Placebo-Effekt

LeBaron

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Hallo!

Schon seit einiger Zeit säge ich an einem Fundament meines Weltbildes,
das ich bis dato als unverrückbar angesehen habe.

Es geht um den sog. Placebo-Effekt.

Für mich war klar, dass sämtliche "alternativen" Heilmethoden ausschliesslich
diesen Placebo-Effekt instrumentalisieren und bestenfalls optimieren.

Bekanntlich wird in klinischen Studien über z.B. die Wirksamkeit eines
neuen Medikamentes generell eine Placebo-Kontrollgruppe mitgefahren. Und
zwar im "Doppelblind"-Modus, d.h. weder die Mediziner, noch die Patienten
wissen, ob mit dem zu testenden Medikament oder einem objektiv unwirksamen
Placebo behandelt wird.

Als objektive Wirksamkeit des Medikamentes wird dann gewertet, inwiefern
selbiges die positiven Effekte des Placebos übersteigt. Ergibt sich also
kein Unterschied zwischen der Medikamenten-Gruppe und der Placebo-Gruppe,
so muss das Medikament als unwirksam gelten.

Dieses Verfahren erscheint mir perfekt, was die Beurteilung eines Medikamentes
bzw. einer Therapie betrifft.

Nur so konnte nachgewiesen werden, dass z.B. Homöopathie effektiv unwirksam,
d.h. nicht besser als eine Placebo-Therapie ist. Die groteske theoretische
Erklärung von Homöopathie beachtend, verwundert das keinen.

Soweit, so gut. Jetzt das fundamentale Problem.

Für Effekte einer Placebo-Therapie gibt es ebenfalls absolut keine
allgemein akzeptierte, erklärende Theorie.

Es ist zudem grundsätzlich unmöglich, die Effekte in der Kontrollgruppe
monokausal die auf Placebo-Therapie zurückzuführen.

Das ist pure Spekulation! Es gibt beliebig viele Erklärungen für
positive Effekte in der Placebo-Gruppe. Zum Beispiel könnte ein
Effekt

- rein zufällig auftreten (Spontanheilung)

- durch statistische Regression verursacht sein

- schlicht und einfach den normalen Verlauf der Erkrankung
widerspiegeln und auch ohne jede Therapie aufgetreten sein.

Man müsste offenbar eine dritte Kontrollgruppe mitfahren, die überhaupt
keine Therapie erfährt und diese dann gegen die Placebo-Gruppe messen!

Die wenigen klinischen Studien, die so vorgehen, haben - soweit ich
das überblicke - absolut keinen relevanten positiven Effekt einer
Placebo-Therapie nachweisen können!

Das würde man so werten können, dass der berühmte Placebo-Effekt schlicht
und einfach nicht-existent ist!

Die Sache ist unter Experten noch heiss diskutiert. Den Stand der Dinge
poste ich asap. Für mich sieht es aber so aus, als ob es diesen sog.
Placebo-Effekt nicht gibt. Plump gesagt: ein Krebskranker stirbt mit
Sicherheit an einer Placebo-Therapie, genau so als wäre er überhaupt
nicht behandelt worden. Er glaubt sich vlt. subjektiv besser zu fühlen,
an seinem Tod ändert das aber nicht das geringste.

Gruss
Le Baron
 
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Schalom Baron

ich finde die Doppelblindtests auch sehr interessant, vorallem wenn man bedenkt, das in den meisten dieser Test bestätigt wird, dass der Placeboeffekt nur unwesentlich hinter der Heilwirkung eines Medikamentes zurücktritt. in vielen fällen ist es ja etwa so, dass die heilquote bei einem Medikament za 70 % ist, der Placeboeffekt aber nur unwesentlich mit etwa 50% zurücktritt, was doch beweisst, dass der Glaube an die heilwirkung eines Medikamentes ein Grossteil der Heilung mitverantwortlich macht.

hmm... Homeopathie... da kommt es drauf an, welche Studie man betrachtet, denn die Studienergebnisse gehen oft weit auseinander, von "völliger Quatsch" bis hin zu "bewiesene Heilwirkung"

mfg by FIST
 
in vielen fällen ist es ja etwa so, dass die heilquote bei einem Medikament za 70 % ist, der Placeboeffekt aber nur unwesentlich mit etwa 50% zurücktritt, was doch beweisst, dass der Glaube an die heilwirkung eines Medikamentes ein Grossteil der Heilung mitverantwortlich macht.
Hi Fist - eben nicht! Das ist mein Punkt.

Nehmen wir mal an, deine Zahlen stimmen.

Die 50% Quote des Placebo-Strangs kannst du mit
keinerlei Ursache in Verbindung bringen, also auch
nicht mit

"Glaube an die Heilwirkung eines Medikamentes"

Das ist pure Spekulation.

