem eigentlichen Job sondern arbeitet mit Aufträgen und auch eher im kleinen Rahmen.

Medikamentös ist sie nachwievor eingestellt.

Auslöser bei ihr war übrigens nach eigener Angabe, dass sie unglücklich verliebt war, die Liebe nicht erwidert wurde. Kein Konflikt mit den Eltern. Obwohl ich das nicht ausschließen möchte.
 
Alle sind medikamentös eingestellt, was viele jedoch nicht davon befreit trotzdem einen Schub mit einer akuten Psychose zu bekommen und dann auch ins KKH gehen. Auch hört das Paranoide nicht ganze auf und ebenso nicht die Stimmen im Kopf.

Zu meinem Kumpel (Psychiater) kommen in Privatpraxis medikamentös eingestellte Psychose-Patienten, die ihr Berufsleben haben aufnehmen können (da ist die Spannbreite der Betriebe meist begrenzt, am leichtesten geht es als Mitarbeiter eines städtischen, staatlichen Betriebes, aus der Privatwirtschaft kaum Jemand, höchstens aus familiärem Betrieb und natürlich Freiberufler). Und eben sie gehören zur Gruppe, die bei leisestem Anflug von psychotischen Vorwarnungen sich an den Arzt wendet, um eben nicht einen vollen Schub zu erleiden und auf Klinikaufenthalt angewiesen zu werden.
 
Und eben sie gehören zur Gruppe, die bei leisestem Anflug von psychotischen Vorwarnungen sich an den Arzt wendet, um eben nicht einen vollen Schub zu erleiden und auf Klinikaufenthalt angewiesen zu werden.

Es gibt durchaus vielfach erkrankte Menschen, die in der Lage sind ein weitesgehend "normales" Leben führen zu können. Ob das nun am Außmaß, Schweregrad der Schizophrenie liegt oder aber an der eigenen Persönlichkeit oder beides, das weiß man nicht so genau.

Bei unseren Patienten ist die Krankheit bereits teilweise über Jahrzehnte schon so manifestiert, dass keine Aussicht auf Besserung besteht. Da gilt es lediglich, den Tag und die Nacht so gut es geht zu meistern.

Fast alle wissen, dass zB die Stimmen im Kopf nicht real sind, sie aber dennoch die Herrschung über sie übernommen haben.
Trotz Medis verstummen die Stimmen nicht. Dann lassen viele Fernseher und Radio zugleich laufen, damit wenigstens die Lautstärke der Stimmen ein wenig übertüncht werden können.

Manchmal lindern zusätzliche Bedarfsmedikamente ein wenig.
 
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Fast alle wissen, dass zB die Stimmen im Kopf nicht real sind, sie aber dennoch die Herrschung über sie übernommen haben.
Trotz Medis verstummen die Stimmen nicht. Dann lassen viele Fernseher und Radio zugleich laufen, damit wenigstens die Lautstärke der Stimmen ein wenig übertüncht werden können.

Manchmal lindern zusätzliche Bedarfsmedikamente ein wenig.


ich hab vor weit über 20 Jahren einen Mann in Wien kennengelernt, der an der Schizophrenen Psychose erkrankt ist (damals seit 20 Jahren). Er war einer der Ersten (in Ö auf jeden Fall Pionier), die für Musikhören per Kopfhörer, während die Stimmen ihn arg belästigten, plädierte und meinte, er kann dadurch seine Medikation im Schach halten und eher drücken als erhöhen.
 
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Das stimmt nicht so ganz, dass es außergewöhnlich lange ist. Es kommt nämlich gravierend darauf an, wie ausgeprägt der akute Schub ist.

Ich arbeite täglich mit Menschen, die u.U. an Schizophrenie erkrankt sind. Dieses jedoch nicht in der Psychiatrie, sondern im betreuten Wohnen.
Ich kenne die Aufenthaltsdauern, weil ich in einer Psychiatrie arbeite.
Letztendlich spielen viele Faktoren eine Rolle, in allererster Linie ist das die Form der Schizophrenie (es gibt ja einige).

Ich weiß nicht, ob die Dame ihre exakte Diagnose irgendwo im Film genannt hat?
Längere Aufenthaltsdauern gibt es bei uns, im Vergleich zu "früher" kaum noch, u.a. weil es Wohngruppen u.ä. gibt, was ehemals nicht der Fall war - da lebten Menschen mit diesen ausgeprägten Krankheitsbildern mitunter jahrelang in einer Psychiatrie (aber das ist glücklicherweise lange her)
Die durchschnittliche Behandlungsdauer bei Schizophrenie liegt bundesweit bei ca. 32 Tagen (was natürlich einen viermonatigen Aufenthalt einschließt, da andere oft nur ein paar Tage stationär kommen).

Ich weiß, dass es ebenfalls stark abhängig vom Bundesland ist, aber Hamburg und überhaupt Norddeutschland ist von den Aufenthaltsdauern doch auch in einem moderaten Rahmen, so weit ich informiert bin.
 
Ich kenne die Aufenthaltsdauern, weil ich in einer Psychiatrie arbeite.

dann finde ich deinen (hier praktizierten) Wissenschafts"wahn" echt grotesk: gerade Psychiatrie, neben Dermatologie, gehört zu den Fachgebieten der Medizin, deren Erkrankungen am schwierigsten diagnostisch präzise , zuverlässig und begründbar! benennbar und einzuordnen sind.
 
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dann finde ich deinen (hier praktizierten) Wissenschafts"wahn" echt grotesk: gerade Psychiatrie, neben Dermatologie, gehört zu den Fachgebieten der Medizin, deren Erkrankungen am schwierigsten diagnostisch präzise , zuverlässig und begründbar! benennbar und einzuordnen sind.

Ich weiß nicht ganz genau, wie du das meinst, denn gerade Schizophrenien sind ja überdeutlich ... .

Meinst du die Abgrenzung der Schizophrenien voneinander oder die relativ große Vielfalt der Psychosen an sich oder meinst du weitere Diagnosen wie ADHS, Persönlichkeitsstörungen, depressive Episoden, Autismus usw., die noch mal ganz anders sind (sowohl in der Diagnose als auch im zeitlichen Wandel der Diagnosen - ein sehr komplexes und spannendes Thema)?
 
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