Meine Gedanken zur Familienaufstellung

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Moludeami

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Stellt Euch einmal vor, Ihr seid mitten in einer Aufstellung ... und plötzlich kommt heraus, dass just die Person, die Ihr darstellt z.b. ein schweres Verbrechen an Jemandem, vielleicht an der Hauptperson (nennt man das so?) begangen hat.
So! Und nun? Wie darf die aufgestellte Person damit klar kommen? Bekommt sie Hilfestellungen seitens der Veranstalters, oder wird sie einfach nur nach Hause geschickt?

Ich komme darauf, weil eine Bekannte einer Freundin von mir nach einer Familienaufstellung völlig verstört wiedergekommen ist, den Mund nicht aufbekommt über das, was da abgelaufen ist und ihren Alltag nicht mehr auf die Reihe bekommt ...


Liebe Grüsse, Moludeami
 
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Hallo Moludeami,

ja - ich habe so etwas Ähnliches mehrfach als Stellvertreter erlebt. Das sind mitunter sehr bewegende Erfahrungen. Und es war nie ein Problem für mich. Ich weiß um den Unterschied zwischen Wahrnehmungen als Stellvertreter und meinen eigenen. Normalerweise kann man das - auch als "Ungeübter" - sehr gut unterscheiden. Wie genau, ist schwer mit Worten zu erklären (erklär mal einem, der nie gesehen hat mit Worten die Farben...).

Wenn man eine Rolle quasi "nicht los wird", dann kann es mit Eigenem zu tun haben, das verarbeitet werden will. Es kann sein, dass dann ein De-Rolling schwer fällt.

Verantwortlich dafür, aus der Rolle zu kommen, ist grundsätzlich der Stellvertreter selbst. Wieso hat die Freundin dem Leiter nichts gesagt?

Ich bin misstrauisch... Wieso schreibt die "Freundin einer Freundin" nicht selbst hier? Was sind deine eigenen Interessen dabei?

Es wäre aufgrund deines Beitrages für einen "naiven" Leser, der Aufstellungen noch nicht erlebt hat, leicht, jetzt in die Position eines "Empörten" zu gehen.

Gut, das du diese Frage aufwirfst. Sie ist auch die Frage: darf man - ja muss man sogar - die Teilnehmer einer Aufstellung in ihrer eigenen Verantwortung lassen?

Sag deiner Freundin, dass sie sich mit dem Aufsteller in Verbindung setzen und das mit ihm besprechen kann.

Ausserdem hat diese Freundin einer Freundin die Freiheit, es sich gut gehen zu lassen und das Ganze einfach hinter sich zu lassen. Wenn sie das nicht kann, ist es ein Zeichen, dass sie möglicherweise etwas zu erledigen hat...

Liebe Grüße
Christoph
 
hallo moludeami!
Moludeami schrieb:
Stellt Euch einmal vor, Ihr seid mitten in einer Aufstellung ... und plötzlich kommt heraus, dass just die Person, die Ihr darstellt z.b. ein schweres Verbrechen an Jemandem, vielleicht an der Hauptperson (nennt man das so?) begangen hat.
Aufstellungen sind keine detektivische Arbeit, es geht nicht um spekulatives Inszenieren von möglichen Fakten. Das wissende Feld von Aufstellungen zeigt innere Wirklichkeiten, systemische Zusammenhänge, seelische Bewegungen auf.