Dazu müsstest du zumindest eine weitere Kontrollgruppe
mitfahren, die überhaupt keine Therapie erhält.

Wenn diese Kontrollgruppe auch bei 50% liegt,
dann beweist dies, dass die Heilwirkung der Placebo-
Therapie bei dieser Studie identisch gleich
null gewesen ist.

hmm... Homeopathie... da kommt es drauf an, welche Studie man betrachtet, denn die Studienergebnisse gehen oft weit auseinander, von "völliger Quatsch" bis hin zu "bewiesene Heilwirkung"
OK, das will ich hier nicht ausführen. Mir geht es
um den Placebo-Effekt.

Viele Grüsse
Le Baron
 
Schalom Baron

wenn 50 % der Probanten durch ein Placebo geheilt werden, dann ist die Wirklung eben nicht gleich null, sondern liegt bei 50%

sonst könnt ich ja auch sagen, dass die 70% Heilwirkung eines Medikamentes gleich Null ist

mfg by FIST
 
Hallo FIST,

du verstehst meinen Punkt nicht. Das mag an meiner
missverständlichen Argumentation liegen.

wenn 50 % der Probanten durch ein Placebo geheilt werden, dann ist die Wirklung eben nicht gleich null, sondern liegt bei 50%
Der Denkfehler liegt in der Annahme, dass die
Wirkung in der Placebo-Gruppe DURCH das Placebo
hervorgerufen wird.

Dafür gibt es keinerlei Evidenz.

Die 50% könnten genauso gut samt und sonders
Spontanheilungen sein. Oder dem natürlichen
Heilungsprozess geschuldet. Oder was auch immer.

Ist das nicht verständlich?

sonst könnt ich ja auch sagen, dass die 70% Heilwirkung eines Medikamentes gleich Null ist
Nein. Die effektive Wirksamkeit liegt ja bei 20%.

Die 50% des Placebo-Stranges werden abgezogen,
unabhängig davon, wie diese 50% eigentlich
zustande kommen.

Das ist wohl i.a. in Ordnung.

Problematisch wird es, wenn eine Placebo-Therapie
schlechter abschneidet als keine Therapie!

Dann müsste das Medikament gemessen werden
an "keine Therapie".

Gruss
LB
 
Schalom Baron

ich verstehe schon, worauf du hinaus willst, nur bin ich eben anderer Meinung..

ja, man sollte auch eine Kontrollgruppe haben, die gar nicht behandelt wird (was übergins beim Doppelblindverfahren meistens der Fall ist)... und diese dann mit der Heilung vergleichen. Sicher aber ist, dass wer nicht behandelt wird und somit auch kein Glaube an eine mögliche Wirkung hat viel weniger Aussicht auf Heilung hat, als Placebopatienten oder Medikamentenpatienten.

nur mal ein Beispiel aus den Alters und Pflegeheime... es gibt in diesen oft recht Süchtige Patienten, oft nach Schlafmittel... diese klingeln oft die ganze Nacht dass sie ihre Tabletten brauchen um zu schlafen. Gibt man ihnen keine, schlafen sie nicht. Nun haben die Pflegeasistenten natürlich stirkte Anordnungen, wem sie Schlafmittel geben dürfen und wem nicht, was machen sie? die Patienten kriegen ein Placebo (meist ein Traubenzucker in der Form eines Schlafmittels) und die Patienen schlafen dann wie ein Baby... Hier zeigt sich doch ganz klar der Wert an den Glauben des Medikamentes, der ganze Vorgang des Einnehmens, das Ritual bewirkt eine Wirkung. Gleiches wird auch mit Antidepressiva viel gemacht mit einer erstaunlichen Wirkung...

Der Mensch braucht nunmal Rituale um an etwas glauben zu können, und der Glaube ist eines der Mächtigesten Mittel die es gibt (wusste schon Paracelsus der so gut wie alles heilen Konnte)

mfg by FIST
 
ja, man sollte auch eine Kontrollgruppe haben, die gar nicht behandelt wird (was übergins beim Doppelblindverfahren meistens der Fall ist)... und diese dann mit der Heilung vergleichen.
Leider nicht. Es gibt insgesamt wohl so ein dutzend
Studien mit einer dritten Kontrollgruppe "keine Therapie".

Was natürlich auch ethische Gründe hat.

Ich suche noch deutsche Links dazu, dann werde
ich die total ernüchternden Ergebnisse posten.

Mach dich auf was gefasst.
Sicher aber ist, dass wer nicht behandelt wird und somit auch kein Glaube an eine mögliche Wirkung hat viel weniger Aussicht auf Heilung hat, als Placebopatienten oder Medikamentenpatienten.
Sicher ist nur, dass wir mal sterben. Sonst überhaupt nichts.

