Mit ihrem Tod kam die Angst...

Mich würde wirklich interessieren zu erfahren, was Deine Gedanken bezüglich der Fragen sind,

wo Deine Oma nun ist,
was sie dort ist, wo sie ist,
welche Gefühle sie wohl dort erleben kann,
ob sie wohl irgendeinen Kontakt zu Dir hat von dort aus,
ob sie Dich liebt oder ob sie Dich auch dort lieben kann wie früher,
ob sie weiß, daß es Dir hier so schlecht geht,
ob sie nicht vielleicht in jeder Sekunde bei Dir ist.

lg
 
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Es ist der erste Todesfall in meiner Familie (bei meinem Opa war ich erst 11 und habe es nicht so mitbekommen) und dann ist es gleich mein Lieblingsmensch....

... Ich hab einfach absolut keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Aber zulassen kann ich es nicht... Und so wahnsinnig absurd und blöd das jetzt auch klingen mag: Ich will sie nicht verlieren.

Bei mir sind "alle" verstorben, doch der erste Tod, "Opa" war aehnlich wie bei dir, nur dass du das "Glueck" hattest, in den letzten Stunden bei deiner Oma zu sein. Es war an einem Donnerstag als ich lange Stunden Opas Hand hielt, und Oma mich dan weg schickte, den Montag darauf starb er dann. Ich hab dann dem Pastor sogar fast gedroht, mich den Sarg sehen zu lassen, damit ich noch ein paar Minuten mit ihm alleine sein konnte.

Aussen machte ich den Spasshammel, war ich alleine fuer mich, versank ich in Trauerwut.....

Werde ich nie vergessen wie ich Opas Schmerzen fühlte

(Mein Opa musste zweimal amputiert werden 1983 und 1993) Er starb durch eine ANGEBLICHE Infektion - frag mich heute noch ob sie extra herbeigeführt wurde, um seinem Leiden ein Ende zu setzen. Wie er so dalag an dem Donnerstag, Blutwäsche der Dyalyse nützte auch schon längst nicht mehr, wie zehn Jahre zuvor musste ich mir den amputierten Stumpf ansehen... Er konnte vor lauter Schmerz nicht reden, ich nahm zitternd seine Hand und drückte, solange ein und ab, bis ich irgendwann spürte, dass auch er seine Hand leicht bewegte, da erst wusste ich, dass er sanft noch etwas spüren konnte.... Es dauerte sehr lange, bis er weinend ein Wort über die Lippen brachte: "Rinderfleischbrühe", und ich musste die Schwester dazu überreden, dass er sie auch bekam.... Nichts wirkte, er hatte solche Schmerzen, dass selbst das Schreien und Brüllen zu schmerzhaft war, dass er übertaubfühlt war, - die ganze Zeit lag ich mit dem Kopf auf seiner Brust und hielt seine Hand.... Bis Oma kam - und die Schmerzen stärker wurden als sie ihm das Weinen vor meinen Augen verbot, als sie mich hieß, ich müsse endlich heim....Opa liegt ihm Sterben und ich muss unbedingt den Zug erwischen.... hab ich nie verstanden....und Opa nie mehr lebend gesehn - am darauffolgenden Montag starb er morgens......warum haben sie das zweite Bein auch noch amputiert, wenn er doch sowieso hat sterben müssen - Die Qual die ich sah, hätte ihm erspart bleiben können...... Es gibt keine Worte, sich diese sehenden Schmerzen eines Anderen so intensiv in Gedanken zu fassen, wie das direkte Live-Empfinden, das Miterleben.......... So weit ging es, dass ich seine Schmerzen selbst zu fühlen bekam, als es ihn längst nicht mehr gab. Wie oft bin ich aufgewacht und spürte meine Beine nicht, dafür die Schmerzen als wären sie mir selbst amputiert worden.....

Was tat ich? Ich zog mich schwarz an, legte mich ins Bett und faltete die Haende zum Heimgehen. Ich war 15. Das tat ich fast 3 Wochen. Doch ich sollte nicht gehen, jedoch noch viele vor mir heimgehen sehen. Und nun sind sie alle weg.

"Professionelle Hilfe" hilft nur denen, die "keinen starken Glauben" haben und voll in der Rationalen Weltebene stecken. Fuer die alles Mumpitz, Humbug und Unsinn ist, die jedes Gesicht als Einbildung abfertigen.