Wenn jemand in eine Rolle gewählt wird, die nach bürgerlich-moralischen Bewertigungen schwierig ist - ein Vergewaltiger, ein Betrüger, was auch immer -, dann bedeutet das zunächst mal nicht, dass ihm unterstellt wird, er hätte Eigenschaften, die ihn zu dieser Rolle besonders prädestinieren. Auch dann nicht, wenn er in dieser Rolle intensiv und authentisch empfindet ... das passiert in allen Schattierungen praktisch immer in diesem Feld. Es ist aber andererseits auch kaum ein Zufall, wer in welche Rollen gewählt wird. Oft werden Impulse ausgelöst, die mit dem Eigenen des Stellvertreters zu tun haben, und das erschwert dann vielleicht das Aussteigen aus der Rolle, das Entrollen. Das bringt aber andererseits auch die Chance, etwas aus der Rolle mitzunehmen, sich auch dann bewegen zu lassen, wenn es nicht die eigene Aufstellung war. Und es heißt keinesfalls, dass nun aufgedeckt wurde, dass dieser Stellvertreter in Wirklichkeit ein verkappter Bösewicht wäre...
So! Und nun? Wie darf die aufgestellte Person damit klar kommen? Bekommt sie Hilfestellungen seitens der Veranstalters, oder wird sie einfach nur nach Hause geschickt?
Für das Entrollen gibt es eine Fülle von Hilfestellungen, die ein guter Aufsteller beherrscht und auf die in der Regel auch hingewiesen wird - ebenso wie eingeladen wird, sich zu melden, wenn nach einer Aufstellung etwas Belastendes zu bleiben scheint. Es kann ja gerade das zu einem Ausgangspunkt werden, das Eigene näher in Augenschein zu nehmen und ihm nachzuspüren ... dafür können wir eigentlich nur dankbar sein, oder!?

Nach Hause geschickt wird niemand ... wie Christoph schon sagte, wer nach Hause geht, geht in eigener Verantwortung auch für das, was er mitnimmt und was er dortlässt.
Ich komme darauf, weil eine Bekannte einer Freundin von mir nach einer Familienaufstellung völlig verstört wiedergekommen ist, den Mund nicht aufbekommt über das, was da abgelaufen ist und ihren Alltag nicht mehr auf die Reihe bekommt ...
Dazu kann ich nichts sagen. Du hast etwas gehört, was eine Bekannte von dir über eine Freundin vermutet, die ihrerseits nichts sagt... es ist selbstverständlich möglich, dass da eine tiefe Bewegung in Gang gesetzt wurde. Aufstellungen werden nicht deshalb gemacht, dass alles beim Alten bleibt. Mag sein, dass die Freundin deiner Bekannten auf einem guten Weg ist und ihren Alltag verändert... mag sein, dass sie in eine Krise geraten ist... aber was soll's? Auf jeden Fall ist absout zu unterstreichen, was Christoph schon sagte: Mit dem Aufsteller Kontakt aufnehmen. Der wird froh sein über das Feedback und kann die Reaktion einschätzen, der kennt die Situation aus erster Hand ... der ist als Ansprechpartner die erste Wahl.

Aufstellungen können tiefgreifende und weitreichende Wirkungen haben, sie sind keine harmlose Spielerei, das wissen wir auch ohne solche um drei Ecken vermutete Ängste. Darum ist es wichtig, mit ehrlichen Anliegen jenseits von oberflächlicher Neugier anzutreten ("Jetzt stell ich mal auf, ob mich mein Freund betrügt!" --- alles schon erlebt...) bzw. das "eigentliche" Anliegen vor der Aufstellung herauszuarbeiten, die Bereitschaft mitzubringen, sich bewegen zu lassen und schließlich in Eigenverantwortung den Aufstellungs(beg)leiter zu wählen, dem man vertraut. Im Gegensatz zu so ziemlich jeder anderen Therapieform kann man sich bei Aufstellungen als Stellvertreter ein Bild von den Menschen machen, mit denen man sein Anliegen bearbeiten möchte. Überhaupt kein Grund, es einfach bei Gerüchten zu belassen...

Alles Liebe, Jake
 
Hallo Christoph,

die Freundin, die mir das erzählt hat, war nicht dabei.
Die Person, die Bekannte meiner Freundin, kenne ich nicht, werde sie warscheinlich auch nie kennenlernen.
Meine Freundin war bei der Aufstellung nicht dabei und sie schreibt hier nicht, weil sie:
1. Nicht so prima mit dem Internet/Rechner umgehen kann
2. Glaube ich nicht, dass sie jemals dieses Thema in ein Forum bringen würde. Warum? Siehe unten:

Sie hatte mir vor Jahren einmal die Familienaufstellung als heilendes Mittel dargestellt und mir für mich ans Herz gelegt.
Ich lehnte ab, da ich mir in sekundenschnelle das für mich worst case scenario (Beschrieben im ersten Posting von mir zu diesem Thema) überlegt hatte.
Nun hat auch sie erkannt, dass es eventuell doch ein wenig gefährlich werden könnte und denkt darüber nach.