Ich sehe dein Problem, von gewohnten Denkmustern
abzusehen. Das kenne ich gut.

nur mal ein Beispiel aus den Alters und Pflegeheime... es gibt in diesen oft recht Süchtige Patienten, oft nach Schlafmittel... diese klingeln oft die ganze Nacht dass sie ihre Tabletten brauchen um zu schlafen. Gibt man ihnen keine, schlafen sie nicht. Nun haben die Pflegeasistenten natürlich stirkte Anordnungen, wem sie Schlafmittel geben dürfen und wem nicht, was machen sie? die Patienten kriegen ein Placebo (meist ein Traubenzucker in der Form eines Schlafmittels) und die Patienen schlafen dann wie ein Baby...
Hier zeigt sich doch ganz klar der Wert an den Glauben des Medikamentes,
Nein.

Hier zeigt sich bloss, dass Menschen auch von
Placebos süchtig werden können!

Ausserdem ist es für mich völlig unvertretbar, dass
Ärzte ihre Patienten anlügen. Wie hier mit alten
Menschen verfahren wird, ist menschenverachtend.

der ganze Vorgang des Einnehmens, das Ritual bewirkt eine Wirkung.
Es ist zu beweisen, dass nicht ein anderes Ritual
ohne Placebo mindestens den gleichen Effekt hat.

Z.B. ein Glas Apfelsaft trinken und dann in einem
guten Buch lesen.

Der Mensch braucht nunmal Rituale um an etwas glauben zu können,
Ja. Das heisst noch lange nicht, dass diese Rituale
irgendeine Medikation beinhalten müssen.

Gruss
LB
 
Die Sache ist unter Experten noch heiss diskutiert. Den Stand der Dinge
poste ich asap. Für mich sieht es aber so aus, als ob es diesen sog.
Placebo-Effekt nicht gibt. Plump gesagt: ein Krebskranker stirbt mit
Sicherheit an einer Placebo-Therapie, genau so als wäre er überhaupt
nicht behandelt worden. Er glaubt sich vlt. subjektiv besser zu fühlen,
an seinem Tod ändert das aber nicht das geringste.
Quellen:

Neuro24 Placeboeffekte:

Viele Verfechter der Alternativmedizin geben offen an, dass sie die Kunst der Medizin
darin sehen, den Patienten Placebos so anzubieten, dass diese die Selbstheilungskräfte
dieser Patienten aktivieren. Nicht nur scherzhaft wurde schon behauptet, dass Placebos
die bestuntersuchten Medikamente überhaupt sind, da sie in fast jeder Studie eingesetzt
werden und oft erstaunliche Effekte erzielen.

Ob sich diese Effekte allerdings überhaupt, und wenn ja in wie weit, sie sich vom
Spontanverlauf unterscheiden, ist bei vielen Krankheiten und Symptomen zweifelhaft.
Eine Übersicht der Cochrane Library konnte jedenfalls bei Durchsicht von Studien die
Plazebogruppe und eine nicht behandelte Gruppe enthielten keinen eindeutigen Unterschied
zwischen den Gruppen finden,
am ehesten fand sich ein solcher Unterschied bei der Schmerzmedikamente.

"Aus den Besserungsraten in Plazebogruppen klinischer Studien lässt sich nicht auf
Plazeboeffekte im Sinne von positiven therapeutischen Effekten schließen. Hierzu müssten
unbehandelte Kontroll- mit Plazebogruppen verglichen werden."


Es gibt keine Rechtfertigung für den bewussten therapeutischen Einsatz von Placebos
außerhalb von Studien, da dies letztlich einen Betrug am Patienten darstellt.

Hrobjartsson und Götzsche bieten eine Erklärung an, warum Ärzte bislang zur Überschätzung
von Placebos neigen. Ärzte machen nämlich in Studien immer wieder die Beobachtung,
dass es auch den Patienten, die Placebos erhalten, im Laufe der Studie besser geht
als zu Beginn. Hrobjartsson und Götzsche vermuten aber, dass diese Besserung schlicht
durch natürliche Schwankungen im Verlauf vieler Krankheiten bedingt ist, also nichts
mit der Wirkung einer Therapie zu tun hat.
Selbst bei unheilbaren und chronischen
Krankheiten wechseln immer wieder bessere mit schlechteren Phasen: Allergiker, Herz-
und Krebskranke kennen das. Zu An Studien nehmen aber vor allem Patienten teil, die
sich gerade schlecht fühlen. Da ist mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass
eine Reihe von selbst in eine Phase kommt, in denen es ihnen wieder etwas besser geht.
Ähnliches gilt für das Aufsuchen alternativer Heiler.