Ich will jetzt hier nicht alles auflisten, was ich sehe, was ich traeume, doch als Halluzinationen bezeichne ich es nicht. Geht gar nicht. :)
 
Ich hatte nicht das Glück wie Du, believe, die Du beim Tod deiner Oma dabei warst, auch nicht das Glück wie Du, Jaques, daß Du am Tag vorher so lange beim Opa warst und ihm so nah warst (daß sich Lebensenergie übertragen hat, Anm.), sondern bei mir war es anders.

Es war mein zweiter Karneval in der Grundschule. Morgen früh ist Weiberfastnacht und noch besser: nächste Woche habe ich Geburtstag. Und werde acht.

Die Mama hat gesagt, daß der Papa im Krankenhaus im Sterben liegt. Es kann sein, daß sie heute Nacht anrufen. Die Mama wird morgen die Großmama holen fahren, hurra. Aber alle sind eher deprimiert - ich verstehe nicht warum, aber ich fühle mich genauso. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich mich auf Karneval freue und auf meinen Geburtstag, als ich im Bett liege.

(ich wußte, daß mein Vater Krebs hatte, aber ich hatte nicht wahrgenommen, wie er in den letzten Monaten abgebaut hatte und wie er zerfallen war. Auf den Fotos konnte ich es später sehen. Ich wußte nicht, was es bedeutet, wenn jemand stirbt. Ich hatte keine Ahnung, wie man sich dann fühlen muß, wen Papa stirbt.)


Ich werde wach, weil das Telefon klingelt. Die Mama hat es leise gestellt und ihre Zimmertüre aufgelassen, aber ich höre es trotzdem. Die Mama geht so leise und so schnell wie möglich die Treppe herunter, nimmt den Telefonhöhrer ab und sagt "Ja" mit einer monotonen, leisen Stimme. Sie nimmt das Telefon und legt die Schnur um die Ecke, so daß sie in die Küche gehen und die Türe anlehnen kann. Ich höre eine Weile nichts, dann "Danke".

Ich liege auf dem Rücken und bin sehr erstarrt. Ich habe verstanden, was passiert ist: Papa ist gestorben. Ich wußte: das hat eine gravierende Bedeutung.

Mein Geist erschuf Folgendes:

Ich sah ein Licht, das aus der Ferne rasch auf mich zukam. Es wurde immer grösser und heller, bis es vor mir stand. Da sah ich, daß es das Gesicht meines Vaters war. Ganz groß, ganz hell, strahlend, lächelnd, froh. Mich anlachend, so wie Papa mich immer angelacht hat.
Wir schauten uns tief und lange an - so in die Augen geguckt habe ich ihm wieder 30 Jahre später in einem Wachtraum.
Dann sagte ich, was ich verstanden hatte: Du bist jetzt tot.
Er schien zu nicken und verschwand oben rechts in meinem inneren geistigen Bild, in dem ich ihn sah, hinter einem Fensterchen. Das Fensterchen ging von innen auf, es hatte zwei Flügel. Mein Vater schaute hinaus, und er schien mir zuzuwinken.
Dann veränderte er seine Gestalt und wurde zu Licht.

Dieses Licht ist immer hinter diesem Fensterchen geblieben. Es ist immer da, mein Vater ist immer bei mir. Ich rede immer mit ihm. Er ist nicht tot, er ist nie tot gewesen, in meinem gesamten Leben nicht. Nicht in mir drin. Und ich glaube nicht daran, daß ich mir vornehmen muß, mein inneres Gespräch mit ihm zu beenden. Freilich: inzwischen habe ich auch Gott zum Gesprächspartner, der ist mir im Zweifelsfall sogar lieber als mein leiblicher Vater.


Leiblich den Verlust erfahren, mit entsprechendem Trauern, Weinen und so weiter, Gesprächen mit der Familie, habe ich den Tod meines Vaters dann erst etwa als ich 30 war. Da begann ich eine klarere Vorstellung davon zu bekommen, wie genau sich der frühe Tod meines Vaters und die Art und Weise der Verarbeitung in meiner Familie auf mein Leben ausgewirkt hat. Ich weiß nicht, ob es mir bei allen Schwächen, die ich davongetragen habe geschafft habe, sie in Stärken zu wandeln, aber bei einigen schon. Denn das ist nur die Aufgabe: die Schwäche erkennen und sie in eine Stärke wandeln.