Ich weiss nicht, niemand - ausser die Bekannte der Freundin - weiss, was da abgelaufen ist.
Aber wenn man seinem Alltag nicht mehr nachkommen kann ... da fängt es für mich an sehr sehr gefährlich zu werden. Heilsam ist es nicht, wenn man irgendwann z.b. auf der Strasse sitzt!


Liebe Grüsse, Moludeami
 
jake schrieb:
hallo moludeami!

Aufstellungen sind keine detektivische Arbeit, es geht nicht um spekulatives Inszenieren von möglichen Fakten. Das wissende Feld von Aufstellungen zeigt innere Wirklichkeiten, systemische Zusammenhänge, seelische Bewegungen auf.

Wenn jemand in eine Rolle gewählt wird, die nach bürgerlich-moralischen Bewertigungen schwierig ist - ein Vergewaltiger, ein Betrüger, was auch immer -, dann bedeutet das zunächst mal nicht, dass ihm unterstellt wird, er hätte Eigenschaften, die ihn zu dieser Rolle besonders prädestinieren. Auch dann nicht, wenn er in dieser Rolle intensiv und authentisch empfindet ... das passiert in allen Schattierungen praktisch immer in diesem Feld. Es ist aber andererseits auch kaum ein Zufall, wer in welche Rollen gewählt wird.

Ich meinte die Situation, in der zufällig bei der Aufstellung ein Verbrechen zu Tage tritt.
Solches kann doch gut möglich sein.

jake schrieb:
Oft werden Impulse ausgelöst, die mit dem Eigenen des Stellvertreters zu tun haben, und das erschwert dann vielleicht das Aussteigen aus der Rolle, das Entrollen. Das bringt aber andererseits auch die Chance, etwas aus der Rolle mitzunehmen, sich auch dann bewegen zu lassen, wenn es nicht die eigene Aufstellung war. Und es heißt keinesfalls, dass nun aufgedeckt wurde, dass dieser Stellvertreter in Wirklichkeit ein verkappter Bösewicht wäre...
Für das Entrollen gibt es eine Fülle von Hilfestellungen, die ein guter Aufsteller beherrscht und auf die in der Regel auch hingewiesen wird - ebenso wie eingeladen wird, sich zu melden, wenn nach einer Aufstellung etwas Belastendes zu bleiben scheint. Es kann ja gerade das zu einem Ausgangspunkt werden, das Eigene näher in Augenschein zu nehmen und ihm nachzuspüren ... dafür können wir eigentlich nur dankbar sein, oder!?

Nach Hause geschickt wird niemand ... wie Christoph schon sagte, wer nach Hause geht, geht in eigener Verantwortung auch für das, was er mitnimmt und was er dortlässt.

Dazu kann ich nichts sagen. Du hast etwas gehört, was eine Bekannte von dir über eine Freundin vermutet, die ihrerseits nichts sagt... es ist selbstverständlich möglich, dass da eine tiefe Bewegung in Gang gesetzt wurde. Aufstellungen werden nicht deshalb gemacht, dass alles beim Alten bleibt. Mag sein, dass die Freundin deiner Bekannten auf einem guten Weg ist und ihren Alltag verändert... mag sein, dass sie in eine Krise geraten ist... aber was soll's? Auf jeden Fall ist absout zu unterstreichen, was Christoph schon sagte: Mit dem Aufsteller Kontakt aufnehmen. Der wird froh sein über das Feedback und kann die Reaktion einschätzen, der kennt die Situation aus erster Hand ... der ist als Ansprechpartner die erste Wahl.

Aufstellungen können tiefgreifende und weitreichende Wirkungen haben, sie sind keine harmlose Spielerei, das wissen wir auch ohne solche um drei Ecken vermutete Ängste. Darum ist es wichtig, mit ehrlichen Anliegen jenseits von oberflächlicher Neugier anzutreten ("Jetzt stell ich mal auf, ob mich mein Freund betrügt!" --- alles schon erlebt...) bzw. das "eigentliche" Anliegen vor der Aufstellung herauszuarbeiten, die Bereitschaft mitzubringen, sich bewegen zu lassen und schließlich in Eigenverantwortung den Aufstellungs(beg)leiter zu wählen, dem man vertraut. Im Gegensatz zu so ziemlich jeder anderen Therapieform kann man sich bei Aufstellungen als Stellvertreter ein Bild von den Menschen machen, mit denen man sein Anliegen bearbeiten möchte. Überhaupt kein Grund, es einfach bei Gerüchten zu belassen...