Genauso wie ein Placebo eine glaubensbedingte Wahrnehmung eines gesundheitsfördernden
Aspektes
ist, so ist das Nozebo die glaubensbedingte Wahrnehmung eines gesundheitsabträglichen
Effektes.


Is the Placebo Powerless?— An Analysis of Clinical Trials Comparing Placebo with No Treatment:

We conducted a systematic review of clinical trials in which patients were randomly
assigned to either placebo or no treatment.

As compared with no treatment, placebo had no significant effect on binary outcomes,
regardless of whether these outcomes were subjective or objective.

Conclusions We found little evidence in general that placebos had powerful clinical
effects.
Although placebos had no significant effects on objective or binary outcomes,
they had possible small benefits in studies with continuous subjective outcomes and
for the treatment of pain. Outside the setting of clinical trials, there is no justification
for the use of placebos.


James Randi Forum: The reason for the rise of alternative medicine:

Ein hervorragender Forumsthread, in welchem der Mythos des heilwirksamen Placeboeffektes
von fachkundigen Postern in der Luft zerrissen wird.

Gruss
Le Baron
 
Wie läuft das denn mit den Doppelblindstudien - die Mediziner wissen ja nicht welcher Patient die Medizin, das Placebo oder nix bekommt. Aber sie wissen ja wohl das es diese drei Möglichkeiten gibt, oder? Das ist ein Einflußfaktor. Und einer muß es ja wissen, eienr ist ja immer der Organisator, der Verursacher des Tests. Und vielleicht spielt es eine Rolle in welcher Beziehung er zu den Medizinern steht, in welcher Sachlichkeit er dem Ganzen gegenübersteht.

Kam mir grad so... derzeit bin ich in der Materie wenig zuhaus und kann nicht voll mitreden bei Euch aber ich dachte evtl. ist der Aspekt neu für Euch, dann schreib ich das mal besser gleich bevor's sich wieder verliert.
Ich schau wieder rein.
flo
 
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Hallo LeBaron,

Für Effekte einer Placebo-Therapie gibt es ebenfalls absolut keine
allgemein akzeptierte, erklärende Theorie.
Es ist zudem grundsätzlich unmöglich, die Effekte in der Kontrollgruppe
monokausal die auf Placebo-Therapie zurückzuführen.
Das ist pure Spekulation! Es gibt beliebig viele Erklärungen für
positive Effekte in der Placebo-Gruppe. Zum Beispiel könnte ein
Effekt
- rein zufällig auftreten (Spontanheilung)
- durch statistische Regression verursacht sein
- schlicht und einfach den normalen Verlauf der Erkrankung
widerspiegeln und auch ohne jede Therapie aufgetreten sein.
Man müsste offenbar eine dritte Kontrollgruppe mitfahren, die überhaupt
keine Therapie erfährt und diese dann gegen die Placebo-Gruppe messen!
Die wenigen klinischen Studien, die so vorgehen, haben - soweit ich
das überblicke - absolut keinen relevanten positiven Effekt einer
Placebo-Therapie nachweisen können!

Gerade heute wurde bei uns heiß über den sog. Placebo-Effekt diskutiert, den Du so abtust. Meine persönliche Hypothese ist: es ist schlicht sch...egal, was man für eine Therapie fährt. Was "ankommt" und was wirkt, ist die "heilende Absicht". Ein wirklich befriedigendes Ergebnis wirst Du auf Deine Frage nie bekommen, solange es nicht möglich ist, den einen erkrankten Menschen zum selben Zeitpunkt mit unterschiedlichen Therapien zu behandeln, um dann zu schauen, was und wie es gewirkt hat. Bei Deinen Fragen unterstellst du ja implizit, dass eine Erkrankung völlig unbhängig von geistig seelischen Komponenten ist und man nur Medikament A, B oder C jeweils austesten müsste. Da das aber an jeweils unterschiedlichen Menschen ausgetestet wird, kann das Ergebnis nie wirklich befriedigend sein, wenn man - umgekehrt so wie ich - unterstellt, dass eine Erkrankung nicht unabhängig von der geistig seelischen Komponente beurteilt werden kann, - zumindest nicht vollständig.
Keine Sorge, es handelt sich nur um eine Hypothese, aber um es bildlich zu verdeutlichen, was ich meine: stell` Dir die erkrankte Person XY zum selben Zeitpunkt in 5 unterschiedlichen Räumen vor. In Raum A wird die volle Schulmedizin gefahren, in Raum B werden homöopathische Globuli verabreicht, in Raum C wird Reiki gegeben, in Raum D darf ein Geistheiler ans Werk und in Raum E bittet der Erkrankte einfach voller Vertrauen um Gottes Hilfe. Bei meiner Hypothese, - völlig unbewiesen natürlich -, wird das Ergebnis jedesmal dasselbe sein.

Katarina :)
 
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