Am nächsten Morgen weckte mich die Mama mit "Guten Morgen, es ist Karneval!"

Ich wurde in mein Kostüm gesteckt von einer lachenden Mama. Und in die Schule geschickt.

Ich feierte Karneval mit den anderen Kindern.


Als ich nach Hause kam, als Erster der drei Kinder, sagte mir die Mama, daß der Papa in der letzten Nacht gestorben sei. Wir umarmten uns, und sie sagte mir, daß es ihr sehr leid tue und ich antwortete ihr "Mama das ist nicht so schlimm".

Als meine beiden Schwestern aus der Schule kamen und die Nachricht überbracht bekamen, fielen sie im Wohnzimmer weinend in die Kissen. Ich ging zuerst zur Einen und dann zur Anderen und tröstete sie.

Mein Vater war Lehrer. Als ich etwa 14 Jahre alt war, saß ich im Schulunterricht und es ging eine NAchricht durch den Lautsprecher: "Euer Lehrer, unser lieber Kollege Herr xxx ist dann und dann leider verstorben." Ich hatte mit dem Lehrer nie Unterricht gehabt und hatte nie ein Wort mit ihm gesprochen, aber da brach es unkontrollierbar aus mir heraus. Zum ersten Mal, denke ich.

Und dann wieder, als ich 30 war.

Heute ist es so: es bricht kontrolliert aus mir heraus. Zum Beispiel jetzt während des Schreibens. Ich muß das noch immer Satz für Satz schreiben und Satz für Satz bewältigen. Auch diesen Satz hier. Und es gibt viele viele Pausen, in denen viele Tränen laufen. Und wo ich froh bin, daß ich alleine bin und in einem freistehenden Haus wohne und daß alle Türen und Fenster zu sind, weil ich klagen muß wie ein chilenisches Weib. Aber: das hilft. Man muß es halt wiederholen.

lg
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich will sie nicht verlieren.

Jep. Völlig verständlich.


"Erste Phase
Nicht-Wahrhaben-Wollen: Der Verlust wird verleugnet, der oder die Trauernde fühlt sich zumeist empfindungslos und ist oft starr vor Entsetzen: „Es darf nicht wahr sein, ich werde erwachen, das ist nur ein böser Traum!“ Die erste Phase ist meist kurz, sie dauert ein paar Tage bis wenige Wochen. Aber je unerwarteter der Tod auftritt, umso länger dauert meist die Bewältigung dieser ersten Phase. "

http://de.wikipedia.org/wiki/Trauer

Weiteres findest du ebenfalls auf der Seite oder in ihren Büchern. Es ist alles ok mit dir, und diese Info ist sicher sehr hilfreich zur Zeit. Fühl dich umarmt :umarmen:
 
Bei mir sind "alle" verstorben, doch der erste Tod, "Opa" war aehnlich wie bei dir, nur dass du das "Glueck" hattest, in den letzten Stunden bei deiner Oma zu sein. Es war an einem Donnerstag als ich lange Stunden Opas Hand hielt, und Oma mich dan weg schickte, den Montag darauf starb er dann. Ich hab dann dem Pastor sogar fast gedroht, mich den Sarg sehen zu lassen, damit ich noch ein paar Minuten mit ihm alleine sein konnte.

Aussen machte ich den Spasshammel, war ich alleine fuer mich, versank ich in Trauerwut.....



Was tat ich? Ich zog mich schwarz an, legte mich ins Bett und faltete die Haende zum Heimgehen. Ich war 15. Das tat ich fast 3 Wochen. Doch ich sollte nicht gehen, jedoch noch viele vor mir heimgehen sehen. Und nun sind sie alle weg.

"Professionelle Hilfe" hilft nur denen, die "keinen starken Glauben" haben und voll in der Rationalen Weltebene stecken. Fuer die alles Mumpitz, Humbug und Unsinn ist, die jedes Gesicht als Einbildung abfertigen.

Ich will jetzt hier nicht alles auflisten, was ich sehe, was ich traeume, doch als Halluzinationen bezeichne ich es nicht. Geht gar nicht. :)
Danke für's Erzählen.