Alles Liebe, Jake


Danke für den ausführlichen Hintergrund.


Liebe Grüsse, Moludeami
 
Hallo Moludeami,

offenbar kennst du weder die "Freundin einer Freundin", noch wirst du sie nach deiner Aussage je kennen lernen.

Meine Freundin war bei der Aufstellung nicht dabei

Über diese Frau zu diskutieren ist hier also müßig. Weder du noch irgendein anderer hier hat von ihr einen Arbeitsauftrag und es war niemand bei der Aufstellung dabei. In deinem ersten Beitrag zu diesem Thema suggerierst du aber einen solchen Arbeitsauftrag. Du schreibst, als solltest du in ihrem Auftrag einmal nachfragen.

Doch genauso offenbar geht es hier nicht um Fakten, sondern darum:

Sie hatte mir vor Jahren einmal die Familienaufstellung als heilendes Mittel dargestellt und mir für mich ans Herz gelegt.
Ich lehnte ab, da ich mir in sekundenschnelle das für mich worst case scenario (Beschrieben im ersten Posting von mir zu diesem Thema) überlegt hatte.

Ohne irgendeine Erfahrung mit Aufstellungen hast du eine Fantasie entwickelt, die einzig deinem Hirn entspringt. Ujnd das "in sekundenschnelle"! Sicher eine Fantasie, die man haben kann - die aber mit der Wirklichkeit gar nichts zu tun hat! Duhast sekundenschnell verurteilt und möchtest hier für weitere Unterstützung deiner Fantasien werben. Das ist verstädnlich und zudem derzeit sehr in Mode. Die Empörten sind aufgestanden. Doch zu denen hat sich Bert Hellinger bereits hinreichend geäußert. (http://www.hellinger.com/deutsch/vi...nger/beitraege_zur_homepage/entruestung.shtml)

Und dein Beitrag ruft zu Entrüstung auf bzw. legt sie nahe. Wie gefährlich diese Methode, bei der jemand derart verändert wird! Es wäre leicht da empört einzusteigen. Und genau das ist vermutlich intendiert.

Aber ich glaube, für dich sind diese Befürchtungen realöistisch. das nehme ich dir ab. und auch die "gute Absicht", vor etwas zu warnen, das dir Angst macht. Vielleicht sogar zu Recht Angst macht. denn du hst ganz recht mit der Vermutung, dass in Aufstellungen Verborgenes ans Licht kommt. und wer dieses Verborgene lieber schützen möchte und die Folgen für sich daraus weiter tragen, der soll bloß in keine Aufstellung gehen!

Ich habe es EIN Mal erlebt, dass ich als Stellvertreter sehr lange (etwa eine Stunde) in einer Rolle "feststeckte". Und das hatte - wie sich hinterher herausstellte - mit einer eigenen Verstrickung mit einer sehr ähnlichen Person zu tun und war eine gute Vorbereitung einer eigenen Aufstellung, welche dies Verstrickung lösen konnte.

Aber wenn man seinem Alltag nicht mehr nachkommen kann ... da fängt es für mich an sehr sehr gefährlich zu werden. Heilsam ist es nicht, wenn man irgendwann z.b. auf der Strasse sitzt!

Dass jemand über längere Zeit "seinem Alltag nicht mehr nachkommen kann", habe ich noch nie erlebt oder gehört. Wie lange ist das bei der "Freundin" so und seit wann? Wie äußert es sich? Sehr wohl habe ich erlebt, dass man manchmal eine gewisse zeit des rückzuges erelbt, in der man auch den nächsten Angehörigen nicht verbal mitteilen kann, was man gerade erlebt. Das kann dann von denen als irritierend erlebt werden, auch wenn es für einen selbst völlig o.k. ist. Das kommt häufig vor, wenn man Bewegendes erelbt hat. Auch soll man ja nach einer Aufstellung nicht gleich allen von den Inhalten erzählen. Auch das wird oft vom Umfeld nicht goutiert.

Zudem kann es sein, dass jemand, der eine Aufstellung - auch als Stellvertreter oder Zuschauer - erlebt hat, nicht mehr in den alten und für das Umfeld gewohnten Mustern mitspielt. Verleugnungen und Verdrängungen bzw. Ausblendungen und "Spiele", über die sich Familie und Freunde quasi "einig sind" ("Und gehts doch blendend und wir haben nie nicht keine Probleme") werden nicht mehr mitgespielt, weil man gesehen hat, was wirkt. Das kann aber auch einen Ausschluss aus dem Verband mit sich bringen, weil das verleugnen bestimmter Tatsachen vom System als Gradmesser der Zugehörigkeit genommen wird. dann hat das Umfeld ein problem und nicht der, welcher aufgestellt hat. Insbesondere passiert so etwas, wenn es ein System ist, das wesentlich in einer künstlichen Fantasiewelt lebt.

Liebe Grüße
Christoph
 
Liebe Mitleser,

ich möchte hier noch auf eine - vielleicht unbewusste, vielleicht auch gezielte - Art der (Selbst-?)Suggestion eingehen:

Das Wesentliche an den "kritischen" Texten sind m.E. die unterschwelligen Bilder, die mitels der hypnotischen Anekdoten-Technik über eine (fiktive) "Freundin einer Freundin" in den Hirnen des Lesers installiert werden. Milton Erickson wäre stolz:

Stellt Euch einmal vor, Ihr seid mitten in einer Aufstellung ...

= erste hypnotische Tranceinduktion und Eröffnung des ersten hypnotischen Frames

plötzlich kommt heraus, dass just die Person, die Ihr darstellt z.b. ein schweres Verbrechen an Jemandem, vielleicht an der Hauptperson (nennt man das so?) begangen hat.

= Auslösung eines emotionalen Schocks (Zumindest der Versuch dazu) und Induktion von Verwirrung. Dies macht den Leser bereit und offen für die erste Suggestion.

So! Und nun? Wie darf die aufgestellte Person damit klar kommen? Bekommt sie Hilfestellungen seitens der Veranstalters, oder wird sie einfach nur nach Hause geschickt?

= Erhöhung der Verwirrung und rhetorische Fragen im Stakkato. Einzig mögliche Antwort auf selbige ist: "Ich fühle mich allein gelassen und hilflos, ja werde sogar gelich in diesem Zustand nach Haus geschickt."

Erste Andeutung, dass es Zeit ist, empört zu sein. Es bleibt ein hilfloses Gefühl des Lesers, der ja im Geiste in einer Aufstellung in der Rolle eines Verbrechers steht und regrediert in seine Hilflosigkeit.

Ich komme darauf, weil eine Bekannte einer Freundin von mir nach einer Familienaufstellung völlig verstört wiedergekommen ist, den Mund nicht aufbekommt über das, was da abgelaufen ist und ihren Alltag nicht mehr auf die Reihe bekommt ...

= Eröffnung eines weiteren Geschichten-Frames mit implizitem Future-Pacing (= Zukunftsentwurf). Unterschwellig suggerierte Botschaft an den Leser (der ja noch mit seinen vom Autor installierten kindlichen Hilflosigkeitsgefühlen in der Aufstellung steht):

"Wenn du in eine Familienaufstellung gehst, wirst du hinterher völlig verstört sein, den Mund nicht aufbekommen und vor allem deinen Alltag nicht mehr auf die Reihe bekommen. Ergo: du wirst psychotisch sein!"

Nun lässt der Autor andere Stellung nehmen und steigert das in seinem weiteren Beitrag mit dem neuen Geschichten-Rahmen über die Freundin:

Meine Freundin war bei der Aufstellung nicht dabei und sie schreibt hier nicht, weil sie:
1. Nicht so prima mit dem Internet/Rechner umgehen kann

= Suggestion: "Schau, lieber Leser, sie ist wie du. Sie fühlt sich (in Bezug auf Rechner und Internet zwar aber für dein Unbewusstes egal) ebenso inkompetent, wie du gerade." Dem Leser wird eine neue Identifikationsfigur angeboten, die zumindest mal nicht in der Aufstellungssituation bzw, den bereits suggerierten Kindgefühlen steht.