Zu dem Händefalten und sich hinlegen: es war in einer depressiven Phase, als ich so 32 war, als ich Shavasana im Yoga kennenlernte. Das ist wohl die Yogaübung zu dem, was Du da versucht hast.

lg

 
Sehr berührende Erzählungen - danke fürs Teilen...

Als ich meine Omi 1996 im Spital besuchte, sie hatte nur eine leichte Lungenentzündung und mich verabschiedete, musste ich furchtbar weinen, ich konnte meine Tränen gar nicht zurückhalten. Ich wollte für ein Jahr nach Schottland gehen und wusste dass der Abschied der letzte sein würde. und so war es auch, ein halbes Jahr später starb sie.

Ihre Liebe und meine sind immer noch verbunden - ja physisch ist sie nicht mehr da - aber diese Liebe kann niemand nehmen.
 
Mich würde wirklich interessieren zu erfahren, was Deine Gedanken bezüglich der Fragen sind,

wo Deine Oma nun ist,
was sie dort ist, wo sie ist,
welche Gefühle sie wohl dort erleben kann,
ob sie wohl irgendeinen Kontakt zu Dir hat von dort aus,
ob sie Dich liebt oder ob sie Dich auch dort lieben kann wie früher,
ob sie weiß, daß es Dir hier so schlecht geht,
ob sie nicht vielleicht in jeder Sekunde bei Dir ist.

lg

Liebe Trixi Maus,

vielen Dank für deine Antworten...

Auf deine Fragen hätte ich vor ihrem Tod noch anders geantwortet. Ich war mir sicher, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Ich war mir sicher, sie würde mich danach ein Leben lang begleiten.
Und ich war mir sicher, dass wir "in Kontakt" bleiben würden.

Aber ich bin jetzt anderer Meinung. Vl liegt es daran, dass ich es noch zu sehr verdränge und einfach nicht wahrhaben will. Vl kann ich sie deshalb nicht spüren bzw vl weigere ich mich sogar, sie zu spüren - weil es dann einfach bittere Realität wäre, verstehst du?

Andererseits habe ich Fotos... Beweise, dass sie doch (zumindest für einen kurzen Moment) in meiner Nähe war.
Ich hab in der Aufbahrungshalle für meinen Vater Fotos gemacht, weil er nicht kommen konnte. Und als ich die Fotos danach anschaute, entdeckte ich fast auf jedem Foto Lichtpunkte. Immer zwischen 3 und 5 - wie bei einem Dreieck angeordnet. Sie sind auf einem Foto am Boden, dann wieder auf dem Tuch unter dem Sarg. Sie sind auf ca 7 von 10 Fotos. Es können keine Flecken auf der Linse sein, da die Punkte nicht auf jedem Foto sichtbar sind.

Aber wie gesagt, es sind Lichtpunkte. Und ich will nicht verstehen, dass sie jetzt (wenn überhaupt) nur noch aus Lichtpunkten besteht und nicht mehr körperlich anwesend ist...
Es ist jetzt über ein Monat her und ich verhalte mich wie ein trotziges Kleinkind. Ich will einfach nicht drüber reden, nichts davon hören. Ich will nichts aufarbeiten müssen und keine Trauerarbeit leisten. Ich will es einfach nicht einsehen und wenn jemand davon spricht halte ich mir in Gedanken die Ohren zu und mach "lalalalalala".
Arg irgendwie, dass man mit so einem Alter noch so trotzig sein kann, oder?

Es tut mir leid, wenn ich auf deine/eure Tipps und Hilfestellungen (noch) nicht eingehen kann... Ihr bemüht euch und wollt mir gut zureden - und ich bin auf dem Niveau einer 4jährigen :-(

Tut mir leid.... :-(
 
Hallo Believe30!

Also ich kenne das nur allzu gut. Bei mir ist es schon fast 21 Jahre her, dass meine Oma gestorben ist. Ich vermisse sie aber noch immer sehr. Damals einen Tag nach ihrem Tod, hab ich sie im Zimmer herumgehen gehört. Ich dachte damals, ich spinne und konnte dann plötzlich ohne Licht nicht mehr einschlafen. Hatte auch die totale Angst damals.

Wenn du so gruselige Sachen siehst, solltest du schon etwas unternehmen. Ist sicher der Horror für dich. Unser Gehirn kann schon einen Streich spielen.

Wünsche dir, dass es dir bald wieder besser geht.

Liebe Grüße von Bineline!
 
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