Der Leser nimmt das Angebot gerne an, weil es eine Lösung seiner Spannungsgefühle anbietet und er sich von der Rolle dissoziieren kann, in die er vorher gebracht wurde und die mit unangenehemen Gefühlen verbunden war.

Und diese neue Identifikationsfigur:

... hatte mir vor Jahren einmal die Familienaufstellung als heilendes Mittel dargestellt und mir für mich ans Herz gelegt.

= "Ja", denkt sich der geneigte Leser: "das würde ich auch tun. Das könnte ich sein."

Nun Perspektivenwechsel und Kamera auf die arme verwirrte Person aus der Aufstellung:

Ich lehnte ab, da ich mir in sekundenschnelle das für mich worst case scenario (Beschrieben im ersten Posting von mir zu diesem Thema) überlegt hatte.

= Suggestion an den Leser, sich nun noch einmal selbst in diesem Szenario zu visualisieren. Technisch stellt dies den aufgirff und Abschluss des ersten Geschichtenrahmens dar. Und nun kommt die vorbereitete Suggestion des einzig möglichen Schlusses aus dem Erlebten,...

Nun hat auch sie erkannt, dass es eventuell doch ein wenig gefährlich werden könnte und denkt darüber nach.

... die der Leser (in der Rolle der Freundin, welche eine Aufstellung angeraten hat) nur nachvollziehen können muss! Welches Ende das "darüber-Nachdenken" nur haben kann ist hier nicht mehr in Frage. Dies zumal, als zunächst nur von "ein wenig gefährlich werden" gesprochen wird. Zustimmung beim Leser und Abschluss eines weiteren Geschichtenrahmens.

Nun ist es Zeit, eine weitere Suggestion zu platzieren:

Aber wenn man seinem Alltag nicht mehr nachkommen kann ... da fängt es für mich an sehr sehr gefährlich zu werden.

= neuer Geschichtenrahmen über eine Person, die ihren Alltag nicht mehr regeln kann und Suggestion: "Du wirst deinen Alltag nicht mehr nachkommen!" und "Es wird sehr sehr gefährlich in deinem Leben werden!" sowie: "dies ist eine Folge jeder Aufstellung."

Der Leser erkennt das schon lange nicht mehr als Suggestion. Die Gefahr ist nun sanft bis ins Unermessliche gesteigert worden - was dem Leser in Trance nicht auffällt.

Und nun kommt das Furioso:

Heilsam ist es nicht, wenn man irgendwann z.b. auf der Strasse sitzt!

= erneuter Geschichtenrahmen, dessen Ende der Leser selbst konstruieren muss und Induktion an den Leser, der durch die Verwendung des Präsens wieder in diese Rolle des verzweifelten obdachlosen Aufstellungsteilnehmers assoziiert wird: nun sitze ich auf der Straße! Durch die Assoziation in diese Situation der Obdachlosigkeit wird Angst mobilisiert und die mit der Situation noch verbundenen Gefühle von Panik etc.

Und woher kommen die? Natürlich: sie sind Folge der Teilnahme an einer Aufstellung.

Was will der Autor also dem Leser nahelegen?

"Wer an Aufstellungen teilnimmt muss damit rechnen, dereinst auf der Straße zu landen". Wird er dort sterben? Durch das offene, vom Leser zu fantasierende Ende wird Todesangst mobilisiert und mit der Vorstellung in eine Aufstellung zu gehen geankert.

So ist die Struktur der Manipulation.

Was denkt das Unbewusste nun? "Aufstellungsteilnahme = Tod in Obdachlosigkeit".

Brillant gemacht! Chapeau!

So ist die Struktur der Manipulation.

Christoph
 
Lieber Jake,

ich stimme vielem zu, was du da geschrieben hast.

Jedoch in Einem bin ich grundsätzlich anderer Ansicht:

Familienstellen ist keine Therapie!

Sie ist mehr und Anderes. Eher etwas, was "dahinter" liegt und etwas, das weit über Therapie hinaus geht. Viel Grund legender.

Dies sei aus grundsätzlichen und aus pragmatischen Überlegungen richtig gestellt. Und das nicht zuletzt, weil in Deutschland neuerdings alles als Psychotherapie gilt, was wirkt oder für wirkungsvoll bzw. für Therapie gehalten werden könnte und damit unter das HPG fällt. Dies hat Implikationen auf die Arbeit vieler Aufsteller im nicht-therapeutischen Bereich und sämtlicher Coaches und Lebensberater etc.

Wenn wir hier also von Aufstellungen als Therapie sprechen, dann könnte das juristische Folgen haben. Es ist inhaltlich und fachlich auch m.E. unsauber.

Liebe Grüße
Christoph
 
Lieber Christoph,

vielen dank für diese meisterliche, dezidierte Analyse der Aussagen von Moludeami.
Genauso wie du es beschreibst,

Zitat Christoph

"Wer an Aufstellungen teilnimmt muss damit rechnen, dereinst auf der Straße zu landen". Wird er dort sterben? Durch das offene, vom Leser zu fantasierende Ende wird Todesangst mobilisiert und mit der Vorstellung in eine Aufstellung zu gehen geankert.

So ist die Struktur der Manipulation.

Was denkt das Unbewusste nun? "Aufstellungsteilnahme = Tod in Obdachlosigkeit".


haben ihre Worte in der Tiefe meiner Seele auf mich gewirkt. Sie hätte mich nicht manupulieren können, weil ich zuviel Ahnung der eigentlichen Familienaufstellungen haben.

Schön, dass du es so bewusst gemacht hast.

Lieben Gruss DagoBert
 
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Christoph schrieb:
Lieber Jake,

ich stimme vielem zu, was du da geschrieben hast.

Jedoch in Einem bin ich grundsätzlich anderer Ansicht:

Familienstellen ist keine Therapie!

Sie ist mehr und Anderes. Eher etwas, was "dahinter" liegt und etwas, das weit über Therapie hinaus geht. Viel Grund legender.

Dies sei aus grundsätzlichen und aus pragmatischen Überlegungen richtig gestellt. Und das nicht zuletzt, weil in Deutschland neuerdings alles als Psychotherapie gilt, was wirkt oder für wirkungsvoll bzw. für Therapie gehalten werden könnte und damit unter das HPG fällt. Dies hat Implikationen auf die Arbeit vieler Aufsteller im nicht-therapeutischen Bereich und sämtlicher Coaches und Lebensberater etc.

Wenn wir hier also von Aufstellungen als Therapie sprechen, dann könnte das juristische Folgen haben. Es ist inhaltlich und fachlich auch m.E. unsauber.

Liebe Grüße
Christoph
Lieber Christoph,
ich habe im Rahmen einer Therapie in Deutschland eine Familienaufstellung gemacht. (In Deutschland ist es im Moment unter einigen Leuten fast schon eine Mode an Aufstellungen teilzunehmen.) Fast alle Teilnehmer waren in therapeutischer Behandlung. Ich kann leider nicht sagen, wie die anderen Teilnehmer damit umgegangen, bzw. klargekommen sind; jedenfalls mir hat meine Aufstellung geholfen und mich weitergebracht (es hat ungefähr ein dreiviertel Jahr gedauert, bis diese zum Wirken kam). Ferner wurde ich auch bei anderen Aufstellungen aufgestellt. Dieses hat mich zum Nachdenken angeregt und auch sehen lassen, wie es in anderen Menschen aussieht. All dies läßt mich viele Dinge anderes sehen. Ich habe letztendlich meine Therapie (2 Jahre) abgeschlossen und die Aufstellung hat sicherlich zu ihrem Gelingen einiges beigetragen.
Liebe Grüße Tarot
P.S.: Einer Bekannten von mir, die selber aufstellt und auch Aufstellungen besucht ist es auch schon passiert, daß sie zwei Tage später bemerkt hat, dass sie in einer Rolle festsaß. Sie hat es geschafft, sich selber aus der Rolle zu entlassen. Bei Laien ist es sicherlich erforderlich sich sofort mit dem Aufsteller in Verbindung zu setzen. Weiterhin hat diese Bekannte eine eigene Aufstellung gemacht, die 4 Jahre brauchte um zu Wirken.
 
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